Bestimmt kennen Sie Intel. Das US-Unternehmen stellt unter anderem Chips für Hardware, vor allem Computer, her. Vielleicht haben Sie auch schon einmal einen Laptop oder Computer genutzt, indem ein Intel-Chip verbaut wurde; bei Intel direkt werden Sie aber noch nichts gekauft haben. Trotzdem kennen Sie die Marke – dank Ingredient Branding. Hier lesen Sie mehr dazu!
Was ist Ingredient Branding? Eine Definition
Ingredient Branding bezeichnet eine „Marke in der Marke“, bei der ein bestimmtes Produktteil gebrandet wird. Bei diesem Marketingkonzept gehen zwei Unternehmen, meist ein B2C- und ein B2B-Unternehmen, eine strategische Produktpartnerschaft ein. B2B beliefert B2C mit seinen Produkten, was im Verkauf der Ware an Endverbraucher und -verbraucherinnen kommuniziert wird.
Wie funktioniert Ingredient Branding?
In der Praxis stammt das bekannteste Beispiel, wie eingangs erwähnt, von Intel. Der Konzern beliefert dutzende Hardware-Hersteller mit seinen Chips, die diese in ihren Geräten verbauen. Der Werbeslogan „Intel inside“ machte früh und lange die Runde. Beide Marken machen sich so die jeweiligen Stärken der anderen zunutze.
Während zum Beispiel Hewlett-Packard (HP), stellvertretend für Computer- und Laptop-Produzenten, davon profitiert, die qualitativ hochwertigen und bei der Kundschaft beliebten Chips von Intel zu verbauen, wird Intel selbst durch das Ingredient Branding zu einer bekannten Marke. Und das, obwohl der Konzern ein reines B2B-Unternehmen ist, also nicht an Privatkundschaft verkauft.
Damit es zu einer solchen Zusammenarbeit kommt, muss sich ein Hersteller wie HP an einen Zulieferer wie Intel binden. Der Zulieferer zahlt dafür Geld, profitiert auf lange Sicht aber vom oben beschriebenen Effekt.
Damit dieser eintritt, müssen zwei Grundvoraussetzungen gegeben sein:
- Der Hersteller muss eine qualitativ hochwertige Marke haben, die sich vom Wettbewerb positiv abgrenzt.
- Das Produkt oder die Komponente des Zulieferers muss maßgeblich für das Endprodukt des Herstellers sein.
Gerade die zweite Voraussetzung veranschaulicht das Intel-Beispiel. Ein Laptop ohne Prozessor funktioniert schlicht und ergreifend nicht. Ein weiteres Beispiel ist der japanische Zulieferer Shimano. Wenn Sie passioniert Fahrrad fahren, haben Sie sicherlich eine Schaltung oder anderer Komponenten von Shimano an Ihrem Rad. Auch hier würde das Endprodukt (Fahrrad) nicht ohne das Produkt des Zulieferers (zum Beispiel Gangschaltung) funktionieren.
Was ist der Unterschied zwischen Co-Branding und Ingredient Branding?
Im Marketingalltag ist der Begriff Ingredient Branding deutlich weniger oft zu hören als der des Co-Brandings. Beides bezeichnet die produktseitige Zusammenarbeit zweier Unternehmen – sind es also zwei verschiedene Begriffe für die gleiche Maßnahme?
Nein: Es gibt wesentliche Unterschiede zwischen Co-Branding und Ingredient Branding. Während ersteres meist nur kurzfristig – Ausnahmen bestätigen die Regel – angelegt ist, wird ein Ingredient Branding stets mit der Absicht einer langfristigen Zusammenarbeit entwickelt.
Der deutlichere Unterschied liegt jedoch in den Wirtschaftsstufen, in denen sich die zwei Marken mit ihren Produkten befinden. Während sich beim Co-Branding zwei Marken von Unternehmen der gleichen Wirtschaftsstufe, also horizontal, zusammenschließen, sind es beim Ingredient Branding Marken aus einer vertikalen Wirtschaftsstufe.
Hier besteht die Verbindung zur Definition von Ingredient Branding: Der Zulieferer stellt dem Hersteller eine nötige Komponente des Endprodukts zur Verfügung.
