Das Thema Künstliche Intelligenz wurde zuletzt vor allem durch generative KI-Modelle wie ChatGPT populär. Dabei ist Machine Learning bereits deutlich länger ein Teilgebiet von KI. In diesem Artikel erfahren Sie, wieso Machine Learning die Definition von KI verändert hat und wie maschinelles Lernen funktioniert.
Was ist Machine Learning?
Machine Learning ist ein Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz, bei der ein Modell die Fähigkeit erhält, aus Daten zu lernen, ohne dass es explizit darauf programmiert wurde. Das maschinelle Lernen verwendet hierzu Algorithmen und Statistiken, mit denen Muster und Inferenzen aus Daten ersichtlich werden, um im Anschluss eigenständig Aufgaben zu lösen.
Durch maschinelles Lernen ist Künstliche Intelligenz in der Lage, sich an neue Situationen anzupassen und komplexe Aufgaben zu bewältigen. Vor allem in der jüngsten Vergangenheit hat das die Art und Weise, wie KI-Systeme entwickelt und implementiert werden, revolutioniert. Daneben sind durch das wachsende Interesse an Machine Learning auch Jobs entstanden, wie beispielsweise der des Prompt Engineers.
Deep Learning vs. Machine Learning
Auch der Begriff „Deep Learning“ fällt gern im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz und Machine Learning. Verständlich, denn hierbei handelt es sich um ein wichtiges Bindeglied: Das Deep Learning gehört zum Machine Learning und wird oft als Weiterentwicklung des maschinellen Lernens bezeichnet.
Beim Deep Learning kommen große Mengen an Daten (Big Data) zum Einsatz, die über sogenannte künstliche neuronale Netze (KNN) verarbeitet werden. Die Algorithmen des Deep Learning arbeiten deutlich ausgefeilter als beim „normalen“ Machine Learning. Sie benötigen beispielsweise weniger menschlichen Input, da sich die Algorithmen eigenständig weiterentwickeln, um mit den gewaltigen, oft unstrukturierten Datenmengen umgehen zu können.
Beim Thema Machine Learning vs. Deep Learning sind auch die Rechenanforderungen zu beachten: Ein Machine-Learning-Model funktioniert auf herkömmlichen Computern ohne spezielle Hardware, während die Komplexität der neuronalen Netze sowie große Datenmengen im Deep Learning spezielle Hardware, Prozessoren und Grafikkarten erfordert.
Wie funktioniert Machine Learning?
Das Machine Learning funktioniert ähnlich wie in der Schule: Eine lehrende Person gibt Schülerinnen und Schülern ein paar Aufgaben, wodurch sie ihren Wissensschatz vergrößeren und zugleich Zusammenhänge besser verstehen.
Die Lehrkraft ist in diesem Fall ein Mensch (oder auch mehrere), der den Schüler – den Machine-Learning-Algorithmus – trainiert. Hierfür erhält der Algorithmus einen speziell vorbereiteten Datensatz, in dem er nach Mustern, Strukturen und/oder Abhängigkeiten sucht. Durch das ständige Training wird der Algorithmus kontinuierlich besser – er lernt.
Damit ein Algorithmus das erledigt, was er soll, braucht es einen mehrstufigen Prozess. Der sieht im Idealfall so aus:
Schritt 1: Zieldefinition
Das Entwicklungsteam legt genau fest, was der Algorithmus können soll und muss. Ebenso muss das Team erörtern, nach welchem Modell das Machine Learning erfolgen soll.
Schritt 2: Datensammlung
Das Team sammelt relevante Daten, mit denen der Algorithmus trainiert werden soll.
Schritt 3: Lernprozess
Der Schüler oder die Schülerin lernt anhand der Vorgaben der Lehrkraft: Der Algorithmus geht dabei wie vorgegeben vor und steigert sukzessive sein Wissen, indem er beispielsweise Muster immer besser erkennt und bessere Annahmen über Wahrscheinlichkeiten trifft.
