Rund 9.000 Filialen – so groß war Blockbuster Inc. in seiner besten Zeit. Doch dann kam das Jahr 2010: Die weltweit agierende Videotheken-Kette meldete Insolvenz an, es folgte ein massiver Kahlschlag. Neun Jahre später blieb nur noch eine einzige Niederlassung des einstigen Video-Giganten übrig.
Was war da geschehen? Blockbuster Inc. wurde das Opfer einer Disruption. Damit erlitt das Unternehmen das gleiche Schicksal wie Kodak oder Quelle. Der radikale Wandel der Zeit fegte sie hinweg.
Was sind disruptive Technologien?
Unter Disruptionen versteht man in der Regel neue Technologien, welche lange bestehende Prozesse, Strukturen und Industrien schnell in Bedrängnis bringen und ablösen. Hinter einer Disruption steht eine Innovation, die mehr Revolution als Evolution ist.
Disruption: Wer hat es erfunden?
Die Begriffe „Disruption“ und „disruptive Technologien“ gehen auf Clayton M. Christensen zurück. Der verstorbene Harvard-Professor verwendete sie 1997 in seinem Buch „The Innovator’s Dilemma“ (deutscher Untertitel: „Warum etablierte Unternehmen den Wettbewerb um bahnbrechende Innovationen verlieren“).
Evolutionäre und disruptive Technologien
Der Begriff „Innovation“ wird heute fast inflationär verwendet. Jedes neue Auto, jede frisch erschienene App oder jeder Onlineshop erhält den Titel „innovativ“. Bei diesen „normalen“ Innovationen handelt es sich um Produkte, die durch eine Evolution entstanden sind. Der Hersteller beziehungsweise Innovator nahm ein bestehendes Produkt (zum Beispiel Auto) und verbesserte dieses mit Neuerungen. Trotz vieler technischer Spielereien bestehen die Fahrzeuge von heute im Kern immer noch aus den gleichen Komponenten wie vor 100 Jahren – nur eben besser, moderner, effizienter, schneller und kostengünstiger.
Disruptive Technologien basieren in der Regel nicht auf einem bestehenden Konzept, das beispielsweise Start-ups inkrementell (schrittweise) verbessern. Vielmehr handelt es sich um ein komplett neuartiges Produkt, dass auch wirklich neuartig ist. Setzt sich diese disruptive Technologie durch, bricht sie bestehende Strukturen auf, bringt Unternehmen, Branchen und Märkte ins Wanken – und das meist in extrem kurzer Zeit durch ein exponentielles Wachstum.
Disruptive Technologien: Beispiele
Zuerst konnte Blockbuster Inc. auf die Evolution reagieren. Statt VHS-Kassetten bot die Kette später DVDs und Blu-Ray-Discs an. Doch dann kam der Durchbruch des Video-Streamings: iTunes, Netflix, Amazon Prime Video und weitere Anbieter sorgten für eine gänzlich neue Art des Filmvergnügens. Eines, bei dem die Kunden nicht mehr in eine Videothek fahren, sondern die Wunschfilme per Knopfdruck auf ihren Fernseher erhalten.
Die vollkommene Digitalisierung der Video-Distribution, das Video-Streaming, sorgte dafür, dass Videotheken überflüssig wurden und der Markt mit DVDs sowie Blu-Rays einbrach. Ähnliche Probleme kennt die Musikindustrie: Zuerst machte der digitale Vertrieb über Musik-Download-Portale den Labels das Leben schwer, dann folgte das Musik-Streaming.
Heute sägen zahlreiche disruptive Technologien an den Stühlen der etablierten Geschäftsmodelle:
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Produkte wie Print-Nachschlagewerke und Enzyklopädien gehören dank Wikipedia der Vergangenheit an.
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Uber konkurriert mit Taxiunternehmen, Airbnb mit Hotelketten.
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Amazon bringt den Einzelhandel in Bedrängnis, PayPal und Apple Pay dringen ins Business der Banken vor.
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Google Maps ersetzt Faltkarten, Google Earth lässt Atlanten verschwinden.
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Smartphones mit immer besseren Kamerasensoren und Foto-Apps sorgen dafür, dass Digitalkameras wie Blei in den Regalen liegen.
Deutsche Disruptionen
Wenn es um digitale Innovationen geht, sind US-amerikanische und chinesische Unternehmen weit vor den deutschen oder europäischen Mitbewerbern. Doch es gibt auch disruptive Technologien, die das Label „made in Germany“ tragen. Manche davon sind schon ein paar Jahrzehnte alt. Zum Beispiel:
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Das Automobil wurde in den 1880er-Jahren von Carl Benz und Gottlieb Daimler erfunden. Diese Innovation sorgte für eine ganz neue Art der Fortbewegung, löste unter anderem Kutschen und Pferde ab und brachte eine bis heute wirtschaftsrelevante Industrie hervor.
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Konrad Zuse konstruierte 1941 mit dem Z3 den ersten frei programmierbaren Computer. Dieser war ein wichtiger Grundstein für das folgende Computer- und Digitalzeitalter.
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Das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen entwickelte 1982 das MP3-Format. Das ermöglichte eine starke Komprimierung von Musikstücken, um sie beispielsweise über das Internet zu versenden. Napster, iTunes, Musicload und Co. nutzten das für ihr disruptives Business.
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Das Bankensystem ist veraltet und verkrustet. Deswegen versuchen aktuell mehrere deutsche Fintech-Start-ups (Fintec: Financial Technologies), eine Disruption in der Branche einzuläuten. Der namenhafteste Vorreiter ist N26, ehemals als NUMBER26 bekannt.
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Lilium und Volocopter sind zwei deutsche Gründungen, die derzeit an sogenannten Flugtaxis arbeiten. Hierbei handelt es sich um autonom fliegende, vertikal startende und landende Flugvehikel.
Beispiele für disruptive Technologien in Europa
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Skype ist der Urvater der Videokonferenzen über das Internet. Das Unternehmen entstand 2003 in Luxemburg und wurde 2011 an Microsoft verkauft.
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Spotify, der bekannteste Musik-Streaming-Anbieter der Welt, stammt aus Schweden.
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Nokia (Finnland) startete 2012 den Online-Kartendienst HERE. 2015 übernahm ein Konsortium von deutschen Automobilbauern die Technologie. Diese bildet nun unter anderem die Basis für Navigationsprogramme und autonom fahrende Fahrzeuge.
Disruption: Die digitale Highspeed-Revolution
Das Rad der Geschichte stand noch nie still. Unternehmen kamen und gingen. Sie sorgten in ihren Branchen für Erfindungen, die ebenfalls erschienen und verschwanden. Mittlerweile herrscht eine Taktung vor, die noch nie so schnell wie heute war. Ein Antreiber sind die disruptiven Technologien, mit denen auch Start-ups und Kleinunternehmen große Marktteilnehmer angreifen können. Damit ihnen das gelingt, benötigen sie eine revolutionäre Idee sowie ein durchdachtes Marketing- und Vertriebskonzept für Ihre Produkte.
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