Antriebslosigkeit, mangelnde Motivation und ständig schlechte Laune im Büro: Diese Anzeichen deuten darauf hin, dass ein stetiges Grenzüberschreiten zur Tagesordnung im Büro gehören. Dabei müssen klare Grenzen nicht unangenehm sein, sondern sorgen für eine stärkere Teambindung und Zufriedenheit der Mitarbeitenden.
In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen, warum es wichtig ist, Grenzen im Berufsleben zu setzen, und wir geben Ihnen wertvolle Tipps, wie es Ihnen gelingt.
Wie kann man Grenzen setzen?
Grenzen zu setzen bedeutet zum einen, sich der eigenen Wertevorstellungen und dem, was akzeptabel ist, bewusst zu sein. Zum anderen beschreibt der Prozess der persönlichen Grenzziehung, aktiv Nein zu sagen und Unbehagen auszusprechen, sobald es auftritt. Das Gegenteil zum Grenzensetzen bilden notorische Jasager. Häufig werden Zustimmungen widerwillig getroffen, um Konflikten aus dem Weg zu gehen.
Welche persönlichen Grenzen gibt es?
Grenzziehungen bedeuten, einem Mitmenschen mitzuteilen, welche Handlungen oder Aussagen dem eigenen Wertebereich widersprechen. Einfach ausgedrückt kommunizieren Sie Ihrem Gegenüber, wann er oder sie zu weit gegangen ist. Diese Grenzen sind sehr individuell und lassen sich unterscheiden in:
- Intellektuelle Grenzen: betreffen Meinungen, Gedanken und Perspektiven
- Emotionale Grenzen: betreffen die eigenen Gefühle
- Physische Grenzen: markieren die Nähe, die für eine Person akzeptabel ist
- Soziale Grenzen: können Freizeitaktivitäten, Freunde oder persönliche Leidenschaften betreffen
- Spirituelle Grenzen: beziehen sich auf einen Glauben
Wie finde ich meine Grenzen?
Die eigenen Grenzen zu erkennen ist oftmals mit Reflexionsarbeit und der Auseinandersetzung mit Glaubenssätzen verbunden. Ist eine Person über eine Situation wütend geworden, so könnte ein Grund darin liegen, dass eine persönliche Grenze überschritten wurde. Dazu muss sich die Person fragen, welche Handlung zu dem Gefühl geführt hat. Über die Feststellung kann die Person schließlich lernen, die Situation beim nächsten Mal durch aktives Neinsagen zu entmachten.
Die persönliche Grenzziehung geht mit einem gesunden Selbstwertgefühl einher. Gleichzeitig zeigen Theorien, dass Grenzziehung ein Verhaltensmuster ist, das von guten Vorbildern nachgeahmt wird.
Grenzen setzen: Beispiele im Arbeitsalltag
Ihr Chef hat Sie mal wieder ungefragt zu einem Termin nach Feierabend eingetragen? Ihre Kollegin wälzt jedes Telefongespräch an Sie ab? Im Team wurde eine Entscheidung über Ihren Kopf hinweg getroffen? Sie müssen beim Meeting vor Platzmangel fast auf dem Schoß Ihres Gesprächspartners Platz nehmen? All das sind Situationen, die zeigen, warum Grenzziehung im Arbeitsalltag so wichtig ist.
Wer tagtäglich über die eigenen Gefühle hinwegsieht und seinen Kollegen oder der Chefin nicht widersprechen kann, für den stehen Überforderung und im schlimmsten Fall Burnout auf dem Tagesplan. Die Vermeidung der persönlichen Grenzsetzung führt sowohl zu psychischen als auch zu physischen Krankheiten: Denn die Dauerbelastung, das Unwohlsein und ein stetiger Zustand von Unglück nehmen großen Einfluss auf die mentale Gesundheit.
6 Tipps, mit denen Sie lernen, Grenzen zu setzen
Einigen Menschen fällt es schwer, Grenzen zu ziehen. Gerade im Büro ist die Angst groß, vor dem Team als Pessimist dazustehen, nicht zur Gruppe dazuzugehören oder gar durch die Vorgesetzten gekündigt zu werden.
Mit kleinen Übungen und hilfreichen Tipps lernen Sie jedoch, wie Sie im Arbeitsalltag Ihre Grenzen wahren. Ganz ohne Ihre Kolleginnen und Kollegen zu empören, aber so, dass Sie Ihre eigenen Bedürfnisse erfüllen können.
1. Übermäßige Höflichkeit hinten anstellen
Der häufigste Grund, warum es uns gegenüber Kollegen und Kolleginnen schwerfällt, Nein zu sagen, ist antrainierte Höflichkeit. Vor allem Frauen hadern oft mit der Angst, ihr Gegenüber zu enttäuschen. Stattdessen denken sie oft, dass sie immer und zu jeder Zeit funktionieren und somit auch die Lasten anderer auf sich nehmen müssen.