Schritt 4: Auswertung
Das Team überprüft die Ergebnisse: Arbeitet der Algorithmus wie erwünscht? Führen seine Ergebnisse zu den gewünschten Zielen? Oder muss nachgebessert werden?
Schritt 5: Anwendung
Sind alle Ergebnisse zufriedenstellend, kommt die Software in der Praxis zum Einsatz.
Hinweis: Wie so oft in der modernen, agilen Welt ist auch der hier beschriebene Prozess keine einmalige Tätigkeit mit einem festen Ende. Beim maschinellen Lernen geht es darum, den Algorithmus fortwährend zu verbessern, indem man den Programmcode optimiert und den Input anpasst.
Machine Learning: Alle Arten im Überblick
Es gibt nicht DEN Algorithmus für maschinelles Lernen. Je nach Einsatzgebiet und Anwendungsfall sieht der Programmcode anders aus. Gleiches gilt für die Art des Lernens. Die Wissenschaft unterscheidet dabei grob diese zwei Machine Learning-Arten:
- Supervised Learning (überwachtes Lernen)
- Unsupervised Learning (unüberwachtes Lernen)
Die verschiedenen Abstufungen beschreiben, wie sehr die Lehrkraft beziehungsweise der Trainer oder die Trainerin des Algorithmus beim Lernvorgang – dem Modell-Training – eingreifen muss.
Supervised Machine Learning
Beim Supervised Learning (deutsch: überwachtes Lernen) erhält der Algorithmus einen Datensatz zum Trainieren, der sowohl Eingabevariablen als auch zugehörige Ausgaben in Form von Labels enthält. Typische Anwendungsbeispiele für überwachtes maschinelles Lernen sind:
- Klassifikation: „Ist das eine Katze: ja/nein?“ Durch die recht konkreten Vorgaben in den Trainingsdaten kann die Software eine klare Antwort geben.
- Regression: „Wie viel wiegt eine Katze?“ Durch Eingabedaten wie Größe und Rasse der Katze kann ein Wert in einem kontinuierlichen Bereich geschätzt werden.
Das Supervised Learning unterteilt sich in mehrere Unterkategorien: Es gibt das Semi-Supervised Learning (teilüberwachtes Lernen), das Reinforcement Learning (bestärkendes Lernen) und das Active Learning (aktives Lernen). Beim letzten Modell darf der Algorithmus einen Teil der Antworten erfragen, beim bestärkenden Lernen wird er durch ein Feedback- und Belohnungssystem besser.
Unsupervised Machine Learning
Beim unüberwachten Lernen erhält der Algorithmus zwar einen Datensatz, aber keine Ziele. Er muss in diesem Fall selbst Ähnlichkeiten und Unterschiede herausfinden und Clustern zuordnen. Derart unterscheidet er beispielsweise eigenständig zwischen Hunden, Katzen, Zebras, Fischen und Affen.
Das hat den Vorteil, dass Data Scientists keine gelabelten Daten benötigen, wodurch allerdings auch die Genauigkeit in der Qualitätsbeurteilung leidet. Anwendungsfälle für unüberwachtes maschinelles Lernen sind zum Beispiel:
- Clustering: Wie viele Zielgruppensegmente können wir in dem Datensatz von Kundinnen und Kunden identifizieren?
- Dimensionsreduktion: Wie können wir komplexe Daten der Zielgruppen in eine einfache Form bringen, aus der die wichtigsten Unterschiede hervorgehen?
- Anomalie Erkennung: Gibt es in unserem Datensatz der Zielgruppen bestimmte Segmente, die ungewöhnlich oder anders sind als die anderen Datenpunkte?
Machine Learning: 9 Anwendungsfälle
Als eines der ältesten Teilgebiete der Künstlichen Intelligenz lassen sich für Machine Learning Anwendungsbeispiele aus zahlreichen Branchen und Bereichen finden:
1. Wetterprognosen
Mit Machine Learning und Deep Learning werden Wetterprognosen deutlich präziser. Das ist besonders wichtig, wenn es um die Vorhersagen von Stürmen oder Hitzewellen geht.
