Die zwischenmenschliche Interaktion und Kommunikation geben uns häufig Rätsel auf. Die Frage, warum sich ein Mitmensch in einer bestimmten Situation auf eine bestimmte Weise verhält, ist nicht leicht zu entschlüsseln.
Im beruflichen Alltag können bestimmte Kommunikationsmuster schnell zu Missverständnissen zwischen Menschen und in der weiteren Entwicklung auch zu Konflikten führen. Die Transaktionsanalyse (TA) stellt in diesem Kontext ein vielversprechendes Konzept zur Erklärung und gezielten Veränderung der menschlichen Persönlichkeitsstruktur dar.
In diesem Beitrag gehen wir auf die Definition und Hintergründe der Transaktionsanalyse ein, erklären das vielzitierte Ich-Zustandsmodell und zeigen Ihnen, wie Sie das Modell zur besseren Kommunikation mit Mitarbeitern oder Kunden im Service einsetzen können.
Was ist Transaktionsanalyse?
Die Transaktionsanalyse ist ein psychoanalytisches Modell zur Entschlüsselung der Persönlichkeitsstruktur. Das Modell setzt voraus, dass Kommunikations- und Verhaltensweisen von Menschen Aufschluss über deren Persönlichkeit geben und zur Analyse herangezogen werden können.
Was will man mit der Transaktionsanalyse erreichen?
Die Transaktionsanalyse erlaubt uns also, ein fundiertes Verständnis über das Verhalten von Menschen zu entwickeln und diese auf bestimmte Persönlichkeitsmerkmale zurückführen. Die Transaktionsanalyse wird durch Einflüsse aus der Beziehungsanalyse, der Persönlichkeitsanalyse und der Gruppendynamik geprägt. Sie geht grundsätzlich von einem positiven Menschenbild aus und fördert dadurch das menschliche Miteinander.
In der Praxis stellt die Transaktionsanalyse ein sinnvolles Instrument zur frühzeitigen Vermeidung von Konflikten dar. So trägt ein besseres Verständnis von menschlichen Verhaltensweisen im Kundenservice beispielsweise dazu bei, das Verhalten des Gegenübers sachlich zu bewerten und die eigene Wahrnehmung objektiv zu reflektieren.
Darüber hinaus erlaubt die Transaktionsanalyse die Reflexion der eigenen Verhaltensweise und eigenen Persönlichkeitsstruktur.
Hintergründe der Transaktionsanalyse
Begründer der Transaktionsanalyse ist Eric Berne. Der US-amerikanische Psychiater prägte das Konzept der TA bereits Mitte des 20. Jahrhunderts und griff es unter anderem auch in seinem Buch „Was sagen Sie, nachdem Sie ‚Guten Tag‘ gesagt haben“ auf. Im psychotherapeutischen Lehrbuch definierte er die Methode wie folgt:
„Bei der Transaktionsanalyse handelt es sich um eine Theorie der Persönlichkeit, der Interaktion zwischen Menschen und außerdem um eine klinische Methode der Psychotherapie, die auf der Analyse von allen nur denkbaren Transaktionen zwischen zwei oder mehr Menschen auf der Grundlage ganz spezifischer und definierter Ich-Zustände beruht.“
Für den damaligen Stand der Psychoanalyse waren die Thesen Eric Bernes revolutionär. Mit den beiden einfachen Aussagen
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Ich bin o.k.
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Du bist o.k.
drückte Berne ein Menschenbild aus, das durch Respekt, positives Verständnis und Interaktion auf Augenhöhe geprägt ist. Eric Berne setzt bei allen sozialen Interaktionen grundsätzlich voraus, dass alle Menschen
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in einem guten Zustand und mit einem gesunden Potenzial zur Welt kommen,
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die Fähigkeit zum Denken und zur Problemlösung besitzen und
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in der Lage sind, Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen und dieses gestalten können.
Ausgehend von dieser Annahme folgert Eric Berne, dass alle Menschen unabhängig von ihren jeweiligen psychischen Erkrankungen „o.k.“ sind. Unterschiede in Verhaltensweisen werden durch verschiedenen Prägungen in Charakter, Gefühlswelt und Erinnerungen hervorgerufen. Diese lassen sich als sogenannte Ich-Zustände erklären.
