Konstruktives Feedback zu geben, ist gar nicht so leicht. Und bei allem guten Willen: So manches Feedbackgespräch geht ganz schön schief. Vorgesetzte und Mitarbeitende haben danach ein ungutes Gefühl, wollten eigentlich etwas ganz anderes sagen und sind unzufrieden. Woran liegt das?
Was ist konstruktives Feedback?
Konstruktives Feedback ist eine aufbauende, nützliche Rückmeldung zu einem Verhalten oder einer Leistung. Das Ziel ist die Motivation zur Verbesserung. Konstruktives Feedback funktioniert erfahrungsgemäß am besten auf der Grundlage gewaltfreier Kommunikation, des Zulassens verschiedener Perspektiven sowie der Lösungsorientierung.
Konstruktives Feedback geben: Sprache macht den Unterschied
Ohne es zu beabsichtigen, kann eine Rückmeldung andere Menschen mit Worten nachhaltig kränken und verletzen. Um solche Situationen im beruflichen und privaten Umfeld zu vermeiden, bedarf es einer Sprache, die wertschätzend und einfühlsam ist, ohne den Kern der Aussage zu verwässern.
Mit seiner gewaltfreien Kommunikation (GFK) hat Marshall Rosenberg einen Kommunikations- und Konfliktlösungsprozess ins Leben gerufen, der Gespräche vertrauensvoller, klarer und fruchtbarer machen soll. Kritik, Urteile, Vorwürfe und Schuldzuweisungen haben nach dieser Strategie keinen Platz in einem konstruktiven Feedbackgespräch. Stattdessen geht es darum, auf einer gemeinsamen Basis die verschiedenen Perspektiven auszuleuchten und Lösungen zu finden.
Konstruktives Feedback: Beispiele aus der Praxis
Für konstruktives Feedback gibt es bewährte Formulierungen. Denn die Art und Weise, wie Sie den kritischen Punkt ausdrücken, macht den Unterschied zwischen konstruktivem und destruktivem Feedback. Wenn Ihr Feedbackgespräch ein Erfolg werden soll, sollten Sie sich im Vorfeld einige Gedanken über Ihre Wortwahl machen. Folgende zwei Beispiele enthalten Formulierungen, anhand derer Sie den Unterschied zwischen konstruktivem und destruktivem Feedback klar erkennen können:
Feedbackanlass: Ein Mitarbeiter kommt häufig zu spät
Konstruktives Feedback: „Ich habe bemerkt, dass Sie diese Woche mehrfach zu spät ins Office gekommen sind. Das Ankommen in Ruhe und die morgendlichen Calls sind mir in unserem Team wichtig, deshalb fände ich es gut, wenn Sie öfter dabei sind. Wenn es etwas gibt, das ich tun kann, um Ihnen den Start hier zu erleichtern, lassen Sie es mich bitte wissen.“
Destruktives Feedback: „Sie kommen ständig zu spät. Was soll das? Ihre Teammitglieder beschweren sich schon über Sie und ich habe nur Stress deswegen. Ich bin doch nicht Ihre Babysitterin. Wenn das so weiter geht, schicke ich Ihnen eine Abmahnung.“
Positives Feedback für Pünktlichkeit: „Ich wollte Sie nur wissen lassen, dass Ihre Pünktlichkeit nicht unbemerkt geblieben ist. Die morgendlichen Calls sind sehr wichtig und ich möchte mich kurz einmal bedanken, dass Sie so zuverlässig dabei sind.“
Feedbackanlass: Die Produktivität einer Mitarbeiterin hat nachgelassen
Konstruktives Feedback: „Ich habe wahrgenommen, dass Ihre Produktivität in der letzten Zeit etwas nachgelassen hat. Unser Ziel ist es, dass Sie Ihr vorheriges Niveau wieder erreichen. Können Sie formulieren, woran der Einbruch liegt, damit wir gemeinsam daran arbeiten können? Wenn das Unternehmen etwas dazu beitragen kann, lassen Sie es mich bitte wissen. In einem Monat sollten wir uns erneut treffen, um Ihre Fortschritte zusammen zu überprüfen.“