2. Medizinische Diagnostik
Die Analyse von Bildern wird in der Medizin genutzt, um beispielsweise Hautkrebs oder eine COVID-19-Erkrankung der Lunge automatisiert zu erkennen. Der „smarte Doktor“ oder die „smarte Doktorin“ unterstützt damit echte Ärzte und Ärztinnen bei der Diagnose von Krankheiten.
3. Customer Relationship Management
Moderne CRM-Systeme unterteilen einen großen Satz an Kundendaten automatisch in Kundensegmente und finden Up- sowie Cross-Selling-Potenziale für die jeweilige Kundschaft.
4. Personalisierte Vorschläge
Amazon empfiehlt seiner Kundschaft passende Produkte anhand der Kauf- und Suchhistorie. Ähnlich sieht es mit den Filmvorschlägen bei Netflix aus: Machine Learning dient hier dazu, die Konsumgewohnheiten der Kundschaft genauer zu analysieren und Muster zu erkennen.
Und auch auf Social-Media-Plattformen wie Instagram wird mithilfe von Lernalgorithmen der Newsfeed personalisiert, wobei automatisiert unangemessene Inhalte herausgefiltert werden.
5. Predictive Maintenance
Wann muss der Filter der Anlage getauscht werden? Könnte es demnächst zu einem Stillstand der Produktionsanlage wegen eines Fehlers kommen? Bei der vorausschauenden Instandhaltung (Predictive Maintenance) geht es darum, potenzielle Probleme vorab zu finden, um beispielsweise teure Reparaturarbeiten zu vermeiden oder zu verkürzen.
6. Verbrechensbekämpfung
Wo könnte es in nächster Zeit Einbrüche und ähnliche Verbrechen geben? Mithilfe von maschinellem Lernen lassen sich Wahrscheinlichkeiten berechnen. Die Polizei kann so proaktiv handeln, indem sie die Einsatzkräfte in bestimmten Bezirken verstärkt.
7. Internet-Sicherheit
Beim Hacking sowie bei anderen Formen von Cyber-Kriminalität gibt es immer perfidere Methoden, um IT-Systeme anzugreifen, sie zu manipulieren oder um Daten zu stehlen. Das maschinelle Lernen hilft dabei, Angriffe und Betrugsmethoden (beispielsweise Spam-Mails) zu finden.
8. Verkehr und Mobilität
Machine-Learning-Algorithmen tragen dazu bei, den Verkehrsfluss und auch die Verkehrssicherheit zu verbessern. Beispielsweise können durch eine situativ angepasste Ampelschaltung Staus vermieden werden. Und die Auswertung der Sensordaten sorgt in Connected Cars dafür, dass es weniger Unfälle gibt.
9. Energie und Umwelt
Unternehmen nutzen Machine-Learning-Modelle, um Vorhersagen über den Energieverbrauch zu automatisieren und die Energieproduktion zu optimieren. Auch die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards kann durch Software mit maschinellem Lernen überwacht werden.
Fazit: Maschinelles Lernen ist auf dem Vormarsch
Von Customer Relationship Management über Big Data Analytics und Business Intelligence bis hin zur Erschaffung von Artificial Intelligence: Machine Learning ist ein wichtiger Baustein in einer zunehmend digitalen Welt. Die Ergebnisse helfen dabei, Prozesse effizienter zu gestalten, unser Leben einfacher zu machen, neue disruptive Technologien zu erfinden und Menschenleben zu retten.
Wie die Anwendungsfälle von maschinellem Lernen beweisen, handelt es sich hierbei keineswegs um einen vorübergehenden Trend, sondern vielmehr um eine wegweisende Technologie, deren Stellenwert durch weitere Einsatzgebiete zukünftig deutlich wachsen wird.
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