Es gibt viele Gründe, eine Arbeitsstelle zu wechseln und sich nach neuen Arbeitgebenden umzusehen. Doch was können Sie tun, wenn der letzte Chef oder die letzte Chefin ein schlechtes Arbeitszeugnis ausgestellt hat? In diesem Beitrag erklären wir, woran Sie ein schlechtes Arbeitszeugnis erkennen und was Sie konkret dagegen tun können.
Darf der Arbeitgeber ein schlechtes Arbeitszeugnis ausstellen?
Laut Urteil des Bundesarbeitsgerichts darf der Arbeitgeber auch schlechte Arbeitszeugnisse ausstellen, solange diese mindestens die Note „Befriedigend“ erhalten. Möchte der Arbeitgeber eine schlechtere Note vergeben, muss er dies begründen.
Darüber hinaus muss das Arbeitszeugnis wahrheitsgemäß formuliert sein. Falls Sie inhaltliche Fehler zu Ihrer Tätigkeit oder Arbeitsleistung feststellen, haben Sie das Recht auf eine Korrektur. Umgekehrt darf Ihr Arbeitgeber Sie nicht übermäßig loben, wenn Ihre Leistung nur durchwachsen war.
Jeder und jede Beschäftigte hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, wenn seine oder ihre Tätigkeit im Unternehmen endet. Ärgerlich ist nur, wenn das Zeugnis schlechter ausfällt als erwartet. Ein negatives Arbeitszeugnis kann die weitere Jobsuche erheblich erschweren und unangenehme Fragen im Vorstellungsgespräch aufwerfen.
Woran erkennt man ein schlechtes Arbeitszeugnis?
Ein schlechtes Arbeitszeugnis erkennen Sie an typischen Hinweisen: oberflächliche Formulierungen, Widersprüche und auffällig viele Passivsätze. Auch die Länge des Arbeitszeugnisses ist wichtig. Schlechte Zeugnisse sind relativ kurz, was daran liegen kann, dass bestimmte Bewertungskriterien fehlen. Achten Sie zudem auf Begriffe wie „im Allgemeinen“, „bemühte sich“ oder „mit Interesse“.
Sätze wie „Mitarbeiter X war ständig unkonzentriert“ sind nicht zulässig und müssen umschrieben werden. Das kann es schwierig machen, ein schlechtes Arbeitszeugnis allein anhand der Formulierungen zu erkennen.
In der Regel geht ein schlechtes Arbeitszeugnis nicht oder nur wenig auf die beruflichen Erfolge und Leistungen der Person ein. Kriterien wie Fachkenntnisse, Arbeitsmotivation, Weiterbildung oder Sozialverhalten werden nur am Rande angeschnitten oder fehlen komplett. Genau diese Leistungsbeurteilung ist für Bewerbungen jedoch wichtig. Prüfen Sie außerdem die Schlussformulierung: Ist diese negativ geschrieben, wertet das ein eigentlich gutes Arbeitszeugnis ab.
Schlechtes Arbeitszeugnis anfechten: Ablauf in 4 Schritten
Ihr Chef oder Ihre Chefin gab Ihnen ein schlechtes Arbeitszeugnis – was nun? Als Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin haben Sie verschiedene Optionen, um gegen diese Bewertung vorzugehen. Die klassischen vier Schritte sind:
1. Um Korrektur bitten
Sprechen Sie mit Ihren Vorgesetzten. Manchmal sind schlechte Formulierungen keine böse Absicht, sondern schlicht Unwissen oder aus der Eile heraus entstanden. Auch das Management tut sich manchmal schwer, auf Anhieb ein schlechtes Arbeitszeugnis zu erkennen. Bitten Sie um eine Korrektur des Arbeitszeugnisses und schlagen Sie positivere Formulierungen vor.
2. Widerspruch einlegen
Sollte sich der Arbeitgeber uneinsichtig zeigen, können Sie im zweiten Schritt einen schriftlichen Widerspruch einlegen. Darin listen Sie die problematischen Textstellen auf und schlagen alternative Formulierungen vor. Setzen Sie zudem eine Korrekturfrist von zwei Wochen. Nach Ablauf der Frist gehen Sie zum nächsten Schritt über.
