Sind Sie eine Führungskraft in Ihrem Unternehmen? Welchen Zweck haben Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für Sie? Sollen sie hauptsächlich business-getriebene Ziele und Kennzahlen erfüllen? Oder gibt es noch andere Dinge, nach denen sie streben? Verfolgen sie beispielsweise gewisse Werte bei ihrer Arbeit, die nur schwer oder gar nicht mit KPIs (Key Performance Indicators) erfassbar sind?
Was sind Werte im Sinne des Unternehmertums?
Der Begriff „Wert“ besitzt in der Wirtschaft mehrere Bedeutungen. Zum einen sind damit ökonomische Werte wie Wirtschaftsgüter gemeint. Zum anderen stehen Werte (auf Englisch: values) für Ideale und menschliche Ziele wie Respekt und Weltoffenheit.
Wertebasierte Führung: Was versteht man darunter?
Unternehmer und Unternehmerinnen sowie andere Führungskräfte, die nur an ökonomischen Werten interessiert sind, sehen alles und jeden als Teil der Wertschöpfungskette an.
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden dann despektierlich als Humankapital bezeichnet. Die Menschen dienen nur dem Zweck, den Umsatz, den Gewinn und den Unternehmenswert zu steigern. Ihr Handeln ist darauf ausgerichtet, die „nackten Zahlen“ fortwährend zu verbessern.
Diese kapitalistische Sichtweise ist nicht das, was man unter wertebasierter oder werteorientierter Führung versteht. Bei dem Management-Ansatz der werteorientierten Führung geht es vielmehr darum, jeden einzelnen Menschen als Persönlichkeit stärker in den Mittelpunkt zu stellen. Denn Angestellte sind mehr als nur eine Arbeitskraft. Das gilt besonders in der heutigen Zeit, die von VUCA und Fachkräftemangel getrieben ist.
Was hat werteorientierte Führung mit Unternehmenskultur zu tun?
Der soeben erwähnte Begriff VUCA ist zunehmend zu hören. Das Akronym steht für:
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Volatility: Unbeständigkeit
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Uncertainty: Unsicherheit
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Complexity: Komplexität
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Ambiguity: Mehrdeutigkeit
Die vier Worte beschreiben, was unsere moderne Welt auszeichnet. Vieles wird komplexer, komplizierter, vielschichtiger und scheinbar unbeständiger. Bedingt wird dies zum Beispiel durch die Globalisierung, die Digitalisierung und den Klimawandel. Unsicherheit und Überforderung machen sich bei vielen Menschen breit. Sie suchen nach Orientierung im fortwährenden Wandel.
Damit sie die „Bodenhaftung“ nicht verlieren oder gar „ins Trudeln geraten“, können Unternehmen ihnen Halt geben – durch eine werteorientierte Führung. Die Führungskräfte verfolgen nicht ausschließlich den Shareholder Value; ihnen liegen zudem Werte wie Toleranz und soziale Gerechtigkeit am Herzen.
So entsteht eine Unternehmenskultur, die die Menschlichkeit ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht vergisst. Das sorgt für eine zufriedene Belegschaft. Auf diese Weise gewinnen Sie das Vertrauen Ihrer Angestellten, die durch eine gute Arbeitsatmosphäre Ihrem Unternehmen lange treu bleiben und neue Bewerber und Bewerberinnen anlocken.
Was unterscheidet sinn- und werteorientierte Führung?
Es gibt verschiedene Arten, wie Sie als Führungskraft ein Team oder das ganze Unternehmen leiten können. Zum Beispiel das Management by Objectives (MbO), bei dem Sie zusammen mit Ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen einzelne Ziele definieren, die zu erreichen sind. Hier steht die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe durch die Kompetenz von Angestellten im Zentrum.
Bei einer sinnorientierten Führung gilt es, den Zielen und den damit verbundenen Tätigkeiten einen Sinn zu geben. Das bedeutet, das Ergebnis wird als etwas Positives und Erstrebenswertes angesehen. So entsteht eine intrinsische Motivation und damit eine bessere Arbeitsleistung.
Die sinnorientierte Führung lässt sich mit der werteorientierten Führung verbinden. Bei dieser denkt der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin nicht nur an die Erfüllung des eigenen Erfolgs (dem Sinn), sondern auch an die Werte eines Unternehmens. Das ist aber nur möglich, wenn Sie als Führungskraft die Werte und die sinnorientierte Werteorientierung vorleben.
Welche Führungsprinzipien gelten für die werteorientierte Führung?
Über Unternehmensmanagement, Personalleitung und Menschenführung gibt es gefühlt so viele Ratgeber wie Sand am Meer. Und es kommen ständig neue hinzu. Deshalb gibt es nicht die eine richtige Erfolgsformel, um eine wertebasierte Führung in Ihrer Organisation erfolgreich zu etablieren.
Für den Einstieg können Sie sich jedoch an diesen drei Ansätzen orientieren:
1. Selbstreflektion
Werden Sie sich über Ihre eigenen Werte und Kompetenzen bewusst. Welche Werte gelten für Sie als erstrebenswert, wofür stehen Sie und wofür möchten Sie in Zukunft stehen? Nur wenn Sie Klarheit haben, können Sie diese Werte ausstrahlen und zu einem Unternehmenswert machen.
Machen Sie sich außerdem Ihre Haltung zu anderen Menschen und deren Werten klar. Wie spiegelt sich diese in Ihrem Verhalten? Müssen Sie hier etwas anpassen?
2. Fokussierung
Meetings ohne Ende, dutzende Anrufe am Tag und Überstunden bis tief in die Nacht: Wer geschäftig wirkt, erreicht auch viel – ist das Ihre Maxime? Überdenken Sie diese Haltung. Denn im Geschäftsleben geht es oft nicht darum, möglichst viel zu tun, sondern das Richtige.
Zu einer werteorientierten Führung gehört dazu, klare Ansagen zu machen und den Fokus auf die wesentliche Arbeit zu setzen. Denn trotz vieler Freiheiten möchten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen am Ende von einer Führungskraft geführt werden, der sie vertrauen können.
3. Authentizität
Werte sind nur etwas wert, wenn sie keine graue Theorie bleiben. Setzen Sie sie in die Praxis um. Ein Unternehmen, das beispielsweise von seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen Toleranz erwartet, bei dem aber die Führungskräfte unterschiedliche Ansichten nicht akzeptieren, widerspricht sich.
Die gewünschte Haltung, Ihr Handeln, Ihre Entscheidungen und Ihr Verhalten müssen im Einklang stehen. So wirken Sie glaubwürdig und authentisch.
Finden Sie Ihre eigenen Werte
Damit Sie zu einer Führungskraft werden, die nach der werteorientierten Führung arbeitet, müssen Sie zuerst Ihren eigenen „Kompass“ entdecken. Schärfen und leben Sie diesen. Und machen Sie sich klar, dass Ihre Werte nicht unbedingt zu 100 Prozent mit den Unternehmenswerten und den Vorstellungen Ihrer Kollegen und Kolleginnen übereinstimmen.
Jede Führungskraft hat eigene Führungsprinzipien. Denn Menschen sind unterschiedlich und das ist auch gut so.
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