Hilfsbereitschaft ist an jedem Arbeitsplatz hoch angesehen. Problematisch kann es allerdings werden, wenn Sie einem anderen Menschen etwas abschlagen müssen. Egal, ob als Chefin, Kollege oder im Kundengespräch – ein Nein fällt vielen Menschen schwer, nicht zuletzt wegen negativer Reaktionen, die darauf folgen können.

Die gute Nachricht ist: Wer auch mal nein sagt, ist nicht automatisch ein Egoist bzw. eine Egoistin, der bzw. die nur seine eigenen Interessen verfolgt. Ganz im Gegenteil: Es macht Sie stärker und selbstbewusster.

In diesem Ratgeber gehen wir auf die Ursachen des Nicht-Nein-Sagen-Könnens ein und erläutern, warum Nein sagen hin und wieder wichtig ist. Wir zeigen wir Ihnen, wie Sie das Neinsagen üben können, und geben Ihnen Formulierungen an die Hand, mit denen Sie Ihr Gegenüber nicht verletzen.

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Warum ist es so schwer, nein zu sagen?

Jeder Mensch fürchtet Ablehnung und Zurückweisung. Ein „Nein” kann aber genau diese negativen Erfahrungen nach sich ziehen. Aus Angst vermeiden viele Menschen daher das Neinsagen.

Das Wort Nein ist negativ behaftet. Das lernt jeder Mensch bereits in seiner Kindheit, denn dort hörten wir das Nein von unseren Eltern, wenn uns etwas verboten wurde oder sie genervt von unseren Nachfragen waren.

Je älter wir werden, desto häufiger erleben wir Ablehnung, Unverständnis und andere negative Konsequenzen als Reaktion auf das Neinsagen. Ein schlechtes Gewissen begleitet uns oft direkt, sobald uns jemand um einen Gefallen bittet. Nicht selten müssen dann Notlügen herhalten, um ein Nein zu vermeiden.

Nein sagen ohne Schuldgefühle

Grenzen sind wichtig, um die eigene Gesundheit und Freiheit zu schützen. Wer klare Grenzen setzt, gilt im Leben als selbstständig, selbstbewusst und respektabel. Notorische Ja-Sager oder Menschen, die umgangssprachlich am Helfersyndrom leiden, dagegen werden leicht ausgenutzt.

Für die Anerkennung ihrer Kollegen und Chefinnen stellen sie die Selbstfürsorge und ein selbstbestimmtes Leben hintenan. Sie laufen auf die Dauer Gefahr, sich selbst zu überlasten. Wenn Sie das nächste Mal gute Gründe für ein Nein haben, müssen Sie kein schlechtes Gewissen haben, im Gegenteil.

Nein sagen üben: Hilfreiche Tipps

Für alle, die Nein sagen lernen wollen, gibt es praktische Tipps. Probieren Sie sie aus und verfolgen Sie, wie Ihnen die Grenzziehung von Mal zu Mal leichter fällt.

  1. Wie bei Vielem gilt auch hier der Grundsatz: Übung macht den Meister! Dabei müssen Sie nicht direkt ins kalte Wasser springen und in einer realen Situation Nein sagen lernen – Sie können dies erst einmal für sich alleine tun. Gedankenexperimente können Ihr Selbstbewusstsein stärken: Wie laufen Situationen ab, in denen Sie normalerweise Ja sagen und sich später darüber ärgern? Lassen Sie eine solche Situation vor Ihrem inneren Auge abspielen und sagen Sie in Gedanken an passender Stelle Nein. Üben Sie dies dann auch im realen Leben.
  2. Wenn Sie merken, dass Sie sich schnell unter Druck setzen lassen, halten Sie kurz inne und horchen Sie in sich hinein, ob Sie einer Bitte wirklich nachkommen wollen oder sie nicht eigentlich ehrlicherweise abschlagen wollen.
  3. Machen Sie sich bei Entscheidungen bewusst, wieso Sie sie treffen. Weshalb haben Sie der Zusatzaufgabe zugestimmt? Warum haben Sie ein anderes Angebot abgelehnt? Je besser Sie sich selbst und Ihre Motivationen kennen, desto einfacher wird es, mehr in Kongruenz mit Ihren Werten zu leben.
  4. Verdeutlichen Sie sich die Konsequenzen, wenn Sie zu allem Ja sagen würden: Mehr Stress, weniger Zeit, weniger Energie für andere (auch private!) Projekte, leise Wut auf sich selbst, …

Nein sagen: So verschaffen Sie sich Zeit

In realen Situationen perfekt Nein zu sagen ist oftmals schwierig, weil wir überrumpelt werden. Im ersten Schritt ist es deshalb hilfreich, sich Bedenkzeit zu verschaffen.

Dies gelingt mit einfachen und dennoch klaren Formulierungen, wie etwa:

„Ich möchte darüber nachdenken und komme im Laufe des Tages auf dich zurück“.

Wichtig dabei ist, dass es als Aussage und nicht als Frage formuliert ist, wie:

„Kann ich dir später Bescheid geben?“.

Denn dann hat die andere Person die Möglichkeit zu kontern:

„Nein, ich brauche die Antwort jetzt“.

Nein sagen lernen zum Chef oder zur Chefin

Die eigenen Grenzen den Vorgesetzten gegenüber zu verdeutlichen, ist für viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen besonders heikel. Insbesondere bei einer direkten Aufforderung durch den Vorgesetzten fürchten Mitarbeitende negative Konsequenzen, wenn sie Mehrarbeit abweisen.