3. Anwalt einschalten
An diesem Punkt haben Sie persönlich alles getan, was möglich ist. Sollte die Korrektur weiterhin ausstehen, empfiehlt es sich im nächsten Schritt, eine Fachkanzlei für Arbeitsrecht einzuschalten. Diese prüft das Arbeitszeugnis und gibt Auskunft, ob Ihre Zeugnisklage berechtigt ist. Ihre Aufgabe ist es, mit dem Arbeitgebenden eine Einigung zu erzielen.
4. Klage einreichen
Als letzte Maßnahme können Sie das Arbeitszeugnis vor Gericht anfechten. Da dieser Schritt meist für beide Seiten unangenehm und nervenaufreibend ist, sollten Sie dies nur in Betracht ziehen, wenn es unbedingt nötig und berechtigt ist. In diesem Fall reichen Sie eine sogenannte Zeugnisberichtigungsklage vor dem Arbeitsgericht ein.
Darf ich ein schlechtes Arbeitszeugnis in der Bewerbung weglassen?
Das Dilemma mit schlechten Arbeitszeugnissen beginnt bei der anschließenden Jobsuche. Gibt es mehrere Bewerberinnen und Bewerber auf eine Stelle, kann das Arbeitszeugnis ausschlaggebend dafür sein, ob Sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden oder nicht. Lassen Sie ein schlechtes Arbeitszeugnis jedoch nicht einfach weg!
Wird in einer Stellenausschreibung nach vollständigen Bewerbungsunterlagen verlangt, sind damit auch Arbeitszeugnisse – besonders das Letzte – gemeint. Wenn Sie dieses weglassen, müssen Sie damit rechnen, dass Ihre Bewerbung nicht weiter beachtet wird. Spätestens im Vorstellungsgespräch wirft das fehlende Arbeitszeugnis unangenehme Fragen auf und macht keinen besonders guten Eindruck.
Handeln Sie nach dem Prinzip „Ehrlich währt am längsten“, unabhängig davon, wie kurz oder lang Ihre letzte Beschäftigung war. Nachfolgend stellen wir Ihnen zwei Strategien vor, wie Sie in einer Bewerbung mit einem schlechten Zeugnis umgehen:
Strategie 1: Überzeugen Sie mit anderen guten Referenzen
Ein schlechtes Arbeitszeugnis ist zwar ärgerlich, aber längst kein Drama. Schwächen Sie das Zeugnis ab, indem Sie auf positive Referenzen verweisen. Das kann ein älteres qualifiziertes Arbeitszeugnis oder Zwischenzeugnis, eine Urkunden oder auch erfolgreiche Projekte bei früheren Arbeitgebern sein.
Strategie 2: Erklären Sie das schlechte Zeugnis
Falls das Zeugnis zur Sprache kommt, empfiehlt es sich, mit offenen Karten zu spielen. Reden Sie auf keinen Fall schlecht über Ihren letzten Arbeitgebenden, sondern erklären Sie beispielsweise, dass Sie von Ihrem Aufgabengebiet andere Vorstellungen hatten als Ihre Abteilungsleitung.
Tipp: Spielen Sie keine Ahnungslosigkeit vor, wenn Sie auf das Arbeitszeugnis angesprochen werden. Die Behauptung, Sie hätten nicht gewusst, dass das Zeugnis negativ ist, wirkt wenig überzeugend, selbst wenn Sie Ihr bestes Pokerface aufsetzen. Erfahrene Personalerinnen und Personaler merken solche Bluffs sehr schnell – und damit ist die Bewerbung gelaufen.
Fazit: Ein schlechtes Arbeitszeugnis ist kein Weltuntergang
Machen Sie sich bewusst, dass ein negatives Arbeitszeugnis in vielen Fällen auf Unwissen fußt oder auch einfach nur ohne die nötige Sorgfalt verfasst wurde. Wenn Sie ein besseres Zeugnis wünschen, sollten Sie zunächst um ein Gespräch bitten und Ihre Korrekturwünsche darlegen.
Oft reicht ein mündlicher oder schriftlicher Widerspruch aus, um das Problem zu lösen. Zeigt sich Ihr Betrieb uneinsichtig, können Sie sich entweder juristische Hilfe holen oder das Beste aus der Situation machen.
Das heißt: Bleiben Sie souverän und spielen Sie mit offenen Karten. Ein schlechtes Arbeitszeugnis ist sicherlich nicht ideal, um sich zu bewerben, aber auch kein berufliches Todesurteil, über das Sie sich den Kopf zerbrechen müssen.
Titelbild: Romain Dancre / Unsplash