„Dachmarke“, „Einzelmarke“, „Monomarke“, „Unternehmensmarke“, „Submarke, „House of Brands“ und „monolithische Markenarchitektur“: All diese Ausdrücke bezeichnen die Anordnung des Markenportfolios eines Unternehmens. Die Vielfalt der Begrifflichkeiten mag zunächst abschreckend wirken, lässt sich aber auf einige wenige Grundformen der Markenarchitektur zurückführen.
In diesem Artikel erfahren Sie, wie die wichtigsten Modelle der Markenarchitektur aufgebaut sind und welche Vor- und Nachteile sie auszeichnen.
Markenarchitektur: Beispiele für die wichtigsten Modelle
Damit Sie mehr Klarheit im etwas unübersichtlichen Feld der Markenanordnung erhalten, erklären wir die wichtigsten vier Formen anhand von Beispielen.
1. Die Einzelmarke: Das Produkt steht im Vordergrund
Wenn Sie als Unternehmen die Einzelmarkenstrategie (Monomarkenstrategie) verfolgen, entwickeln Sie für jedes Produkt eine eigene Marke. Das Produkt ist somit mehr als ein reines Produkt, denn es ist gleichzeitig auch eine eigene Marke.
Diese Einzelmarke wird in allen Details eigenständig entwickelt: Vom einprägsamen Namen, Logo, dem Signaturdesign bis hin zur Marketingstrategie. Das zugehörige Unternehmen steht bei der Einzelmarkenstrategie unauffällig im Hintergrund und stellt das Produkt als Marke allein in den Vordergrund.
Die bekannte Margarine „Rama“ ist ein gutes Beispiel für eine gelungene Monomarkenstrategie, denn Konsumenten verbinden mit ihr die fast schon sprichwörtliche „Ramafamilie“, die auch den Spruch „Backen ist Liebe“ geprägt hat. Der Markenartikel „Rama“ ist für Konsumenten also in erster Linie mit einem glücklichen Familienleben verknüpft und nicht mit ihrem Hersteller, dem fast unsichtbaren Großkonzern Unilever, der als House of Brands viele Marken führt und mehrere Einzelmarken, aber auch Dachmarken, nebeneinander strategisch einsetzt.
2. Die Dachmarke: Der gute Ruf des Herstellers schafft Vertrauen gegenüber Submarken
Bei der Dachmarkenstrategie versammeln sich starke Submarken (auch Endorsed Brands genannt) unter dem „Dach“ eines renommierten Herstellers. Konsumenten präsentieren sich also immer mindestens zwei Marken, wobei die untergeordnete Marke vom guten Namen der übergeordneten Marke profitieren soll.
Damit unterscheidet sich die Dachmarkenstrategie, auch monolithische Markenarchitektur genannt, deutlich von der Einzelmarkenstrategie, wobei der Hersteller unauffällig bis unsichtbar im Hintergrund bleibt. Die Dachmarke gibt der Submarke quasi einen Vertrauensvorschuss hinsichtlich der positiven Identität der Dachmarke mit auf den Weg. Auftritt und Design der Endorsed Brands sind jedoch eigenständig und charakteristisch.
Die etablierte deutsche Firma Vorwerk beispielsweise schafft als gut eingeführte Dachmarke für ihren Topseller „Thermomix“, wie auch für ihre diversen Staubsaugermodelle der Marke „Kobold“, gute Voraussetzungen dafür, dass die Konsumenten das Qualitätsversprechen der Dachmarke Vorwerk auf die Submarken übertragen.
Eindrucksvoll illustriert diesen Anspruch der charakteristische Vorwerk-Schriftzug in grün oder silber (mit den geschwungenen Ober- und Unterlinien) der sich zusätzlich zum Produktnamen auf jedem Produkt befindet. Die Zusammengehörigkeit der Submarke zur Dachmarke wird zudem durch die Farbgestaltung untermauert.
3. Die Unternehmensmarke: Sie allein bestimmt den Auftritt
Die wohl eindeutigste Art der Markenarchitektur ist die Unternehmensmarke, bei der alle Artikel, die vom Hersteller kommen, den Unternehmensnamen erhalten. Dieser steht als einzige Marke allen Produkten voran und befindet sich damit immer klar und dominant im Vordergrund. Ein charakteristischer Schriftzug, wie zum Beispiel beim Elektronikhersteller Miele aus Gütersloh, sorgt als zentrales Element dafür, dass alle Produkte dem Hersteller eindeutig zugeordnet werden können und so vom guten Ruf der Firma von Anfang an mit profitieren.
