Die Psychologie hinter Kurzvideos: Warum faszinieren Sie so?

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Jeje Begraoui
Jeje Begraoui

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Wissen Sie, was das Schwierigste an meinem Job ist? Immer wieder lösche ich TikTok und Instagram von meinem Telefon, weil ich viel zu viel Zeit damit verbringe, endlos durch diese Apps zu scrollen und mir Dutzende von Kurzvideos nacheinander anzuschauen – und dem einfach nicht widerstehen kann.

Person beschäftigt sich mit der Psychologie hinter Kurzvideos am Smartphone

Letztendlich lade ich dann die Anwendungen aber erneut herunter, weil ein Teil meiner Arbeit darin besteht, über eben diese Videos zu schreiben – und dann geht der Kreislauf von vorne los.

Natürlich könnte ich meinem Job dafür die Schuld in die Schuhe schieben, aber ich scrolle nicht deswegen, sondern weil mich Kurzvideos faszinieren.

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Und ich bin nicht die Einzige. 73 % der Verbrauchenden bevorzugen Kurzvideos, wenn sie sich über ein Produkt oder eine Dienstleistung informieren wollen, und 56 % der Marketingfachleute gaben an, dass Kurzvideos der wichtigste Trend sind, in den sie 2024 vorhaben zu investieren.

Warum sind Kurzvideos aber so beliebt? Wie sich herausstellte, gibt es dafür bestimmte Gründe, von denen einer sogar etwas mit Psychologie zu tun hat. In diesem Artikel schauen wir uns das mal genauer an.

Was sind Kurzvideos?

Kurzvideos sind Videos, die weniger als 60 Sekunden lang sind. Einige Marketingfachleute und Content-Erstellende sind jedoch der Ansicht, dass Kurzvideos bis zu 3 Minuten dauern können. Wenn es nach meiner Meinung ginge, würde ich allerdings die 60-Sekunden-Variante vorziehen.

Ich sage das, weil die Aufmerksamkeitsspanne immer kürzer wird – aber dazu kommen wir gleich.

Auf jeden Fall liefern Kurzvideos Informationen in einem leicht verdaulichen, mundgerechten Format, sodass die Zielgruppe den Inhalt schnell konsumieren und für später speichern kann. Das ist besonders ideal, wenn man unterwegs ist oder sich das Video wiederholt ansehen möchte.

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Warum sind Kurzvideos so beliebt?

Es gibt einige Gründe, warum Kurzvideos bei Verbrauchenden und Marketingfachleuten beliebter denn je sind, und dazu sage ich gleich etwas.

Erstmal möchte ich aber auf den psychologischen Aspekt des Ganzen zu sprechen kommen, denn darum geht es ja vor allem, oder nicht?

Die Aufmerksamkeitsspanne der Verbrauchenden schrumpft

Die Wissenschaft behauptet, dass einer der Hauptgründe für die Beliebtheit von Kurzvideos darin liegt, dass unsere Aufmerksamkeitsspanne sich immer mehr verringert.

Die Psychologin Dr. Gloria Mark hat kürzlich ein Buch mit dem Titel „Attention Span: A Groundbreaking Way to Restore Balance, Happiness, and Productivity“ herausgebracht, worin sie feststellt, dass gemäß ihren Forschungsergebnissen, die Aufmerksamkeitsspanne der Menschen in den letzten 20 Jahren deutlich abgenommen hat.

Dr. Mark sprach darüber in Speaking of Psychology, einem Podcast der American Psychological Association.

Ihre Erkenntnisse stammen aus einem jahrzehntelangen Experiment, an dem sie beteiligt war und bei dem die Teilnehmenden zu Beginn beobachtet und ihre Aktivitäten per Stoppuhren verfolgt wurden.

„Wir haben die Anfangs- und Endzeit festgehalten“, berichtet sie.

Dann fährt sie fort und erklärt: „Nehmen wir Sie als Beispiel. Sie sitzen am Computer und arbeiten an einem Word-Dokument. Sobald Sie damit beginnen, klicken wir auf Start. Sobald Sie sich abwenden und eine E-Mail lesen, klicken wir auf Stopp für das Word-Dokument und Start für die E-Mail.“

Im Laufe der Zeit wurde die Protokollierung von Ergebnissen im Zuge des technischen Fortschritts immer ausgefeilter, wodurch das Muster der schrumpfenden Aufmerksamkeitsspanne noch klarer zum Ausdruck kam.

„Bereits 2004 stellten wir fest, dass die Aufmerksamkeitsspanne für etwas auf dem Bildschirm bei durchschnittlich zweieinhalb Minuten lag“, erinnert sich Dr. Mark im Gespräch. „Im Laufe der Jahre wurde diese Spanne dann immer kürzer. Um 2012 herum konnten wir sehen, dass sie sich auf 75 Sekunden verringert hatte.“

Laut Dr. Mark nahm sie mit der Zeit immer weiter ab.

„In den letzten fünf, sechs Jahren haben wir festgestellt, dass sie im Durchschnitt nur noch etwa 47 Sekunden beträgt – und andere Experten und Expertinnen haben dieses Ergebnis ebenfalls bestätigt. Es scheint also recht zutreffend zu sein“, fügt sie hinzu.

Dieser Trend der schwindenden Aufmerksamkeitsspanne wirkt sich darauf aus, wie wir Inhalte konsumieren. Ich spreche nicht nur von Social-Media-Videos – sondern auch von Fernseh- und Filmaufnahmen, die laut Dr. Mark ebenfalls immer kürzer werden.

