Marktdurchdringung einfach erklärt

Zukunft des Marketings in EMEA
Fabiana Sbrandolino
Fabiana Sbrandolino

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Wenn Unternehmen wachsen und sie ihre Marktanteile erweitern möchten, kann das auf verschiedene Arten geschehen. Von den vier grundlegenden Wachstumsstrategien ist die Marktdurchdringung die mit dem geringsten Risiko. Was die Marktdurchdringung ist und wie Sie diese Strategie umsetzen können, erfahren Sie in diesem Artikel.

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Die Produkt-Markt-Matrix als Ausgangspunkt der Marktdurchdringung

Die Strategie der Marktdurchdringung stammt aus der Produkt-Markt-Matrix des US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlers Harry Igor Ansoff und ist die am meisten verwendete Wachstumsstrategie für Unternehmen. Die Matrix soll die Entwicklung und Umsetzung von Marketingstrategien erleichtern, indem es unterschiedliche Optionen voneinander abgrenzt und miteinander vergleicht.

In seiner klassischen Form beschreibt die Matrix zwei mal zwei Handlungsfelder – bestehende und neue Produkte sowie bestehende und neue Märkte – aus denen sich vier Grundstrategien ableiten lassen. In seiner aktualisierten Form berücksichtigt das Modell zudem neue Zielgruppen und die Modifikation bestehender Angebote.

 

bestehende Produkte

veränderte Produkte

neue Produkte

bestehender Markt

mehr bestehende Produkte an bestehende Kundinnen und Kunden verkaufen (Marktdurchdringung)

veränderte Produkte an bestehende Kundinnen und Kunden verkaufen

(Produktentwicklung)

neue Produkte an bestehende Kundinnen und Kunden verkaufen (Produktentwicklung)

neues Einzugsgebiet

bestehende Produkte in neuen Einzugsgebieten verkaufen

(Marktentwicklung)

veränderte Produkte in neuen Einzugsgebieten verkaufen

(Diversifikation)

neue Produkte in neuen Einzugsgebieten verkaufen

(Diversifikation)

neue Zielgruppe

bestehende Produkte an neue Zielgruppen verkaufen (Marktentwicklung)

veränderte Produkte an neue Zielgruppen verkaufen

(Diversifikation)

neue Produkte an neue Zielgruppen verkaufen

(Diversifikation)

Ziele der Marktdurchdringung nach Ansoff

Die Strategie der Marktdurchdringung zielt auf ein Wachstum mit etablierten Produkten auf einem bestehenden Markt. Das Unternehmen spricht die wohl etablierte Zielgruppe im aktuellen, geografischen Einzugsgebiet mit Angeboten an, die die Kunden und Kundinnen bereits kennen.

Die Strategie betrachtet den gesamten Markt, den sich ein Unternehmen meist mit anderen Wettbewerbern teilt. Die Zielgruppe für eine Marktdurchdringungsstrategie besteht daher nicht nur aus bereits gewonnenen Kundinnen und Kunden, sondern aus allen potenziellen Käufern auf diesem Markt.

Mit dieser Strategie geht das Unternehmen weder markt- noch produktseitig neue Wege. Dieses geringe Maß an Veränderung ergibt viele verfügbare Informationen und damit ein nur geringes Risiko. Gleichzeitig bietet die Marktdurchdringung die geringsten Wachstumschancen der vier Grundstrategien nach Ansoff.

Marktdurchdringungsstrategien umsetzen

Zu Beginn der strategischen Planung stehen drei Fragen: 

  • Ist die Marktdurchdringung die optimale Strategie für mein Unternehmen?
    Die Antwort ergibt sich aus der Markt- und Konkurrenzsituation sowie dem besonderen Potenzial und den Zielen des Unternehmens.
  • Welche Methoden eignen sich für diese Strategie?
    Durch die Festlegung auf eine konkrete Wachstumsstrategie können sich Unternehmensführung und Marketing für die Maßnahmen entscheiden, die sich dafür am besten eignen. Andere Instrumente stellen Sie hinten an.
  • Welche Maßnahmen eignen sich bestmöglich für mein Unternehmen?
    Es gibt sehr viele Maßnahmen, mit der Sie die Marktdurchdringung fördern können. Nicht alle davon sind für jede Branche und jedes Unternehmen gleichsam geeignet. Wählen Sie jene aus, die zu Ihrer Branche, den Stärken Ihres Unternehmens sowie Ihren Zielgruppen und Zielen am besten passen.

Voraussetzungen: Wann ist Marktdurchdringung die richtige Strategie?