Destruktives Feedback: „Sie lassen immer mehr nach. Das reicht nicht. Sie müssen das schleunigst ändern.“
Positives Feedback für Produktivität: „Mir ist aufgefallen, dass Sie Ihre Aufgaben nicht nur schnell, sondern auch gründlich erledigen. Dafür möchte ich mich ausdrücklich bedanken. Sie sind ein Vorbild, insbesondere für die jüngeren Kolleginnen und Kollegen. Bitte achten Sie dabei aber weiterhin gut auf Ihre Ressourcen.“
Einiges gilt es aber auch zu vermeiden. Im Sinne der gewaltfreien Kommunikation gibt es regelrechte Kommunikationssperren, die Ihren Gesprächspartner entweder in den Rückzug oder in den Angriff treiben. Dazu gehören das Tadeln, Belehren, Beschimpfen, Predigen, Warnen, Drohen, Ablenken, Beschämen, Urteilen und, in vielen Fällen, auch das Loben, denn gerade ein Lob kann der Person ihren Platz in der Hierarchie auf sehr unangenehme Art und Weise klarmachen.
Konstruktives Feedback: 4 Schritte zum erfolgreichen Gespräch
Damit Ihr Feedbackgespräch gut verläuft, sollten Sie genau wissen, um welche Themen es gehen soll und was Sie verbessert sehen möchten. Handelt es sich zum Beispiel um einen konkreten Anlass, steht die regelmäßige Leistungsbeurteilung an oder ist eine Beförderung geplant? Diese vier Steps helfen Ihnen beim Feedback:
- Legen Sie vorher fest, welche Themen und Ziele in das geplante Gespräch hineingehören und welche nicht. Wenn Sie beispielsweise über ein vermeintlich unkollegiales Verhalten mit Ihrem Gegenüber sprechen möchten, sollten weder das Gehalt noch der Urlaubsanspruch hier Platz haben.
- Die Einladung zum regelmäßig anberaumten Feedbackgespräch sollte nicht zu kurzfristig erfolgen. Bei einem anlassbezogenen Gespräch sollte es dagegen in zeitlicher Nähe liegen, damit der Eindruck noch frisch ist. Achten Sie aber darauf, dass keine emotionsgeladene Atmosphäre mehr herrscht.
- Konstruktives Feedback sollten Sie grundsätzlich im Zwiegespräch äußern, denn insbesondere Kritikpunkte gehören nicht in den größeren Kollegenkreis. Bedenken Sie, dass auch Lob von Vorgesetzten zu Neid und Ausgrenzung führen kann.
- Formulieren Sie gewaltfrei und positiv. Schuldzuweisungen und Vorwürfe bringen Ihr Gegenüber in die Defensive oder machen Menschen sogar wütend. Überlegen Sie sich im Zweifel im Vorfeld genau, wie Sie einen Sachverhalt formulieren, damit das Feedback gut aufgenommen wird. Notieren Sie sich pointierte Formulierungen.
Diese 12 Regeln und Tipps für konstruktives Feedback sollten Sie kennen
Um eine positive Wirkung beim Gegenüber zu erzielen, müssen Sie der anderen Person vermitteln, dass Sie ihr Wertschätzung, Respekt und Interesse entgegenbringen. Gleichzeitig ist es wichtig, sowohl Positives als auch Negatives klar zu vermitteln. Folgende Regeln helfen Ihnen dabei, diese Herausforderung erfolgreich zu meistern:
- Sorgen Sie für eine angenehme Atmosphäre, indem Sie Ihren Gast freundlich begrüßen und ihm etwas Zeit geben, im Büro oder im Besprechungsraum anzukommen. Bieten Sie beispielsweise ein Getränk an und betreiben Sie eine kurze Weile Smalltalk.
