Remote Work heißt arbeiten von überall. Sie müssen nicht ins Büro, solange Sie Ihre Arbeit machen. In Deutschland erlebt mobiles Arbeiten vor allem durch die Auswirkungen von COVID-19 einen enormen Aufschwung. Laut einer Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbunds waren im Oktober 2020 bereits etwa 36 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland in mobilen Arbeitsformen tätig.
Mobiles Arbeiten stellt Unternehmen vor Herausforderungen, bietet aber gleichzeitig neue Chancen und Möglichkeiten für die eigene Markenbildung. Wie Remote Work in der Praxis aussieht und wie Sie sich mit Remote-Work-Konzepten als attraktiver Arbeitgeber positionieren, erfahren Sie in diesem Guide.
Was ist Remote Work?
Remote Work ist ein Organisationskonzept für Arbeit, bei dem der Ort der Tätigkeit frei gewählt werden kann. Wörtlich lässt sich der Begriff Remote Work in Deutschland mit „Arbeit von überall aus“ oder „Fernarbeit“ übersetzen.
Remote Work in Deutschland: Kurzlebiger Trend oder neuer Standard?
Remote Work ist gelebte Digitalisierung. Das Konzept verspricht mehr Flexibilität, mehr persönliche Freiheit und die Möglichkeit, früh am Morgen den Wecker bei Bedarf eine halbe Stunde nach hinten zu stellen.
Nicht nur die Nachfrage, sondern auch das Angebot für Remote-Work-Arbeitsplätze wächst rasant. Auf der US-Plattform Flexjobs, die sich seit 2007 auf die Vermittlung von Telearbeitsplätzen, Teilzeitjobs, Jobs mit flexiblen Arbeitszeiten und Freelancer-Jobs spezialisiert, stieg die Zahl solcher Jobangebote von 2005 bis 2017 um 159 Prozent.
Kein Wunder, dass bei immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Wunsch nach anhaltender Fernarbeit entsteht – auch nach COVID-19. Wie das Presseportal berichtet, möchten neun von zehn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Deutschland nach überstandener Pandemie gerne weiter von zuhause aus ihrem Beruf nachgehen oder zumindest die Option dazu haben.
Die Statistiken zeigen, dass dieser Trend schon heute ein Teil unserer neuen Arbeitskultur ist. Gleichzeitig ist diese neue Form des Arbeitens nicht zwingend für jedes Unternehmen günstig und erstrebenswert. Es ist nur eine von diversen Möglichkeiten, Arbeit zu organisieren. Ob das Konzept funktioniert und ob der Nutzen für die Angestellten und das Unternehmen überwiegt, ist abhängig vom Berufsstand, der Position und auch von der Persönlichkeit und den individuellen Vorlieben.
Möchten Sie Remote Work in Ihrem Unternehmen oder in Ihrer Abteilung etablieren, sollten Sie in erster Linie strukturiert an den Prozess herangehen. Es reicht beispielsweise nicht, dem Arbeitnehmer einen Laptop zu kaufen und ihn mit einer To-Do-Liste nach Hause zu schicken. Viel eher ist der Umstieg eine tiefgreifende Veränderung, die gut geplant und zielführend umgesetzt sein will. Schafft ein Unternehmen diesen Schritt, gewinnt es ein starkes Argument beim Thema Recruiting und wird für kostbare Fachkräfte ein wesentlich attraktiverer Arbeitgeber.
Welche Formen von Remote Work gibt es?
Für Remote Work ist in Deutschland der arbeitsrechtliche Begriff „Telearbeit“ eine gute Übersetzung. Remote Work verbindet die Arbeitsweise von Freelancern und Digital Nomads – agil organisierte, projektbasierte und ortsunabhängige Teamarbeit – mit den Vorteilen einer Festanstellung wie Stabilität, Kontinuität, Absicherung und der sozialen und wirtschaftlichen Einbindung in einen Unternehmenskontext.
Die erste Assoziation mit Remote Work in Deutschland ist für die meisten das Home Office. Dabei ist das ist nur ein kleiner Teil der Gestaltungsmöglichkeiten. Die Arbeitsform des Mobile Office beispielsweise geht über Home Office hinaus, weil gar kein fester Arbeitsort vorgegeben ist. Einige Unternehmen, die zu 100 Prozent auf Remote Work setzen, haben sogar gar keinen klassischen Firmensitz mehr. Als Mitarbeiter entscheiden Sie jeden Tag völlig frei, ob Sie in der Küche, im Park oder doch am Schreibtisch arbeiten möchten.
Im Zuge dieses Arbeitsmodells ist es beispielsweise auch denkbar, dass flexible Arbeitszeiten eingerichtet werden, die über eine schlichte Gleitzeit hinausgehen. Immer vorausgesetzt, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bereit sind, ihren Angestellten dieses Vertrauen entgegenzubringen.