Grundsätzlich gibt es zwei Szenarien, in denen Unternehmen eine Marktdurchdringung anstreben:

Wachstumsmarkt:

Auf einem Wachstumsmarkt erhöht sich das Marktpotenzial und die Zahl der potenziellen Kaufenden. Ein aktuelles Beispiel ist Europa als wichtigster Wachstumsmarkt für Elektroautos – Anbieter streben danach, sich möglichst große Teile dieses wachsenden Kundenkreises zu sichern.

Gesättigter Markt:

Auf einem gesättigten Markt sind alle potenziellen Kaufenden bereits erschlossen. Im Wettbewerb konkurrieren Anbieter mit verschiedenen Mitteln um Marktanteile.

Marktdurchdringung hat gute Chancen auf Wachstumsmärkten. Neue Kundinnen und Kunden sind noch nicht an eine Marke gebunden und lassen sich somit leichter anwerben. Wenn der bestehende Markt wächst, ist die Marktdurchdringung eine stabile und aussichtsreiche Option.

Auf gesättigten Märkten ist die Umsetzung schwieriger: Hier müssen Sie gegebenenfalls Marktanteile zurückerobern, wofür es verschiedene Wege gibt.

Die härteste Herangehensweise ist der Preis. Auf gesättigten Märkten kann das zu Discount-Strategien mit extrem geringen Margen führen, die langfristig oft auch Nebenwirkungen auf die eigenen Lieferketten haben. Andere Hebel bieten Ihnen mehr Freiheit bei der Preisstrategie.

Jeder Faktor, der Ihnen einen Vorteil gegenüber Mitbewerbern verschafft, kann Ihre Marktdurchdringungsstrategie zum Erfolg führen, darunter:

  • eine überlegene Produktqualität

  • ein besserer Technologieeinsatz im Vertrieb

  • kürzere Lieferwege

  • oder ein exklusiver Zugang zur Zielgruppe.

Auf einem gesättigten Markt suchen meist alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach derlei Faktoren. Entsprechend groß ist die Herausforderung, sich wirkungsvoll abzusetzen. Doch gibt es viele Beispiele, wie neue Anbieter mit Marktdurchdringungsstrategien einer behäbigen, unflexiblen Konkurrenz große Marktanteile abnehmen konnten.

Marktforschung und Datenerhebung

Langfristige, strategische Entscheidungen sollten auf einer starken Datenbasis fußen. Dafür stehen Ihnen viele Analyseinstrumente zur Verfügung. Wichtige Bereiche sind das Marktpotenzial und die Marktdynamik.

Ein entscheidender Schritt ist dabei die Analyse der eigenen Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken. Ein etabliertes Instrument dafür ist die SWOT-Analyse. Damit identifizieren Sie Ihr Potenzial für mehr Wachstum und kritische Risiken.

Das Marktpotenzial gibt an, wie viele potenzielle Käuferinnen und Käufer für ein Produkt auf dem Markt vorhanden sind. Damit können Sie die Absatzchancen abschätzen und entscheiden, ob ausreichend Wachstumspotenzial vorhanden ist.

Die Marktdynamik gibt an, wie sich das Marktvolumen entwickelt. Wächst der Markt, bleibt er konstant oder schrumpft er sogar? Weitet er sich auf neue Zielgruppen aus? Steigen oder fallen die Preise? Die Analyse der Marktdynamik liefert Aussagen zu wichtigen Trends. Die frühe Anknüpfung an neue Entwicklungen und das Besetzen neuer Nischen, Werte und Begriffe kann entscheidende Wettbewerbsvorteile liefern und die Marktdurchdringung erleichtern. 

Einer der wichtigsten Schritte ist die Konkurrenzanalyse. Nur wenn Sie die Stärken und Schwächen Ihrer Mitbewerberinnen und Mitbewerber genau kennen, können Sie diese auch nutzen, um Marktanteile zu gewinnen. Wird der Markt von zufriedenen, nachlässigen Anbietern beherrscht, ist das ein guter Moment für den entschlossenen Angriff. Droht im Gegenteil ein frischer Mitbewerber, Ihre Kundinnen und Kunden abzuwerben? Dann sollten Sie sich umgehend fit machen, um auf die Bestrebungen zur Marktdurchdringung Ihrer Konkurrenz zu antworten. Auch dafür können Sie die SWOT-Matrix nutzen.

Marketing für Marktdurchdringungsstrategien

Sobald alle Informationen vorliegen, können Sie konkrete Maßnahmen ableiten und Aufgaben definieren. Das Hauptziel dabei ist, Ihre Zielgruppe zu erreichen und mit Informationen zu versorgen, die Ihre Stärken wirksam darstellen. 

