Bei der Servant Leadership geht es darum, dass Führungskräfte dienen. Das klingt irgendwie paradox, oder? Wieso sollte ein Chef oder eine Chefin dienen? Jedoch ist das Konzept gar nicht so seltsam, wie es zuerst klingen mag, sondern zeitgemäß. Das steckt hinter dem Ansatz, der sich für Unternehmen lohnt.
Was ist Servant Leadership?
Übersetzt bedeutet Servant Leadership „dienende Führung“. Bei diesem Führungsstil stellen Sie das Wohlergehen Ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Fokus. Der Servant Leader spielt dabei nur eine unterstützende Rolle. Denn das Ziel ist es, dass sich das Team selbst organisieren kann und dabei seine beste Leistung erzielt.
Servant Leadership im Detail
Robert Greenleaf prägte bereits 1970 den Begriff dieses Führungsstils. Er formulierte sein Verständnis der „dienenden Führung“ in seinem Essay „The Servant as Leader“.
Servant Leadership setzt auf flache Hierarchien, die Führungskräfte kommunizieren mit ihren Mitarbeitenden auf Augenhöhe. Dabei bieten die Führenden den Angestellten mehrere Möglichkeiten an, um sich weiterzuentwickeln und über sich hinauszuwachsen. Im Fokus steht dabei ein gesundes Arbeitsklima im Unternehmen und in den einzelnen Teams. Servant Leadership ist somit Führung mit Gefühl.
Ganz anders sieht es bei klassischen Führungsstilen aus: Hier steht der Umsatz immer im Vordergrund. Wer die erforderliche Leistung nicht erbringt, kann sich schnell ausgegrenzt und nicht mehr wertgeschätzt fühlen. Es herrscht oft ein großer Konkurrenzkampf unter den Mitarbeitenden und es gibt eine hohe Fluktuation.
Was ist ein Servant Leader?
Der Servant Leader ist die führende Kraft eines Unternehmens. Anders als bei „traditionellen“ Führungsstilen, bei dem die Führungskräfte Anweisungen an das Team weitergeben, nimmt der Servant Leader den Mitarbeitenden gegenüber eine dienende Haltung ein. Denn bei der Servant Leadership geht Dienen vor Führen.
Ein dienender Unternehmer oder eine dienende Unternehmerin sucht in erster Linie nicht nach Status oder Anerkennung, sondern er oder sie agiert aus einer intrinsischen Motivation heraus. Um diese Art der Unternehmensführung erfolgreich leben zu können, bedarf es einiger Kompetenzen, die ein Servant Leader mitbringen muss.
Zu den wichtigsten Soft Skills gehört Empathie. Denn der Servant Leader muss sich in seine Mitarbeitenden hineinfühlen können und ihre Vielfältigkeit akzeptieren. Und das aktive Zuhören, ganz ohne Vorurteile oder Bewertungen, fördert nicht nur die Empathiefähigkeit, sondern auch das Wahrnehmen von Konflikten.
Ein guter Servant Leader löst Konflikte ehrlich. Er fördert die Gemeinschaft, aber auch die Eigenverantwortung und die Talententfaltung seiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Die dienende Führungskraft agiert zudem mit Intuition und Weitsicht, überzeugt durch ihre Begeisterungsfähigkeit und weckt Vertrauen. Und ein Servant Leader findet die richtige Balance aus „Zügel anziehen“ und „machen lassen“.
Hier eine Zusammenfassung, was die wichtigsten Eigenschaften sind, die einen Servant Leader ausmachen:
- aktives Zuhören
- Empathiefähigkeit
- Überzeugungskraft
- visionäres Denken
- Sinn für Gemeinschaft
- Engagement für die Weiterentwicklung der Teammitglieder
- Ermöglichung eines gesunden Arbeitsumfeldes
Warum sollten Unternehmen über Servant Leadership nachdenken?
Servant Leadership bietet eine erweiterte Perspektive auf Unternehmen. Den Angestellten verdeutlichen Sie durch die besondere Führung zum Beispiel nicht nur, wie und was sie verkaufen sollen, sondern auch warum. Das „Warum tue ich das?“ stellt einen sehr bedeutsamen Faktor für einen Menschen dar — nicht nur im Privaten, sondern auch im Arbeitsleben.
Wenn eine Handlung Sinn ergibt, wird sie gern getan. Die Mitarbeitenden investieren also mehr Energie und Begeisterung, sind motivierter. Und welches Unternehmen möchte keine motivierten Angestellten?
Menschen folgen gern einer bestimmten Person, weil sie es wollen — und nicht, weil sie es müssen. Servant Leadership erreicht die individuelle Bedürfnisbefriedigung. Ein Servant Leader, der für seine Mitmenschen sorgt, schafft Vertrauen. Auf diese Art entsteht Sicherheit. Und Sicherheit ist eines der stärksten Bedürfnisse der Menschen, besonders im Arbeitsleben.
Außerdem begünstigt die Servant Leadership ein gestärktes Gemeinschaftsbewusstsein. Und ein gut funktionierendes Team bringt mehr Leistung als ein Team, das aus Konkurrenten und Konkurrentinnen besteht.
Zusammengefasst: Nutzen Sie in Ihrem Unternehmen die Prinzipien der „dienenden Führung“, kommen Sie den Unternehmenszielen leichter näher.
Welche Kritik geht mit Servant Leadership einher?
Um Servant Leadership zu praktizieren, braucht es viel Übung, Zeit und Geduld. Vor allem dann, wenn es innerhalb eines Unternehmens zu einem Wechsel bei den Führungskräften kommt.
Außerdem sollte eine Führungskraft, die zum Servant Leader werden möchte, der richtige Typ für diese Art von Führungsstil sein. Er oder sie muss die dienende Rolle verinnerlichen.
Außerdem ist eine gewisse Kompatibilität zwischen Team und Vorgesetzten erforderlich, damit der neue Führungsstil Erfolg hat. Ist das nicht der Fall, besteht ein erhöhtes Risiko des Kontrollverlustes. Wenn dann die Führungskraft nicht mehr einschreiten kann, ist das unter Umständen schädlich für das Unternehmen.
Wird dem Servant Leader kein Respekt entgegengebracht, können die Angestellten die größere Freiheit im selbstständigen Arbeiten ausnutzen. Die dienende Führung ist zum Beispiel in hierarchischen, autokratischen Kulturen problematisch. Denn hier wird von Führungskräften im Management und in leitenden Rollen erwartet, dass sie alle Entscheidungen treffen.
Fazit: Hat die „dienende Führung“ eine Zukunft?
Gerade in der heutigen Zeit ändern sich so viele gesellschaftliche Normen. Da ist es nur sinnvoll, sich dem gesellschaftlichen Wandel auch in der Art, wie man mit seinen Mitarbeitenden umgeht, anzupassen.
Ein Miteinander basierend auf Vertrauen, gegenseitigem Respekt und Transparenz ist der Natur eines Menschen näher als das Ausbeuten seiner Mitmenschen. Interessant, dass viele diese Art des Umgangs im Privaten schon lange leben, das aber auf die Arbeitswelt nur schwer übertragen können.
Und das, obwohl die Wirtschaft zunehmend auf Transparenz und gegenseitigen Abhängigkeiten basiert. Servant Leadership hat also Zukunft.
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