Transaktionsanalyse: Das Ich-Zustandsmodell
Das Modell der Transaktionsanalyse von Eric Berne teilt Verhaltensweisen in drei Ich-Zustände ein. Diese Ich-Zustände werden in zwischenmenschlichen Interaktionen auf zwei Ebenen deutlich:
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auf der körperlichen Ebene: physische Begleitung einer verbalen Interaktion durch Stimmlage, Gestik und Mimik
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auf der verbalen Ebene: Inhalt der Kommunikation
Die drei Ich-Zustände mit Beispielen aus der Transaktionsanalyse:
Das Eltern-Ich
Die Wahrnehmung von Ereignissen erfolgt in der Kindheit bis zum fünften oder sechsten Lebensjahr weitgehend ohne kritisches Hinterfragen. Kinder nehmen Anordnungen hin, übernehmen elterliche Aussagen ungeprüft und hinterfragen feste Regeln nicht.
Im Beruf zeigt sich das Eltern-Ich beispielsweise durch abwertende Bemerkungen, eine missbilligende Mimik, unüberlegte Vorurteile oder harsche Zurechtweisungen.
Ein Beispiel aus dem Kundenservice: Der Vorgesetzte fragt den Servicemitarbeiter stirnrunzelnd „Was haben Sie denn da wieder für einen Mist gebaut?“
Das Kind-Ich
Das Kind-Ich ist von kindlichen Eindrücken, Gefühlen und Empfindungen geprägt. Alberne, trotzige und spontane Verhaltensweisen gehören ebenso zum Kind-Ich wie eine fantasievolle, neugierige und kreative Herangehensweise.
Ein Beispiel aus dem Kundenservice: Der Mitarbeiter reagiert auf eine Kundenreklamation trotzig mit den Worten „Dann machen Sie die Wartung doch selbst, wenn Sie sowieso alles besser wissen.“
Das Erwachsenen-Ich
Der Erwachsenen-Ich-Zustand zeigt sich in Form einer objektiven, vorurteilsfreien und sachlichen Kommunikation auf der körperlichen und verbalen Ebene. Es setzt einen respektvollen Umgang mit Mitmenschen voraus und zeichnet sich im beruflichen Umfeld durch Wertschätzung, Reflexion und Neutralität aus.
Ein Beispiel aus dem Kundenservice: Der Vorgesetzte weist den Mitarbeiter freundlich darauf hin, dass ihm „bei der Bearbeitung der Kundenanfrage ein Fehler unterlaufen“ sei. Er bietet ihm Hilfe bei der Korrektur des Fehlers an.
Analyse der Transaktionen
Die Anwendung der Transaktionsanalyse in der Praxis ist nicht einfach. Kommunikation und Interaktion von Menschen laufen größtenteils automatisiert und ohne Reflexion des Geschehens ab. Für die Deutung der Transaktionen, also dem Wechselspiel zwischen Stimulus und Reaktion, lässt sich daher die folgende Kategorisierung vornehmen:
Komplementäre Transaktion
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reibungslose, erwartungsgemäße Interaktion
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meist als Kommunikation zwischen Eltern-Ich und Eltern-Ich oder zwischen Eltern-Ich und Kind-Ich zu beobachten
Gekreuzte Transaktion
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gestörte, reibungsbehaftete Interaktion
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Beispiel: Eine sachlich und respektvoll geäußerte Bitte wird trotzig abgelehnt.
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meist als Kommunikation zwischen Erwachsenen-Ich und Kind-Ich zu beobachten
Verdeckte Transaktion
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unterschwellige, schwer identifizierbare Störung einer Interaktion
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Bei dieser Transaktion kommen häufig verschiedene Ich-Zustände zum Vorschein.
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Die Analyse gelingt nur durch Berücksichtigung von Gestik, Mimik und Tonfall.
Die Transaktionsanalyse als Methode des Konfliktmanagements
Die Transaktionsanalyse kann dabei helfen, sowohl im privaten als auch im beruflichen Alltag Probleme und Konflikte frühzeitig zu identifizieren, einzuordnen und gezielt zu beseitigen. In der Praxis ist es dabei wichtig, sowohl den Ich-Zustand des Gegenübers zu erkennen als auch den eigenen Ich-Zustand zu analysieren, zu reflektieren und zu hinterfragen. Die Kategorisierung von Verhaltensmustern in komplementäre, gekreuzte und verdeckte Transaktionen kann dabei hilfreich sein.