Im Einzelhandel ist „No-Name“ eher die Regel als die Ausnahme. Denn bei manchen Produktkategorien besteht weit mehr als die Hälfte des Angebots aus Handelsmarken.

Wer als Händler das Sortiment erfolgreich mit einer Eigenmarke bereichern möchte, braucht eine schlüssige Strategie. Hier lesen Sie, worauf es dabei ankommt.

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Herstellermarke vs. Handelsmarke

Eine klassische Marke ist Eigentum eines Erzeugers. Durch die Marke können Kunden und Kundinnen die Produkte dieses Herstellers erkennen und von anderen unterscheiden.

Marken sind mit einem konkreten Qualitätsversprechen und einem Markencharakter verbunden. Sie erzeugen Vertrauen, Orientierung und Bindung. Mit starken Marken können Erzeuger ihre Produkte erfolgreich positionieren.

Handelsmarken unterscheiden sich von der klassischen Herstellermarke oder Erzeugermarke. Die Eigenmarken eines Handelsunternehmens müssen sich nicht auf dem Markt gegen andere Erzeugermarken durchsetzen. Ihre Funktion beschränkt sich darauf, das Angebot für die Kundschaft zu bereichern. Sie werden nur bei dem Händler angeboten, der die Marke besitzt. Dadurch können die Markeninhaber auf Investitionen ins Marketing fast vollständig verzichten.

Das Konzept geht auf. Der Anteil von Handelsmarken beträgt in den europäischen Ländern zwischen 30 und 50 Prozent. Für viele Kunden und Kundinnen sind Handelsmarken gleichwertig mit Herstellermarken. Handelsmarken werden dabei grundsätzlich als preiswerter wahrgenommen.

Besondere Bedeutung haben Handelsmarken in folgenden Produktgruppen:

  • Papierwaren
  • Molkereiprodukte, Konserven und Lebensmittel im Allgemeinen
  • Getränke
  • Wasch- und Putzmittel

Im Discount haben Handelsmarken 75 bis 90 Prozent Marktanteil. Der Preisvorteil gegenüber Markenprodukten ist hier einer der wichtigsten Kaufgründe. Bei Vollsortimentern und Drogeriemärkten sind es rund 30 Prozent.

Häufig produzieren Markenhersteller in vergleichbarer Qualität auch Produkte, die mit unkenntlich gemachter Herkunft und deutlich günstiger als Handelsmarken vertrieben werden. So ist es möglich, dass im Regal eines Händlers unter verschiedenen Namen und mit verschiedenem Preis zwei faktisch identische Produkte angeboten werden.

Eigenmarke erfolgreich positionieren

Wenn Händler mit Eigenmarken erfolgreich sein wollen, brauchen sie ein ausreichend großes Publikum. Je größer das Einzugsgebiet eines Handelsunternehmens ist, desto erfolgversprechender ist eine Eigenmarkenstrategie.

Ein wichtiges Kriterium für die erfolgreiche Markenpositionierung ist ein durchdachtes Portfolio, das die Stärken und auch die Schwächen von Handelsmarken einbezieht. Ziele sind eine attraktive Auswahl, eine effektive Abgrenzung gegen den Wettbewerb und eine starke Verhandlungsposition gegenüber Liefer- und Erzeugerfirmen.

Für die Positionierung der Eigenmarken gibt es verschiedene Wege, die auch kombiniert werden können.

Eigenmarke direkt mit dem Händlernamen verbunden

Dieser Ansatz hat das größte Potenzial für Identifikation und Kundenbindung.

  • real Quality
  • REWE Beste Wahl

Breites Sortiment unter einer Handelsmarke

Mit diesem Ansatz lassen sich Gattungsmarken wirksam positionieren. Bei entsprechender Markenführung lässt sich auch ein höherer Qualitätsanspruch überzeugend darstellen.

  • Ja!
  • Gut&Günstig

Fantasiemarke konkurriert mit Erzeugermarke

Fantasiemarken können den Anschein einer Erzeugermarke erwecken und damit eine höhere Qualitätserwartung auslösen.

  • Formil
  • Perlenbacher

Handelsmarke: Pro und Kontra

Handelsmarken haben gegenüber Erzeugermarken aus Händler- wie auch aus Verbrauchersicht verschiedene Vorteile. Doch für eine starke Handelsmarkenstrategie müssen Sie auch die Nachteile von Handelsmarken beachten.