Sie können das Neinsagen lernen: Lassen Sie die Höflichkeit doch einfach mal außen vor. Das bedeutet nicht, dass Sie Ihrem Team nur noch pampig entgegentreten sollen, sondern vielmehr, dass Sie ein „Ja“ wohlgesonnen und überlegt aussprechen. Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Sie Zeit für eine Aufgabe finden, verzichten Sie auf eine erzwungene Zusage. Geben Sie Ihrem Team stattdessen einen Ausblick auf Ihre To-dos und fragen Sie in die Runde, wer Kapazitäten besitzt.
2. Klare Unterscheidung zwischen Arbeit und Freizeit
Überstunden gehören in vielen Unternehmen leider zur Tagesordnung. Doch dadurch, dass Mitarbeitende kaum mehr eine Trennung zwischen Arbeit und Freizeit ziehen, steigt die Frustration. Immerhin geben 60 Prozent der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in einer 2022 veröffentlichten Umfrage an, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit im Homeoffice verschwimmen. Das muss jedoch nicht so sein.
Planen Sie Ihre Arbeitszeit effizient. Setzen Sie nach Feierabend Blocker in Ihren Terminkalender und besprechen Sie ganz offen im Team, wenn Sie einen Tag in der Woche früher aus dem Büro müssen. Sollte doch mal ein Termin nach Feierabend reinrutschen, sollte das ganz klar die Ausnahme bleiben — und nicht zur Regel werden.
3. Gesunde Grenzen ziehen zwischen zusätzlichen Aufgaben und Überarbeitung
Der Workload geht bis unter die Decke und Sie wissen gar nicht mehr, wie Sie eine einzelne Deadline einhalten sollen? Zeit, sich Eingeständnisse zu machen. Wenn es ums Aufgabenmanagement geht, müssen Sie nicht nur ehrlich zu Ihrem Team, sondern auch zu sich selbst sein. Fragen Sie sich, wie viel Sie schaffen, und optimieren Sie Ihr Zeitmanagement.
Damit ist nicht gemeint, dass Sie jede Aufgabe noch schneller abarbeiten müssen, sondern dass Sie Zusatzaufgaben ablehnen. Wenn Sie sich jeder Aufgabe annehmen, investieren Sie weniger Zeit in den Feinschliff und die Überprüfung Ihrer Arbeit, womit schließlich deren Qualität insgesamt sinkt. Überlegen Sie sich zudem, ob Sie einige Aufgaben vielleicht nicht sogar an andere Teammitglieder abgeben können.
4. Konfliktpotenzial kennen: Grenzen setzen, ohne zu verletzen
Wenn Sie Grenzen ziehen, dann weisen Sie automatisch eine andere Person zurück. Das führt in einigen Fällen zu einem möglichen Konflikt. Darin liegt auch ein Grund, weshalb viele Menschen — vor allem im Büroalltag — der Grenzziehung aus dem Weg gehen. Doch wenn Sie bereits wissen, dass Konfliktpotenzial besteht, können Sie ganz bewusst auf die Konsequenzen reagieren.
Denn statt zurückzubellen, wenn ein Kollege oder eine Kollegin sauer wird, weil Sie eine Aufgabe ablehnen, können Sie sachlich Ihre Gefühlslage schildern. In den wenigstens Fällen wird die Situation danach eskalieren. Stattdessen dürfen Sie bei der Konfliktlösung auf Mitgefühl Ihres Teams hoffen und auf gemeinsame Lösungssuche gehen.
5. Schuldgefühle bei der Grenzziehung überwinden
Nein zu sagen, bedeutet nicht, die Schuld für irgendetwas auf sich nehmen zu müssen. Jeder Mensch hat sein eigenes Arbeitstempo. Nur weil Sie zügig mit Ihrem Pensum durch sind, heißt es nicht, dass Sie für Ihre Kollegen und Kolleginnen Überstunden schieben müssen.
Machen Sie sich bewusst, dass Sie lediglich Ihre Aufgaben erledigen und Ihren eigenen Ansprüchen genügen müssen. Sich mit anderen zu vergleichen oder Schwächen anderer auszugleichen, liegt nicht in Ihrem Aufgabenbereich.
6. Situationen reflektieren und üben
Reflektieren Sie Ihren Tag im Büro: Sind Sie glücklich? Schaffen Sie Ihre Aufgaben? Wie ist der kollegiale Austausch? Welche Beziehung haben Sie zu Ihren Vorgesetzten? Entlarven Sie Situationen, die Ihnen nicht guttun und in denen Ihre Grenzen überschritten werden.
Kommunizieren Sie Feedback offen und üben Sie immer wieder, Nein zu sagen. In einem angenehmen Arbeitsklima dürfen die Gesundheit und das Wohlbefinden der eigenen Mitarbeitenden niemals übersehen werden. Gehen Sie daher in den Austausch, um Missstände aufzudecken und so einen glücklichen Arbeitsalltag für sich — und fürs gesamte Team — zu schaffen.
Fazit: Die Übung macht’s — auch beim Neinsagen
Grenzen zu ziehen ist auch und vor allem im Arbeitsalltag besonders wichtig. Ansonsten drohen chronische Überarbeitung und im schlimmsten Fall ein Burnout. Üben Sie sich deshalb stetig darin, Feedback zu geben. Tauschen Sie sich im Team und mit der Management-Etage aus, um persönliche Grenzen und Wertevorstellungen im Unternehmen zu verankern.
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