Vor- und Nachteile von Ingredient Branding
Die Marke in der Marke kann massive Vorteile mit sich bringen, wie berühmte Beispiele aus der Praxis zeigen. Es gibt jedoch auch Risiken und Nachteile, die bei einer angestrebten langfristigen Zusammenarbeit bedacht werden sollten.
Ingredient Branding: Vorteile
Ingredient Branding als Strategie der Markenführung bringt diese Vorteile mit sich:
- Der Zulieferer tritt aus der bloßen Lieferantenrolle im Hintergrund heraus und wird in der Breite bekannt.
- Durch die enge Zusammenarbeit entstehen wichtige Synergieeffekte.
- Beide Marken profitieren von der Wahrnehmung als Qualitätsmarke der jeweils anderen.
Vor allem der Zulieferer profitiert von einer Zusammenarbeit. Er erschwert es dem Hersteller, sich von ihm wieder abzuwenden, da das Produkt abhängig von der entsprechenden Komponente ist.
Ein aktuelles Beispiel: Apple begann nach jahrelanger Entwicklung 2020 damit, sich Schritt für Schritt von den Intel-Chips in seinen Produkten loszueisen und eigene Chips zu entwickeln und zu verbauen.
Ingredient Branding: Nachteile
Auf der anderen Seite stehen vor allem zwei Nachteile von Ingredient Branding im Fokus. Einerseits benötigt solch eine strategische Zusammenarbeit viel Vorbereitungszeit. Beide Marken müssen zueinander passen und machen sich voneinander abhängig – unüberlegte Schnellschüsse sind fehl am Platz.
Andererseits kann das Imageproblem einer Marke sehr stark auf die andere abfärben.
Ingredient Branding: Weitere Beispiele aus der Praxis
Intel und Shimano sind nicht die einzigen Zulieferer, die aus dem Schatten getreten sind und dank Ingredient Branding und smartem Brand Management einer breiten Masse bekannt geworden sind. Bei vielen strategischen Kollaborationen vergessen Verbraucher und Verbraucherinnen gar von Zeit zu Zeit, dass es sich um eine solche handelt.
Wussten Sie beispielsweise, dass Tetra Pak ein Unternehmen und nicht die gängige Bezeichnung für die entsprechende Verpackung ist? Der Konzern mit Sitz im schweizerischen Pully und schwedischen Wurzeln unterhält als Verpackungshersteller zahlreiche Partnerschaften mit Lebensmittelproduzenten, die ohne die praktischen Verpackungen ihre Produkte nicht angemessen verpacken könnten.
Weitere bekannte Beispiele:
- Bose: Wenn beispielsweise Automarken auf die Lautsprecher der US-Amerikaner setzen, zeugt das von hoher Qualität.
- Gore-Tex: Wo Gore-Tex draufsteht, freuen sich Outdoorfans über qualitativ hochwertige Kleidung oder wasserdichte Schuhe verschiedenster Marken.
- Zeiss: Kameras und Linsen von bester Qualität? In diesem Zusammenhang fällt immer der Name Zeiss – das deutsche Unternehmen arbeitet unter anderem langfristig mit Sony zusammen.
Die Beispiele zeigen: Wenn sich Hersteller und Zulieferer finden, die voneinander profitieren, kann das gemeinsame Ingredient Branding nachhaltig erfolgreich sein.
Fazit: Zwei sind besser als einer allein
Ingredient Branding klingt im ersten Moment wie eine Win-Win-Win-Situation – für den Hersteller, den Lieferanten und auch die Kundschaft, die von der Kooperation zweier Qualitätsmarken profitiert. Geht die Zusammenarbeit auf, haben alle etwas davon. Bis es allerdings so weit ist, gilt es einige Hürden zu meistern.
Hersteller müssen sich fragen, welcher Zulieferer passt und das langfristige Potenzial hat, ein stabiler Partner zu werden. Zulieferer wiederum müssen gewillt sein, sich so offensiv auf beispielsweise einige wenige Geschäftskunden und -kundinnen zu verlassen. Zudem muss die Zusammenarbeit fair ausgehandelt werden und handelnde Personen von der Langfristigkeit überzeugt sein.
Ingredient Branding ist Co-Branding auf einem neuen Level. Es kann funktionieren, erfordert aber viel Vorarbeit. Wenn es klappt, sehen alle Beteiligten gut dabei aus – Intel, Shimano & Co. zeigen eindrucksvoll, wie es geht.
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