Vorteile von Handelsmarken

Händler Kundschaft
Bei gleichen Herstellungskosten ohne Werbung entstehen Preisvorteile gegenüber Herstellermarken Günstige Alternativen bei zuverlässiger Qualität
Volle Kontrolle über Markenführung Produkte in Markenqualität ohne „Markenaufschlag“
Anschein einer größeren Produktauswahl  
Günstiger Bezug als White Label von diversen Herstellern  
Stärkere Position beim Einkauf  
Skaleneffekte bei vertikal integrierter Lieferkette  
Differenzierung gegenüber Wettbewerb  

Nachteile von Handelsmarken

Händler Kundschaft
Ruf als „minderwertig“ gegenüber Erzeugermarken Fehlende Transparenz über Herkunft und erzeugende Unternehmen
Konflikte mit Herstellern durch direkten Wettbewerb Handelsmarken können Erzeugermarken verdrängen und damit langfristig Auswahl verringern
Qualitätsmängel fallen vollständig auf Händler zurück Geringes Potenzial für Identifikation
Übernahme der Kosten für Innovation und Markenaufbau  
Anschluss an Megatrend zu nachhaltigen, ökologischen und fairen Produkten mindert Kostenvorteil  

Handelsmarke: Beispiele in drei Kategorien

Die Eigenmarken des Handels lassen sich in drei Kategorien einordnen, die verschiedenen Qualitätsstufen entsprechen.

Gattungsmarken

Die einfachsten Handelsmarken waren reine Gattungsmarken, welche fast vollständig auf eine Markenkennzeichnung verzichtet haben. Entsprechende Produkte sind nur mit der Produktgattung bezeichnet.

Dieser im Vergleich zu Erzeugermarken sehr simple Auftritt vermittelte, dass die Käufer und Käuferinnen mit diesem Produkt keine „verzichtbaren“ Kosten für das Marketing mitbezahlen. Gattungsmarken konkurrieren mit Erzeugermarken als besonders günstige Angebote.

Beispiele:

  • Ja! (REWE)
  • Gut&Günstig (EDEKA)
  • K-Classic (Kaufland)
  • Balea (DM)

Klassische Handelsmarken

Klassische Handelsmarken sind dem ersten Anschein nach nicht so leicht von Erzeugermarken zu unterscheiden. Verbraucherinnen und Verbraucher erkennen sie an dem Hinweis „hergestellt für Handelsunternehmen“ anstelle des eigentlichen Erzeugers und daran, dass sie bei anderen Händlern nicht vorkommen.

Beispiele:

  • Moreno Family Cappuccino (Aldi)
  • Meisterbräu Pils (Netto)
  • Grafschafter Zwieback (Lidl)
  • Weidestern Butter (REWE)
  • Quechua (Decathlon)

Premiumhandelsmarken

Der Qualitätsunterschied zwischen Erzeugermarken und Eigenmarken des Handels existiert oft nur in der Wahrnehmung des Publikums. Das liegt auch daran, dass Handelsmarken anfangs gezielt das Image aufgebaut haben, billiger zu sein.

Diesen Unterschied können Premiumhandelsmarken abbauen. Auf diese Weise wollen die Händler für ihre Eigenmarken Kunden gewinnen, die bereit sind, für höhere Qualität mehr auszugeben.

Beispiele:

  • Feine Welt (REWE)
  • Feine Kost (Penny)
  • Deluxe (Lidl)
  • Westbury (C&A)

Entwicklungen und Trends bei Handelsmarken

Seit ihrer Entstehung haben sich die Handelsmarken in ihrer Vielfalt und Bedeutung stark weiterentwickelt. Aktuell lassen sich mehrere wichtige Trends beobachten.

Anspruchsvolle Markenführung

Ein ursprünglicher Vorteil der Handelsmarken ist der vollständige Verzicht auf Investitionen ins Marketing. Doch wenn Eigenmarken auf Augenhöhe mit Erzeugermarken konkurrieren sollen, brauchen die Kundinnen und Kunden neben dem Preis-Leistungs-Verhältnis weitere Kaufgründe.

Diese müssen durch geeignete Marketinginstrumente kommuniziert werden. Dabei ist die Herausforderung, den Kostenvorteil der Eigenmarke zu erhalten.

Stärkere Kundenbindung

Eine intensivere Markenführung erhöht das Identifikationspotenzial der Eigenmarken. Das können Händler nutzen, um sich vom Wettbewerb abzugrenzen und die Brand Awareness zu erhöhen.

Anschluss an den Nachhaltigkeitstrend

Das Bedürfnis nach ökologisch und sozial nachhaltigen Produkten setzt Eigenmarken unter Druck, die sich ausschließlich über den Preis positionieren. Gleichzeitig liegt in der Bereitschaft des Publikums, für Nachhaltigkeit mehr zu bezahlen, eine Chance, die sich der Handel nicht entgehen lassen sollte.

Eigenmarken bereichern das Sortiment

Mit Handelsmarken erreichen Händler Differenzierung und ein breiteres Produktsortiment. Ein gutes Handelsmarkenportfolio kann Gattungsmarken, klassische Eigenmarken und Premiummarken kombinieren und dadurch sowohl die preiswerten als auch die hochwertigeren Alternativen bieten.

Die aktuellen Trends und höhere Erwartungen seitens der Kundschaft bringen neue Herausforderungen mit sich, die für Handelsfirmen gleichzeitig eine Chance zur Innovation bieten.

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Titelbild: estherpoon / iStock / Getty Images Plus

Ursprünglich veröffentlicht am 18. Februar 2022, aktualisiert am Januar 20 2023

Themen:

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