Remote Work und Employer Branding: Vor- und Nachteile von Remote Work-Konzepten
Kein Konzept hat nur Vorteile. Gerade beim Thema Remote Work scheiden sich die Geister, wie aktuelle Erhebungen belegen. So klagen beispielsweise 38 Prozent der befragten Homeoffice-Arbeitenden darüber, nach getaner Arbeit nicht abschalten zu können.
Bei den stationär im Büro Arbeitenden hingegen haben dieses Problem nur 25 Prozent. Es ist für alle Seiten wichtig, diese Fragen von Anfang an im Blick zu haben. So können Sie Problematiken rechtzeitig erkennen, Lösungen anbieten und einen guten Rahmen für angenehmes und produktives Arbeiten gestalten.
Vorteile für Ihre Angestellten
Die Vorteile von Remote Work für Angestellte sind eindeutig:
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zeitlich und räumlich mehr persönliche Gestaltungsfreiheit,
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höhere Flexibilität für die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie,
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weder Zeitaufwand noch Kosten für den Arbeitsweg und
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Haustiere müssen während der Arbeit nicht alleine bleiben.
Herausforderung für Ihre Angestellten
Doch die Umsetzung von Fernarbeit birgt auch einige Herausforderungen:
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Sie erfordert ein hohes Maß an Selbstkontrolle und Selbstorganisation, um Produktionseinbrüchen, aber auch einem Burnout durch Überlastung vorzubeugen.
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Es besteht die Gefahr sozialer Isolation durch das Fehlen von Bürokultur, Kontakten mit Kolleginnen und Kollegen, zwanglosem Austausch und dem Aufbau eines Teamgefühls.
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Einige Menschen vermissen den Rahmen, der dem Arbeitstag und damit auch dem Privatleben eine klare Struktur gibt.
Vorteile für das Unternehmen
Lange Zeit sind die Vorteile von Remote Work in Deutschland für Unternehmen nur wenig beleuchtet worden. Das hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Diese Punkte gelten als wichtigste Vorteile:
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Wenn eine Fachkraft überall arbeiten kann, dann kann ein Unternehmen auch überall suchen und einstellen. Gleichzeitig verhilft Remote Work als mögliche Option einem Arbeitgeber zu mehr Attraktivität.
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Ressourcen und laufende Kosten können durch den Abbau interner Infrastruktur gespart werden.
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Sie dürfen mit einer höheren Produktivität durch mehr Flexibilität rechnen.
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Teams sind durch die freie Ortswahl motivierter und es kann eine starke Bindung zwischen Angestellten und Unternehmen entstehen.
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Sie vermeiden Kosten, Zeitverluste und Umweltbelastung durch lange Arbeitswege.
Herausforderungen für das Unternehmen
Dennoch sollten Unternehmen die Anforderungen nicht unterschätzen, die Remote Work an Arbeitgeber stellt. Diese Punkte können eine wichtige Rolle spielen:
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weniger Möglichkeiten für Führung, Begleitung und Kontrolle von Mitarbeitenden
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deutlich mehr Kommunikationsaufwand und höhere Anforderungen an die Strukturen und die Qualität der Kommunikation im Unternehmen
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hohe Technik-Abhängigkeit und dadurch bedingt ein erhöhtes Ausfall-Risiko
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unklare Haftungs- und Versicherungsrisiken bei dauerhafter Vermischung von beruflichen und privaten Lebensbereichen
Körperliche Anwesenheit ist manchmal unverzichtbar
Menschen sind soziale Wesen. Der regelmäßige Austausch mit Kolleginnen und Kollegen fördert den Zusammenhalt innerhalb des Unternehmens und ist digital nur schwer nachahmbar. Neben dem Wissenstransfer und Kompetenzaufbau ist die körperliche Anwesenheit besonders für abstimmungsintensive Prozesse im Team sehr hilfreich.
Umso mehr gilt das für die Kommunikation: Wenn Sie ein Team leiten oder Mitarbeitergespräche führen, kann die persönliche Anwesenheit im Raum entscheidend sein.
Die Umsetzung von Remote Work in Ihrem Unternehmen
Unabhängig davon, ob Sie bereits mit der praktischen Umsetzung von Remote Work begonnen haben, oder erst am Anfang stehen. Mit der richtigen Planung und den nötigen Ressourcen können Sie Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Arbeitsform problemlos anbieten. Davor sollten jedoch noch einige grundlegende Voraussetzungen erfüllt sein.
1. Klar definierte Abläufe und Strukturen entwickeln
Als Geschäftsführerin, Manager oder auch als Selbstständiger sollten Sie sich bewusst machen: Mit dem Übergang von Präsenzarbeit zu Remote Work greifen Sie in Prozesse und Abläufe ein, von denen die meisten intuitiv gewachsen sind, unsichtbar funktionieren und nicht einmal einen Namen haben. Bevor Sie diese eingespielten Grundlagen verändern, sollten neue Strukturen und Regeln fertig entwickelt sein und ein Konzept für ihre Einführung bereitstehen.
Dazu können Sie sich folgende Fragen stellen: Wer sind die beteiligten Personen, Gruppen und Bereiche? Was sind ihre Ziele, Umstände, Erwartungen und Wünsche? Welche Hürden gibt es und welche Probleme könnten auftreten? Im besten Fall erarbeiten Sie bereits im Vorhinein mögliche Lösungsansätze für diese.
