Wie Menschen miteinander kommunizieren, hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Chats über WhatsApp oder Social Media haben nicht nur bei jungen Menschen das Telefonieren abgelöst. Verständlich also, dass immer mehr Menschen eine Art Telefonphobie oder Telefonangst entwickeln.
Was ist eine Telefonphobie?
Die Telefonphobie ist eine Form der Angststörung. Die betroffenen Menschen haben eine starke Abneigung gegen das Telefonieren oder teilweise wirklich Angst davor, einen Telefonhörer in die Hand zu nehmen. Eine Telefonphobie gilt zwar als Sozialphobie, muss jedoch trotzdem nicht mit einem Mangel an sozialen Kontakten einhergehen.
Was sind die Symptome einer Telefonangst?
Die Telefonphobie zeigt sich in verschiedenen Ausprägungen. Die Betroffenen möchten …
- keine Anrufe entgegennehmen.
- keine Anrufe von sich aus tätigen.
- generell nicht telefonieren.
Liegt bei Ihnen eine Telefonangst vor, ist das meist an körperlichen Symptomen zu erkennen. Unter Umständen bemerken Sie dann einen schnelleren Herzschlag, feuchte Hände oder Schweißausbrüche. Andere Menschen erröten im Gesicht oder beginnen zu zittern und zu stottern. Bei einer starken Telefonphobie kann der Körper manchmal sogar mit Atemnot und Einnässen reagieren. Im worst case treten Panikattacken oder ein totaler Blackout auf.
Um derartige Reaktionen erst gar nicht auszulösen, entwickeln viele Betroffene Vermeidungsstrategien, um diese unangenehme Situation zu vermeiden. Diese können ganz unterschiedlich aussehen: Zum Beispiel …
- gehen Sie bei eingehenden Anrufen nicht mehr ans Telefon.
- leiten Anrufe auf Ihre Mailbox um.
- rufen niemanden aktiv an.
Stattdessen nutzen Sie andere Kanäle wie E-Mail, WhatsApp-Texte oder Sprachnachrichten, um mit Menschen in Kontakt zu treten.
Oft ist es allerdings nicht möglich, ohne Telefon zu kommunizieren, beispielsweise beim Vereinbaren von Arztterminen oder eines Friseurtermins. In diesen Fällen stehen Sie vor der Herausforderung, Ihre Angst vor dem Telefonieren zu überwinden.
Telefonangst: Was sind die möglichen Ursachen Ihrer Telefonphobie?
Es gibt zahlreiche mögliche Ursachen, die eine Telefonangst auslösen können. Unter Umständen sind es sogar verschiedene Faktoren, die einander beeinflussen.
Möglicherweise haben Sie in Ihrer Kindheit oder Jugend viel Abneigung von anderen Menschen erfahren und dadurch eine Sozialphobie entwickelt. Auch Unsicherheit durch Stottern oder ein allgemein unsicheres Auftreten können eine Telefonphobie begünstigen. Ebenso die Angst davor, missverstanden oder gar abgewimmelt zu werden. Im Vertrieb können z. B. sich wiederholende, unangenehme Gespräche wie beim Cold Calling eine Telefonphobie auslösen.
Hinzu kommt, dass junge Menschen es zunehmend verlernen, ein Telefon „klassisch“ zu benutzen. Zwar haben laut der JIM-Studie 2022 99 Prozent der 12- bis 19-Jährigen Zugriff auf ein Smartphone, doch sie nutzen es hauptsächlich für Social Media, Messenger, Spiele und andere Funktionen abseits des Telefonierens.
Telefonphobie überwinden: Diese Tipps helfen
Falls Sie ein Problem damit haben, Anrufe zu tätigen, dies aber in Ihrem Beruf verlangt wird (z. B. aufgrund einer Neukundenakquise), kann es hilfreich sein, an Ihrer Angst vor dem Telefonieren zu arbeiten und diese zu überwinden.