- Als Gesprächseinstieg empfiehlt es sich, Ihrem Gesprächspartner oder Ihrer Gesprächspartnerin die äußeren Bedingungen der Unterhaltung mitzuteilen, also den Anlass, den Zeitrahmen sowie das Ziel. Diese Einleitung vermittelt Transparenz und Sicherheit.
- Nun kommen Sie zum Gesprächskern. Aber Vorsicht: Treiben Sie die Mitarbeitenden nicht in eine Verteidigungshaltung, beispielsweise durch Vorhaltungen. Ein gefühlter Angriff von Ihrer Seite führt meist zum Rückzug oder zu einem Gegenangriff. Wenn Sie der Person beispielsweise vermitteln können, dass sie davon ausgehen, dass sie einen guten Grund für ihr Handeln hat, fördern sie die Bereitschaft zur Verbesserung. Teilen Sie also Ihre Beobachtungen und Wahrnehmungen und hören Sie im Anschluss erst einmal aktiv zu.
- Um beim Gesprächspartner Einsicht zu erzeugen, können Sie ihn taktvoll dazu anregen, das eigene Verhalten zu reflektieren und in einen größeren Zusammenhang zu setzen. Viele Menschen reagieren sehr vernünftig auf Feedback, sobald sie sich selbst im Kontext verstehen und merken, dass sie gesehen und ernstgenommen werden.
- Überfrachten Sie das Gespräch nicht. Beschränken Sie sich auf das Wesentliche oder besprechen Sie weitere Punkte an einem anderen Termin.
- Ein positiver Gesprächsbeginn wirkt wie ein Türöffner. Ein angenehm geprägtes Ende schafft eine gute Voraussetzung für die Kommunikationsbereitschaft Ihrer Kolleginnen und Kollegen.
- Vielen Menschen fällt es schwer, einen anderen offen zu kritisieren. Eine unklare, übertrieben diplomatische Sprache bringt Sie aber im Gespräch in der Regel nicht weiter. Missverständnisse vermeiden Sie, indem Sie auch Negatives offen ansprechen – natürlich auf eine respektvolle Art und Weise.
- Vermitteln Sie immer wieder Wohlwollen. Bei aller Offenheit sollte nie ein Zweifel an Ihrer positiven Einstellung zu den Mitarbeitenden bestehen.
- Lassen Sie sich nicht von Nebenschauplätzen ablenken, sondern halten Sie fokussiert am Thema fest.
- Bleiben Sie durchgehend in Ihrer Rolle. Vermeiden Sie Vertraulichkeiten und Indiskretion unbedingt.
- Notieren Sie sich die wichtigsten Ergebnisse und Schritte. Besprechen Sie diese mit den jeweiligen Mitarbeitenden und stellen Sie, wenn gewünscht, einen weiteren Gesprächstermin in Aussicht.
- Auch wenn das Gespräch vielleicht nicht durchgehend einfach war, ist es ein Gebot der Höflichkeit, dass Sie sich vor der Verabschiedung für die Kooperation bedanken.
Fazit: Gutes Feedback will gelernt sein
Wer konstruktives Feedback geben möchte, muss sich gut darauf vorbereiten. Sprache, Formulierungen sowie die innere Einstellung sind entscheidend für seinen Erfolg, ob positive, konstruktive Kritik oder negatives Feedback im Rahmen von Konfliktmanagement.
Wenn es gelingt, stellt diese Gesprächsart ein wirksames Instrument zur Weiterentwicklung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, zur Entschärfung von Problemstellungen und Nutzung von Verbesserungspotenzialen dar. Probieren Sie außerdem unterschiedliche Methoden für Feedback aus und machen Sie sich die Tragweite Ihrer Worte immer wieder bewusst, wenn Sie anderen Feedback geben.
Titelbild: priscilladupreez / unsplash