Ob es sich bei dem Produkt um eine Waschmaschine, einen Dampfgarer oder einen Herd handelt, spielt bei der Unternehmensmarken-Strategie also eher eine untergeordnete Rolle. So werden beispielsweise auch zugekaufte Marken umgehend neu benannt. Zwar haben die Produkte technische Typenkennzeichnungen, diese sind aber nicht zur Marke aufgebaut, sondern dienen vielmehr als Zuordnungsmerkmale im kaufmännischen und Service-Bereich.
4. Hybride Markenarchitektur im Mosaikstil
Beim genaueren Blick auf die Markenarchitektur fällt auf, dass die allermeisten Markenkonstrukte Mischformen sind, die im Stil eines Mosaiks zusammengefügt ein Hybridsystem ergeben. Häufig stehen hier Einzelmarken neben Dachmarken, die einem gemeinsamen House of Brands angehören.
Der im Getränkemarkt außerordentlich erfolgreiche Mittelständler MBG Premium Brands führt als House of Brands eine Vielzahl an Marken, die er unterschiedlich anordnet. Energydrinks sowie Spirituosen und Eistee sind dabei die bekanntesten Produktkategorien, die ganz unterschiedlich vermarktet werden. Der Topseller effect etwa steht als Einzelmarke für sich, während beispielsweise die Produktfamilie Scavi und Ray zu einer eigenen Dachmarke „herangewachsen“ ist, unter deren Schirm inzwischen eine ganze Palette von Liquids vermarktet wird. Darunter befinden sich Prosecco, Weine, Grappa, Balsamico Essig und auch Olivenölspray in sechs Sorten.
Jede Markenstrategie hat Vorteile und Nachteile
Um die richtige Branding-Strategie für Ihr Unternehmen zu finden, ist es vorteilhaft, die wesentlichen Pros und Cons der einzelnen Markenarchitekturen und ihrer Mischformen zu kennen. Im Folgenden erfahren Sie die wichtigsten Pros und Contras:
-
Vorteil der Einzelmarkenstrategie ist, dass für jede Marke eine unverwechselbare Kontur aufgebaut werden kann, die die Buyer Persona zielgerichtet anspricht. Nachteilig ist der hohe Aufwand für die immer anders und neu gestaltete Markenbildung, die umfangreiche Ressourcen erfordert.
-
Großer Vorteil der Dachmarkenstrategie sind der Vertrauensvorschuss und die Orientierung, die neuen Marken quasi mitgegeben wird. Auch ist das Markenmanagement weniger aufwändig, denn neue Produkte können unter dem positiven Einfluss der Dachmarke etabliert werden. Nachteilig sind vor allem die Einschränkungen, die durch die Dachmarke bei der Gestaltung und der Unternehmenskommunikation dadurch auftreten, dass der Auftritt immer ein gemeinsamer und somit nicht ganz so speziell auf die Zielgruppe zugeschnitten ist.
-
Eine Unternehmensmarke hat den überragenden Vorteil, dass eine Marke für alle Produkte gilt. Unter der existierenden Marke können neue Produkte unkompliziert ins Portfolio integriert werden, was die Unternehmensressourcen schont. Von Nachteil ist es jedoch, dass unter einer einzigen Marke der strategische Zuschnitt auf einen Zielmarkt nicht ganz so fokussiert erfolgen kann, denn die Identität des neuen Produktes wird durch den Markenauftritt vorbestimmt und auf diese Weise limitiert.
-
Hybride Markenarchitekturen haben den nicht zu unterschätzenden Vorteil der Flexibilität. Eine gute Dachmarke kann neuen Marken bei der Entwicklung helfen, starke Submarken aber auch in die Selbstständigkeit einer Einzelmarke „entlassen“. Die so gewonnene Einzelmarke bekommt die Chance, ihre Durchsetzungskraft am Markt frei zu entfalten, ohne durch die Limitierungen der Dachmarke aufgehalten zu werden. Ein Nachteil dieser agilen Markenarchitektur ist jedoch die intensive Führung und Kontrolle, die die unterschiedlichen Marken erfordern, damit sie sich individuell erfolgreich entwickeln können.
Fazit: Wenige Grundformen bilden die Basis der Markenarchitektur
Die Begriffsvielfalt beim Thema Markenarchitektur ist zum Teil schwer nachzuvollziehen, die eigentlichen Basismodelle jedoch sind in Zahl und Form bequem überschaubar. Wenn Sie dabei sind, Ihre individuelle Markenarchitektur neu zu konfigurieren, können Ihnen unsere Pros und Contras der unterschiedlichen Markenstrategien eine wertvolle Orientierung bieten.
Titelbild: monkeybusinessimages / iStock / Getty Images Plus