Offboarding: Der letzte Eindruck zählt

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Fabiana Sbrandolino
Fabiana Sbrandolino

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Fluktuation ist unvermeidbar. Im Personalwesen ist das Onboarding deshalb zu einer wichtigen Disziplin geworden. Jedes größere Unternehmen gestaltet die Ankunft neuer Fachkräfte mit klar geregelten Abläufen und Prozessen. Der Abschied wird dagegen oft vernachlässigt. Dabei ist das Offboarding für das Unternehmen genauso wichtig wie für die scheidenden Mitarbeitenden.

Offboarding: Mann mit Kiste in der Hand verlässt Unternehmen

Erfahren Sie in diesem Artikel mehr über den Offboarding-Prozess und wie Sie ein erfolgreiches Offboarding-Gespräch führen (inkl. Checkliste).

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Mit Offboarding den letzten Eindruck bewusst gestalten

Wenn es zum Abschied kommt, bevorzugen viele Menschen die kurze und schmerzlose Variante. Im Unternehmen sollte es aus verschiedenen Gründen anders aussehen. Beide Seiten haben je nach Situation ein Interesse daran, den Austritt aus dem Arbeitsverhältnis aktiv zu gestalten, nicht zuletzt, weil es meist der letzte Eindruck ist.

Der Austritt von Mitarbeitenden muss technisch sauber, vollständig und rechtssicher ablaufen. Auf der anderen Seite sollte der Abschied emotional stimmig und konfliktfrei sein. Das hat Einfluss auf die Reputation von Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können im Prozess beeinflussen, welches Bild sie im Unternehmen zurücklassen. Das Unternehmen hat beim Offboarding in der Hand, welche Botschaft es scheidenden Angestellten mit auf den Weg geben will. Offboarding ist also auch ein Instrument für Employer Branding.

Der Offboarding-Prozess

Im Offboarding-Prozess gibt es Themen und Aufgaben auf Seiten der Geschäftsführung und der Personalabteilung. Für beide sollten klare Abläufe festgelegt werden.

Schritt 1: Information

Der Prozess beginnt mit der Entscheidung über den Austritt. Diese trifft je nach Anlass und Situation die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter oder die Geschäftsleitung. Die Entscheidung sollte zeitnah der betroffenen Arbeitskraft bzw. der verantwortlichen Führungskraft und der Personalabteilung mitgeteilt werden.

Bei einer Kündigung seitens der Geschäftsleitung sollte diese auch die Abteilung oder das Team informieren. So lassen sich Gerüchte und Unsicherheiten präventiv ausräumen.

Die Personalabteilung startet den formellen Kündigungsprozess. Sie prüft den Arbeitsvertrag und übergibt eine Kündigungsmitteilung. Dazu gehört die Berechnung des letzten Arbeitstags, der Gehaltsansprüche und der verbleibenden Urlaubstage.

Schritt 2: Planung und Organisation

Die Geschäftsführung kümmert sich anschließend um die Planung und Organisation des Abschieds. Sie plant außerdem, wie mit der offenen Stelle verfahren werden soll, und verfasst das Arbeitszeugnis.

Ein besonders wichtiger Schritt ist die geordnete Übergabe wichtiger Ressourcen. Dazu gehören je nach Funktion und Aufgaben zum Beispiel Projektstände und Zwischenergebnisse, Fachwissen, schriftliche und mündliche Absprachen mit Teammitgliedern und Partnern sowie alle geschäftlichen Zugänge und Passwörter.

Das technische Offboarding beinhaltet die Änderung von Zugängen und Passwörtern. Accounts müssen geändert oder deaktiviert, Daten und Dokumente gelöscht oder archiviert werden.

Es liegt in der Verantwortung der Geschäftsleitung, dass der Datenschutz und die Datensicherheit gewährleistet sind. Dabei geht es um Unternehmensdaten und Betriebsgeheimnisse, vor allem aber um Daten von Kundinnen und Kunden, für die das Unternehmen verantwortlich und haftbar ist.

Mitarbeitende, die Kundschaft oder Lieferanten betreuen, sollten den Wechsel persönlich kommunizieren und einen nahtlosen Übergang zur Nachfolge gestalten.

Schritt 3: Abschluss

Schließlich kann es ein Abschlussgespräch mit der Geschäftsführung oder Abteilungsleitung geben sowie das offizielle Austrittsgespräch mit der Personalabteilung. Im Interesse des guten Kontakts und der Netzwerkpflege ist es oft vorteilhaft, auch nach dem Abschied in Kontakt zu bleiben.

Warum ist Offboarding wichtig?

Ein ungeordneter Austritt kann Rechtsstreitigkeiten auslösen und Projekte gefährden. Mit einem gut gestalteten Prozess lassen sich oft Mehraufwand, bittere Gefühle und Rechtsstreitigkeiten vermeiden. So steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Ehemalige sich gern an den früheren Arbeitgebenden erinnern und das Unternehmen vielleicht an wertvolle Fachkräfte weiterempfehlen.

Typische Offboarding-Szenarien

Welcher Aspekt des Offboarding-Prozesses besonders wichtig ist, hängt von der Mitarbeiterfunktion und vom Kündigungsszenario ab.