Dennoch wünschen sich viele Menschen, dass sie mit der richtigen Strategie ihren Vorgesetzten gelegentlich Nein sagen können. Diese Angst zu überwinden, ist auch hier möglich und notwendig. Wer dem Chef zeigt, dass er in hohem Maße motiviert und engagiert ist, hat nichts zu befürchten. Dies gelingt mit verschiedenen Techniken:

Alternativen aufzeigen

„Ich habe heute leider noch viel für das Projekt XY zu erledigen. Ich könnte mich morgen darum kümmern.“

„Ich arbeite zurzeit intensiv mit Herrn X an unserer Präsentation. Vielleicht hast du ja eine Idee dazu – oder kannst Frau Schmitz fragen?“

Um Hilfe bitten

„Ich fühle mich zurzeit mit meinen Aufgaben ausgelastet. Wenn ich dies noch erledigen soll, bräuchte ich Unterstützung aus dem Team.“

Verdeutlichen der Folgen

„Ich kann gerne versuchen, mich darum zu kümmern. Allerdings denke ich, dass ich nicht der qualifizierteste Mitarbeiter für diese Aufgabe bin und deshalb die Qualität der Ergebnisse nicht die beste sein könnte.“

Nein sagen ohne Kollegen zu verletzen

Ein gutes Arbeitsklima rührt nicht zuletzt von Hilfsbereitschaft untereinander. Vor allem unter Kollegen und Kolleginnen möchte keiner als faul, nicht hilfsbereit oder egoistisch gelten. Jedoch dürfen die vermeintlichen Schuldgefühle nicht über den eigenen Bedürfnissen stehen. Daher gibt es auch hier Grenzen, die Teammitglieder respektieren sollten. An dieser Stelle folgen einige Tipps, wie das Neinsagen gelingt und nicht zu Konflikten führt:

Verweis auf Autoritäten

„Es tut mir leid, aber ich bin momentan mit dem von Herrn X beauftragten Projekt beschäftigt und kann dich dabei nicht unterstützen.“

Eventuelle Unsicherheiten spiegeln

„Ich kann verstehen, dass du dich dabei unsicher fühlst. Aber ich bin überzeugt davon, dass du das schaffst.“

„Ich denke, dass dir die Aufgabe bewusst zugetragen wurde. Versuche doch erst einmal, sie selbst zu lösen.“

Alternativen aufzeigen

„Ich würde dir gerne dabei helfen, aber ich denke, dass Frau Meier dafür besser geeignet ist als ich, da sie in dem Bereich mehr Erfahrung hat.“

Nein sagen zu Kunden: Die Formulierung zählt

In jedem Unternehmen gilt der Grundsatz: Der Kunde ist König. Das heißt aber nicht, dass es hier keine Grenzen gibt. Dennoch darf sich Kundschaft nicht vor den Kopf gestoßen oder abgewimmelt fühlen. Verwenden Sie weniger Zeit für Ausflüchte und Verlegenheitserklärungen, sondern argumentieren Sie sachlich, wenn Sie zur Kundin oder zum Kunden Nein sagen müssen.

Fristen angeben

„Ich kann mich gerne darum kümmern. Leider habe ich heute für Ihr Anliegen nur etwa eine Stunde Zeit zur Verfügung. Ich kümmere mich darum, kann es deshalb jedoch vielleicht erst morgen lösen.“

„Ich kümmere mich gerne darum, brauche jedoch bis Ende der Woche Zeit dafür.“

Ihre Kapazitäten aufzeigen

„Ich verstehe Ihr Problem. Ich habe aber derzeit jedoch nur zwei Mitarbeitende, die dafür ausgebildet sind. Nächste Woche können diese sich gerne darum kümmern.“

Das Nein begründen

„Leider ist das nicht möglich, da die Adresse außerhalb unseres Geschäftsgebietes liegt.“

Neinsagen zeugt von Selbstsicherheit und lässt Ihnen mehr Zeit für die anderen wichtigen Dinge. Vielen Menschen fällt es aber sehr schwer, Anfragen abzulehnen, denn die Ängste und negativen Gefühle liegen tief. Doch wer auch mal Nein sagt, ist nicht egoistisch, sondern strahlt Selbstbewusstsein aus, weil man die eigenen Kapazitäten respektiert.

Natürlich kommt es auf die richtige Formulierung an. Klartext zu reden, ohne zu kränken, erfordert Übung und Fingerspitzengefühl. Einfühlsames Konfliktmanagement will gelernt sein! Überwinden Sie Ihre Angst, äußern Sie Verständnis und guten Willen und zeigen Sie Alternativen oder einen Kompromiss auf. Dann fühlt sich Ihr Gegenüber nicht abgewiesen, wenn Sie Nein sagen.

Wie kann man höflich Nein sagen?

Ihre Formulierung und der Ton, in dem Sie die Bitte abschlagen, sind entscheidend. Bleiben Sie freundlich und sachlich und zeigen Sie Verständnis für Ihr Gegenüber. Vermeiden Sie auf jeden Fall Klagen über Zeitmangel oder faule Arbeitskollegen. Bleiben Sie trotzdem stark und stehen Sie für sich ein!

Fazit: Nein sagen können Sie lernen

Auch wenn es manchmal unangenehm scheint, ist es trotzdem notwendig: Um sich selbst zu schützen und Grenzen aufzuzeigen, sollte auch der hilfsbereiteste Mensch Nein sagen, wenn die eigenen Kapazitäten erreicht sind. Unsere Tipps und Formulierungshilfen helfen Ihnen dabei, auf höfliche und unschädliche Art und Weise auch einmal eine Bitte abzulehnen.

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Titelbild: The Good Brigade / iStock / Getty Images Plus

Ursprünglich veröffentlicht am 15. Juni 2022, aktualisiert am Januar 20 2023

Themen:

Konfliktmanagement