Wir haben hier einige Tipps zusammengetragen, die hilfreich sein können, Ihre Telefonphobie zu bewältigen:
1. Vor dem Gespräch Stichpunkte formulieren
Sobald ein persönliches Gespräch begonnen hat, kann es passieren, dass Sie in der Argumentation den Faden verlieren. Daher ist es nützlich, sich vor dem Gespräch eine Liste mit Stichpunkten anzufertigen, auf die Sie bei Bedarf zurückgreifen können. Damit lässt sich auch die psychologische Hürde vor dem Telefonat verringern, da Sie das Ziel und die einzelnen Schritte klar vor Augen haben.
Folgende Punkte könnten in etwa auf der Liste stehen, wenn Sie im Vertrieb arbeiten und ein Verkaufsgespräch führen sollen:
- Einstieg: Zu Beginn empfiehlt es sich, Ihrem Gesprächspartner bzw. Ihrer Gesprächspartnerin für deren Zeit danken
- Vorstellung: Stellen Sie sich und Ihre Firma kurz vor und erläutern Sie ggf. kurz, warum Sie anrufen
- Gezielt Fragen stellen: Fragen Sie ihren Kontakt nach den Herausforderungen in ihrem oder seinem Unternehmen
- Auf Probleme eingehen: Warum genau existieren diese Probleme und welche hilfreichen Informationen gibt es eventuell noch?
- Mögliche Lösungen beim Kunden bzw. der Kundin erfragen: Wie sieht die optimale Lösung aus und wo liegen die größten Herausforderungen?
- Gedanken teilen: Teilen und erläutern Sie Ihre Gedanken zu den genannten Problemen.
- Produktplatzierung: Erklären Sie, wie Sie mit Ihrem Produkt helfen und gehen Sie dabei auf das konkrete Problem des Kunden ein.
- Persönliches Treffen vereinbaren: Am Ende jedes persönlichen Gesprächs vereinbaren Sie idealerweise ein persönliches Treffen für eine ausführlichere Beratung.
2. Sicher gehen, dass der Anruf einen Mehrwert bietet
Seien Sie sich bewusst, dass Ihr Anruf Ihren Gesprächspartner oder Ihre Gesprächspartnerin wahrscheinlich gerade bei der Arbeit stört. Ihr Kontakt wird Ihren Anruf also wahrscheinlich zunächst als irritierend wahrnehmen.
Das können Sie gekonnt abfedern, indem Sie Ihrer potenziellen Kundschaft von Anfang an mitteilen, dass bei dem Telefonat die Lösung deren Probleme im Mittelpunkt stehen. Sie sollten den Wert Ihres Anrufs daher möglichst früh kommunizieren – so erzeugen Sie Interesse und verringern das Risiko, dass der Gesprächspartner bzw. die Gesprächspartnerin das Gespräch im Zuge einer Kaltakquise vorzeitig beendet.
Hilfreich ist es hierbei, wenn Sie sich mit den Problemen Ihrer Kunden und Kundinnen im Vorfeld auseinandersetzen und diese so direkt adressieren können. Dafür sollten Sie einige Zeit investieren, bevor Sie zum Telefon greifen. Alternativ können Sie während des Gesprächs danach fragen.
3. Zeit für Anrufe fest einplanen
Wie bei vielen Dingen kann es bei der Überwindung von inneren Blockaden und Ängsten hilfreich sein, sich einen festen Zeitraum dafür einzuplanen. Reservieren Sie diesen ausschließlich zum Telefonieren. Tragen Sie hierzu feste Telefonzeiten in Ihren Terminkalender ein. Am besten zu Uhrzeiten, in denen Sie genügend Zeit und Ruhe haben, um zu telefonieren. Ein No-Go sind Telefonate zwischen zwei Meetings.
4. Die Sprache der Verantwortlichen sprechen
Oft finden Verkaufsgespräche mit Mitarbeitenden, die in der Unternehmenshierarchie höher stehen, oder mit dem Upper Management statt. Schließlich können nur diese Personen letztendlich eine Kaufentscheidung treffen.