Indem Sie potenzielle Kundinnen und Kunden über Vorteile und Nutzen der eigenen Angebote informieren, können Sie sich von Mitbewerbern abgrenzen. Durch Maßnahmen zur Stärkung der eigenen Marke erhöhen Sie generell die Attraktivität und Sichtbarkeit ihres Angebots. 

Ihre Zielgruppe erreichen Sie über zahlreiche Kanäle. Noch vor klassischer Werbung liegt heute bei den meisten Unternehmen der Fokus auf dem Onlinemarketing. Umfragen unter Onlinemarketern zufolge bringen diese Kanäle den höchsten ROI (Return on Investment):

  • E-Mail-Marketing 

  • Social-Media-Marketing

  • Suchmaschinen-Marketing (SEM)

  • Suchmaschinenoptimierung (SEO)

  • Content Marketing

Über E-Mail und Social Media können Sie Ihren bestehenden Kundenstamm ideal erreichen. Die Segmentierung Ihrer Top-Kundschaft und Look-a-like-Audiences ist auch ein sehr effizienter Weg zur Neukundengewinnung. Auch SEM und Content Marketing eignen sich sehr gut zur fokussierten Ansprache von Neukunden und Neukundinnen aus Ihren Zielgruppen, während SEO Ihre Online-Strategie effektiv abrundet.

Erfolgreiche Marktdurchdringungsstrategien im Praxisbeispiel

Marktdurchdringung lässt sich auf sehr unterschiedlichen Wegen erreichen. Die folgenden zwei Beispiele zeigen, was auch bei starker Konkurrenz möglich ist.

Beispiel 1: Under Armour überholt Adidas

Under Armour ist im Jahr 2015 auf dem US-Markt für Sportswear zur Nummer zwei nach Branchenführer Nike aufgestiegen. Damit hatte das Unternehmen erfolgreich Adidas verdrängt – ein exzellentes Beispiel für Marktdurchdringung auf einem gesättigten Markt.

Beobachtende sehen dafür mehrere Schlüsselfaktoren:

  • Fokus auf wenige Hauptbedürfnisse der Zielgruppen

  • strategisch ausgewählte Influencerinnen und Influencer (zum Beispiel zwei NFL-Teams und Schwimm-Star Micheal Phelps)

  • eine im zweiten Anlauf sehr gut abgestimmte Kampagne für die weibliche Käuferschaft

  • gezielter und fokussierter Social-Media-Einsatz

Jeder dieser Punkte setzt ein sehr tiefes Verständnis des Zielgruppen-Mindsets voraus – und hat dazu beigetragen, dass sich Under Armour auf einem gesättigten Markt mit nur unwesentlich modifizierten Produkten sehr erfolgreich gegen die starke Traditionsmarke durchsetzen konnte.

Beispiel 2: Der echte Bäcker

In der Nachbarschaft eines traditionellen Bäckers in Dresden siedelten sich Unternehmerinnen und Unternehmer mit aggressiven Preisstrategien an. Durch die Nutzung industrieller Produktionsmethoden konnten sie den Traditionsanbieter preislich stark unter Druck setzen. Die Handlungsoptionen waren durch die persönlichen Entscheidungen des Unternehmers begrenzt, das

  • den lokalen Bezug schätzte und keine Ausweitung des Einzugsgebiets anstrebte.

  • kein Potenzial im Anwerben neuer Zielgruppen sah.

  • keine Entwicklung neuer Produkte anstrebte, weil es sich bewusst für ihr Image als handwerkliche Bäckerei mit traditionellem, lokal geprägten Sortiment entschied.

Die Lösung war Marktdurchdringung durch intensiven Markenaufbau. Durch den Faktor „authentisches Handwerk besetzte das Unternehmen ein entscheidendes Alleinstellungsmerkmal. Dieses Zielgruppenbedürfnis mussten auch die Mitbewerberinnen und Mitbewerber bedienen – durch ihre Positionierung fiel ihnen das aber wesentlich schwerer.

Fazit: Geringes Risiko mit der Marktdurchdringung

Marktdurchdringung ist eine von vier Strategien der Z-Matrix nach Ansoff. Sie beschreibt ein Wachstum durch höheren Produktabsatz auf einem bestehenden Markt und zeichnet sich durch geringe Veränderungen, ein niedriges Risiko und eher geringe Wachstumschancen aus.

Das höchste Potenzial für Marketerinnen und Marketer besteht auf Wachstumsmärkten – durch den gezielten Einsatz der eigenen Stärken und das tiefe Verständnis der Zielgruppe sind auch auf gesättigten Märkten große Erfolge möglich.

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Titelbild: Jirsak / iStock / Getty Images Plus

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