2. Monitoring und Feedbackkultur
Die Einführungs- und Erprobungsphase sollte möglichst flexibel sein, damit Sie sukzessive auf mögliche Startschwierigkeiten reagieren können. Denkbar wäre beispielsweise eine Regelung, bei der Ihre Angestellten zunächst drei Tage die Woche im Büro und zwei im Homeoffice verbringen. Diese Verteilung wird dann Schritt für Schritt zugunsten von Remote Work verändert.
Um diesen Übergangsprozess möglichst reibungslos zu gestalten sollten Sie diesen intensiv beobachten, regelmäßig Gespräche führen und eine starke Feedbackkultur pflegen. Diese Feedbackkultur dürfen Sie selbst, wenn sie einmal bestanden hat, beim Übergang zu Remote Work nicht mehr für selbstverständlich nehmen, weil die Begegnungen im Flur und an der Kaffeemaschine jetzt fehlen und noch kein Ersatz da ist.
Wer als Führungskraft nicht aktiv nachfragt und eine offene Atmosphäre für ehrliche Antworten herstellt, erfährt erst spät von strukturellen Schwächen.
Die wichtigsten Remote-Work-Tools
Für die praktische Umsetzung sollte natürlich auch die technische Infrastruktur Ihres Unternehmens an die Anforderungen von Remote Work angepasst werden. Dabei sollten Sie folgende Punkte beachten:
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Grundlage für das digitale Arbeiten ist eine leistungsfähige und sichere Vernetzung. Viele Unternehmen nutzen dafür unter anderem VPN-Clients, doch es gibt auch andere Möglichkeiten. Die Datensicherheit sollte vollumfänglich gewährleistet sein, um Datenverluste und Haftungsrisiken zu vermeiden.
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Stellen Sie Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die benötige Hardware für das mobile Arbeiten selbst zur Verfügung. Richtet Ihr Unternehmen die verwendeten Endgeräte eigenständig ein, können Sie den Datenschutz garantieren.
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Setzen Sie auf leistungsfähige Software für den Datenaustausch beim kollaborativen Arbeiten. Clouddienste wie Google Drive, Nextcloud oder Dropbox eignen sich, um gemeinsam in Echtzeit an Projekten zu arbeiten.
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Etablieren Sie unterschiedliche Kommunikationskanäle für verschiedene Ansprüche. Für den schnellen internen Austausch eignet sich ein Chatprogramm wie Slack, während mit Kundinnen und Kunden sowie über wichtige Interna per E-Mail kommuniziert wird. Gibt es ein dringendes Anliegen, führt der Weg über das Telefon. Per Videokonferenzsoftware wie Zoom führen Sie standardmäßig Meetings durch. Für klare Abläufe sollten Sie Doppelstrukturen vermeiden und klar festlegen, welcher Kanal für welchen Zweck und Anlass zu nutzen ist.
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Schließlich können Sie je nach Bedarf Lösungen einsetzen, die exakt auf die Workflows bei Softwareentwicklung, Grafikdesign, Übersetzung oder anderen Spezialgebieten zugeschnitten sind.
Auch erfolgsentscheidend und in ihrer Bedeutung gern unterschätzt: Eine geeignete digitale Projektmanagement-Lösung wie zum Beispiel MS Project, Easy Redmine oder Trello, um die Durchführung komplexer Aufgaben und Projekte mit großen Teams aktiv zu kontrollieren.
Solche Plattformen haben viele wichtige Funktionen bereits integriert und können damit oft eine Reihe von Einzellösungen ersetzen. Dieser Punkt gewinnt mit Remote Work dramatisch an Bedeutung, weil eingeschliffene Organisationsroutinen auf Entfernung plötzlich nicht mehr greifen.
Die Vielfalt der Tools und Plattformen ist enorm und es ist schwierig, eine Auswahl zu treffen. Im Zweifelsfall setzen Sie rechtzeitig auf die Begleitung durch einen erfahrenen Change-Manager mit Erfahrungen im Bereich Remote-Work-Einführung, Team-Kommunikation und agilem Projektmanagement.
Fazit: Remote Work ist das Arbeitsmodell der Zukunft
Remote Work wird klassische Arbeitsformen vielleicht nie ganz verdrängen. Dennoch zeigen jüngste Entwicklungen, dass die Arbeitsform bereits in vielen Branchen zum Standard gehört. Die Nachfrage ist groß und eine Remote-Work-Option ist ein starkes Argument, um ein Unternehmen als Arbeitgeber attraktiver zu machen und die Mitarbeiterbindung zu stärken.
Das Modell birgt allerdings nicht nur Chancen, sondern auch Risiken. Wenn Sie ein Remote-Work-Konzept erfolgreich einführen möchten, benötigen Sie neben den passenden Tools und einer sicheren, technischen Infrastruktur vor allem ein gut durchdachtes Konzept.
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