Das ist zwar durchaus sinnvoll, kann aber bei Ihnen verständlicherweise zu Nervosität führen, da diese Menschen Autorität ausstrahlen. Zudem sprechen sie häufig in einem bestimmten Jargon, indem sie beispielsweise Anglizismen oder Fachbegriffe aus dem Business-Kontext verwenden.
Vertriebsexperten bzw. -expertinnen, die ebenfalls auf dieser Ebene kommunizieren, bringen ihre Punkte deutlich besser zur Geltung und fühlen sich beim Telefonieren sicherer. Versuchen Sie deshalb in der Phase, in der Sie Ihre Telefonphobie überwinden möchten, zunächst erstmal mit gleichgestellten oder rangniederen Personen zu reden.
5. Holen Sie relevante Informationen ein
Wenn Sie jemanden anrufen, über den Sie fast nichts wissen, kann das Ihre Telefonangst nähren. Deshalb sollten Sie versuchen, im Vorfeld möglichst viele Informationen über die Person am anderen Ende der Leitung einzuholen.
Wenn Sie genauer wissen, wer der Gesprächspartner bzw. die Gesprächspartnerin ist und wie er oder sie ticken, gibt es weniger unbekannte Variablen. Eine gute Vorbereitung kann hier die halbe Miete sein bei der Überwindung Ihrer Telefonangst.
6. Positive Ausstrahlung aneignen
Wenn Sie Angst vorm Telefonieren haben, sind Sie möglicherweise oft verspannt und Horror-Szenarien kreisen durch Ihren Kopf. Beides ist keine gute Basis für ein erfolgreiches Gespräch.
Deshalb ist es ratsam, mit positiven Gedanken und somit automatisch einer positiveren Ausstrahlung in ein Telefonat zu gehen. Machen Sie Entspannungsübungen, trinken Sie ein leckeres Getränk oder summen Sie ein Lied. Erlaubt ist alles, das Ihnen positive Gedanken verschafft und Sie etwas auflockert.
7. Telefonieren üben
Wer eine Angststörung hat, muss sich ihr früher oder später stellen. Nehmen Sie deshalb so oft wie möglich das Telefon zur Hand, statt auf schriftliche Kommunikation auszuweichen und üben Sie ein Gespräch. Dabei muss nicht einmal eine reale Person am anderen Ende der Leitung sein. Tun Sie einfach so, als würden Sie ein (unangenehmes) Gespräch führen. Oder rufen Sie enge Freunde an, um mit ihnen über Banalitäten zu reden, anstatt wie üblich eine Text- oder Sprachnachricht per WhatsApp zu senden.
Denn: Übung macht den Meister bzw. die Meisterin. Das gilt auch bei einer Telefonphobie. Je öfter und routinierter Sie telefonieren, desto geringer wird auch die Angst davor.
Die Angst vor dem Telefonieren überwinden – es ist möglich!
Stellen Sie sich Ihrer Telefonangst und entwickeln Sie nicht nur Ihre Vermeidungsstrategie. Obwohl Telefonate im Alltag heute deutlich weniger häufig vorkommen als noch vor ein paar Jahren, sind sie in vielen Fällen dennoch von hoher Relevanz – gerade wenn im Job mal eine Telefonakquise ansteht.
Falls Sie beispielsweise beruflich viel telefonieren müssen, sollten Sie sich von solchen irrationalen Gefühlen und Ängsten befreien. Dies kann Ihnen beispielsweise durch eine sorgfältige Planung Ihrer Gespräche gelingen.
Außerdem gilt wie so oft: Wer sich seiner Angst stellt, schafft es häufig, sie zu überwinden. Falls Ihre Phobie vorm Telefonieren zu groß ist, könnten Sie auch darüber nachdenken, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Titelbild: Mike Meyers / Unsplash