Fall 1: Mitarbeitende orientieren sich neu

Dieser Fall bedeutet in der Regel, dass das Unternehmen eine Fachkraft verliert, die es gern gehalten hätte. Dabei spielt die Übergabe wichtiger Ressourcen eine große Rolle. Nur so können Projekte und Aufgaben nahtlos an die nächste Person übergeben werden.

Fall 2: Langjährige Mitarbeitende gehen in Rente

Wenn Menschen, die lange tief in das Unternehmen involviert waren, ausscheiden, geht mit ihnen auch ihr Wissen und ihre Erfahrung. Auch in diesem Fall ist die geordnete Übergabe entscheidend. Für das Betriebsklima ist die Würdigung des gemeinsamen Weges durch ein angemessenes Abschiedsgeschenk und eine Abschiedsfeier wichtig.

Fall 3: Kündigung im Konflikt

Wenn eine Kündigung verhaltensbedingt oder personenbedingt erfolgt, kann ein gut gestalteter Offboarding-Prozess einen größeren Imageschaden abwehren. Die Übergabe kritischer Ressourcen kann bei fehlender Kooperation schwierig sein. Durch eingehende Analyse der Trennungsgründe im Offboarding-Gespräch lassen sich zukünftig Konflikte leichter verhindern.

Fall 4: Betriebsbedingte Kündigung

Betriebsbedingte Kündigungen sind für die austretenden Angestellten eine hohe Belastung. Aus sozialer Verantwortung und auch im Sinne des Employer Branding sollten Arbeitgebende die Folgen mit sinnvollen Mitteln abmildern. Dafür eignen sich Instrumente wie Outplacement und Transfermaßnahmen.

Das Offboarding-Gespräch

Für Offboarding-Gespräche gibt es grundsätzlich zwei Varianten:

  1. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlassen das Unternehmen aus eigenem Antrieb.
  2. Eine Kündigung wird betriebsbedingt, verhaltens- oder personenbedingt durch die Geschäftsführung ausgesprochen.

Im ersten Fall ist ein ausführliches Austrittsinterview für das Unternehmen sehr wertvoll. Sie erfahren dabei wichtige Angaben über das Betriebsklima, die Arbeitsbedingungen, die Zusammenarbeit mit dem Team und der Abteilung, einzelnen Mitarbeitenden und Führungskräften. Dafür sollte die Personalabteilung Kriterien als verbindlichen Teil des Gesprächs festlegen.

Im zweiten Fall ist das Hauptziel eine Trennung in möglichst konstruktiven Bahnen. Dabei steht die menschliche und empathische Ebene im Mittelpunkt. Die Versuche der Konfliktlösung können noch einmal nachvollzogen und von beiden Seiten bewertet werden. Die ausscheidende Person sollte in jedem Fall Raum für die eigene Darstellung haben. Ihre Bedürfnisse, Befinden und Perspektiven sind je nach Situation wichtige Gesprächsthemen.

Arbeitszeugnisse und Referenzen für Arbeitgebende

Angestellte haben ein gesetzliches Recht auf ein Arbeitszeugnis. Es kann sinnvoll sein, es zum Offboarding-Gespräch zu übergeben und gemeinsam durchzugehen. So gehen Sie späteren Streitigkeiten aus dem Weg. Ein gründliches, persönlich und gemäß den geltenden Gepflogenheiten ausgeführtes Arbeitszeugnis ist eine einfache Art, Menschen auf ihrem weiteren Weg zu unterstützen.

Auch Arbeitgebende können im Gegenzug um eine Bewertung bitten. Portale wie Kununu dienen vielen Arbeitssuchenden als Orientierung. Zahlreiche gute und ausführliche Bewertungen stärken Ihre Position beim Recruiting von Fachkräften.

Offboarding-Checkliste

Die Zuordnung der folgenden Aufgaben kann je nach Situation und Gepflogenheit im Unternehmen variieren.

Aufgaben der Geschäftsführung

  • Austritt frühzeitig kommunizieren
  • Team bzw. Abteilung einbeziehen
  • geordnete Übergabe von Ressourcen durchführen
  • Übergabe von Kundenaccounts und Lieferanten
  • technisches Offboarding (Zugänge, Berechtigungen, Accounts und Passwörter)
  • abschließendes Mitarbeitergespräch
  • optional: Netzwerken und Kontaktpflege

Aufgaben der Personalabteilung

  • Übergabe des offiziellen Kündigungsschreibens
  • Prüfung des Arbeitsvertrages
  • Berechnung von Gehalt, Urlaubsansprüchen und letztem Arbeitstag
  • Arbeitszeugnis erstellen
  • Vorbereitung und Durchführung des Austrittsgesprächs
  • Planung der Verabschiedung
  • Stelle nachbesetzen

Fazit: Ein guter Abschied muss vorbereitet werden

Das Offboarding ist weit mehr als eine Formalie. Ein guter Offboarding-Prozess hilft, Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, und verschafft dem Unternehmen wichtige Informationen. Eine zentrale Rolle spielt die geordnete Übergabe von Ressourcen für die weitere Bearbeitung von laufenden Aufgaben und Projekten.

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Titelbild: Chalirmpoj Pimpisarn / iStock / Getty Images Plus

Themen: HR

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