„Diese waren anfangs wesentlich länger. Jetzt beträgt die durchschnittliche Dauer einer Einstellung nicht mehr als etwa vier Sekunden“, sagt sie. „Wenn man sich MTV-Musikvideos ansieht, sind sie sogar noch viel kürzer und nur ein paar Sekunden lang. Wir haben uns also an sehr schnelle Einstellungen gewöhnt, wenn wir fernsehen oder ins Kino gehen.“

Dr. Mark sagt während des Interviews, dass es dabei so ist, wie mit dem Huhn und dem Ei – denn man kann nicht sagen, welcher Faktor zuerst da war oder den anderen beeinflusste.

Tatsache ist jedoch, dass wir uns immer mehr an kürzere Inhalte gewöhnen. Das wiederum wirkt sich auf die Art des Contents aus, den wir konsumieren, und auf die Inhalte, die erstellt werden.

Studien haben ergeben, dass die meisten Verbrauchenden sich ein Video nur dann komplett ansehen, wenn es weniger als 60 Sekunden lang ist. Außerdem fördern Apps wie TikTok, YouTube Shorts und Instagram Reels, die den Nutzenden Kurzvideos in einem unendlichen Scroll-Format anbieten, diesen Trend.

Darüber hinaus gaben in unserem Marketing Trends Report 2024 fast ein Drittel der Marketingprofis an, dass ihr Unternehmen kurze Videoinhalte nutzt, und 53 % sagten, dass sie vorhaben, ihre Investitionen in diesen Content-Typ noch innerhalb des Jahres zu erhöhen.

Dies ist sinnvoll, da die meisten Marketingfachleute in unserer Umfrage bestätigten, dass Kurzvideos im vorangegangenen Jahr den höchsten ROI erzielten.

Für den Fall, dass Sie neugierig sind, hier noch ein paar weitere Gründe, warum viele von uns von Kurzvideos begeistert sind.

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Kurzvideos sind kosteneffizient und einfacher zu erstellen als Videos in langer Form

Bei längeren Videos müssen sich Marketingteams und Content-Erstellende besonders anstrengen, um ihr Publikum bei der Stange zu halten. Das bedeutet, dass sie die Inhalte durch dynamische Aufnahmen, stimmungsvolle Musik und ein langes, aber überzeugendes Skript verstärken müssen.

All das kostet aber mehr Zeit, Mühe und (vor allem) Geld.

Kurzvideos hingegen kommen schneller auf den Punkt und benötigen oft weniger Drumherum, um effektiv zu sein.

Der deutsche TikTok-Account der Sprachlernplattform Duolingo beispielsweise hat über 783 Tausend Followerinnen und Follower (Stand August 2024) und ist aufgrund seiner kurzen, witzigen und leicht abgedrehten Videos einer der bekanntesten Accounts der App.

Das beliebteste Duolingo-Video wurde 15,6 Millionen Mal (Stand August 2024) aufgerufen und ist dabei sehr simpel.

Es zeigt die Duolingo-Plüscheule, die mit dem niederländischen Musiker und Rapper Joost Klein zu dem Song „The Real EV Winner“ tanzt. Der Untertitel des Videos lautet „Hmmm, ich finde @joost lecker 🇪🇺 #eurovision #eurovision2024 #joostklein“. Das Video an sich ist nur 16 Sekunden lang.

Das Video wurde eindeutig mit einem Smartphone aufgenommen, ganz ohne ausgefallene Einstellungen oder Beleuchtung. Absolut simpel, absolut billig und doch absolut wirksam.

Kurzvideos liefern wichtige Informationen in kürzester Zeit

Laut einer aktuellen Adobe-Umfrage nutzen 2 von 5 US-Amerikanerinnen bzw. US-Amerikanern TikTok als Suchmaschine und bei der Gen Z vertraut fast 1 von 10 Personen eher TikTok als Google bei der Suche.

Ich ertappe mich sogar dabei, dass ich TikTok dazu benutze, neue Rezepte zu entdecken oder herauszufinden, wie man einen Maxirock aus Jeansstoff aufstylen kann (der Trick ist, mit verschiedenen Lagen und Silhouetten zu experimentieren).

Bei all den Dingen wie Arbeit, Familie, Hobbys und Erholung wird Zeit zu etwas Kostbarem und Kurzvideos ermöglichen es uns, die benötigten Informationen in weniger als einer Minute zu erhalten. Wem gefällt das nicht?

Man kann Kurzvideos sich fast jederzeit und überall ansehen

Sie sitzen gelangweilt im Zug auf dem Weg in die Innenstadt? TikTok schafft Abhilfe. Sie müssen zwischen Kursen oder Terminen etwas Zeit totschlagen? Schauen Sie sich einfach ein paar YouTube Shorts oder Instagram Reels auf Ihrem Handy an.

Möchten Sie Ihre 5-Minuten-Pause zwischen den Meetings nutzen, um herauszufinden, warum alle über die neueste JLo-Doku sprechen? Da sind wir wieder bei TikTok.

Kurzvideos lassen sich fast überall und jederzeit vom Smartphone aus aufrufen.

Das ist nicht nur für die Verbrauchenden praktisch, sondern hilft auch den Marketingleuten. Sie können ihre Inhalte auf verschiedenen Plattformen wiederverwenden, weil sie wissen, dass sich das irgendwer irgendwo irgendwann bestimmt ansieht.

Fazit: Kurzvideos sind hier um zu bleiben

Kurzvideos begeistern aus ganz unterschiedlichen Gründen.

Einige davon sind etwas besorgniserregender als andere (mal ernsthaft, warum ist unsere Aufmerksamkeitsspanne so kurz?), aber unabhängig davon bleibt die Tatsache dieselbe: Kurzformate werden in nächster Zeit nicht so schnell verschwinden. Deshalb empfehle ich Ihnen Kurzvideos auf kurz oder lang in Ihr Repertoire und Video-Marketing mit aufzunehmen.

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Titelbild: HubSpot

Themen: Video-Marketing

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