Ohne Customer Engagement ist Customer Experience nur die halbe Miete. Aber was genau verbirgt sich dahinter? Zwar sind sich Experten einig, dass das Schaffen positiver Kundenerfahrungen Unternehmen erfolgreicher macht. Aber leider reicht auch das schon längst nicht mehr aus. Da die Ansprüche immer weiter steigen, muss es inzwischen gelingen, dass der Kunde sich selbst für das Unternehmen oder dessen Produkte engagiert.
Inzwischen haben die meisten Unternehmen verstanden, wie wichtig es ist, Kunden ein positives Erlebnis (Customer Experience) zu bieten. Eine wirklich gute Kundenbindung geht heute jedoch weit über einen qualitativ hochwertigen Service hinaus. „Customer Engagement“ heißt das neue Zauberwort. Ziel dabei ist es, den Kunden so sehr zu begeistern, dass er sich selbst aktiv, freiwillig und wenn möglich sogar mit Freude in den Kundenbindungsprozess einbringt.
Genauer gesagt kann Customer Engagement als das Einsatzniveau beschrieben werden, das ein Kunde einer Marke oder einem Unternehmen entgegenbringt. Dieses Engagement betrifft sowohl kognitive und emotionale als auch verhaltensbezogene Aspekte, die vor allem – aber nicht nur – bei der Kommunikation im Internet zum Tragen kommen.
So bieten beispielsweise soziale Netzwerke, Live-Chats, Foren, Communities oder Bewertungsportale Interessenten und Kunden vielfältige Kontaktmöglichkeiten. Unternehmen können hier gezielt die Interaktion mit den Kunden steuern, um relevante Inhalte, strategische Unternehmenswerte und nützliche Interaktionsmuster zu erzeugen, um so dauerhaft die Kundenbindung zu stärken.
So funktioniert Customer Engagement in der Praxis
So hat beispielsweise Carhartt, ein US-amerikanischer Hersteller für Arbeitsbekleidung, seine Webseite dahingehend optimiert, dass Kunden auf Wunsch beim Einkauf von Experten unterstützt werden. Zeigt ein Kunde ein bestimmtes Surf-Verhalten, öffnet sich ein Pop-up, mit dem er gefragt wird, ob er mit einem Berater chatten möchte.
Carhartt konnte feststellen, dass die Kunden auf diese Weise nach einem Kaufabschluss zufriedener waren und in Zukunft auch erneut auf Ihrer Webseite einkauften. Tatsächlich führte dieses Customer Engagement zu einer zehnfachen Erhöhung der Conversion-Rate im Vergleich zu anderen Self-Service-Optionen, sowie zu einer 10 bis 25 prozentigen Erhöhung des durchschnittlichen Auftragswertes.
Customer Engagement muss aber keineswegs auf das Internet beschränkt bleiben, wie an der Idee des Kaffee-Spezialisten Starbucks zu erkennen ist. In den weltweit mittlerweile acht Starbucks „Reserve Roastery“ und „Tasting Rooms“, können sich die Kunden mit Kaffee-Spezialisten unterhalten, die Zubereitung von Kaffee aus frischen Bohnen beobachten und eine Vielzahl von seltenen Kaffeesorten probieren – eine multisensorische Erfahrung, die die Kundenbindung auf die nächste Ebene hebt.
Kunden fühlen sich dadurch als aktiven Teil des Unternehmens und bekommen gleichzeitig einen Einblick in den Produktentwicklungsprozess.
Die effektive Customer Engagement-Strategie
Noch ist der Begriff Customer Engagement hierzulande relativ neu. Viele Unternehmen wissen deshalb nicht, wie sie ihre Kunden dazu bringen können, sich selbst ins Geschehen einzubringen. Folgende Tipps können beim Aufbau eines strategischen Customer Engagements helfen:
1. Customer Engagement durch den Aufbau einer Markenstimme
Beim professionellen Customer Engagement möchten Kunden sich für eine Marke engagieren, die eine Persönlichkeit hat. Diese personifiziert das Unternehmen und macht es so für seine Kunden leichter erreichbar und einprägsamer. Die Persönlichkeit eines Unternehmens definiert sich durch den individuellen Kommunikationsstil: Sie richtet sich an die jeweilige Zielgruppe und kann grundsätzlich in jedem Stil daherkommen, solange sie zu den eigenen Werten und der jeweiligen Buyer Persona (fiktive Person, die Ihren idealen Kunden repräsentiert) passt , egal ob autoritär, intellektuell, freundlich oder witzig.
Dabei geht es weniger darum, was ein Unternehmen sagt, sondern wie es etwas sagt. Die Kunden werden das Unternehmen als Experten betrachten, der ihnen Ratschläge zu verschiedenen Produkten und Dienstleistungen geben kann. Sie investieren eher in Marken, zu denen sie eine emotionale Verbindung haben, als in Marken, die lieblosen und wenig inspirierenden Content veröffentlichen. Die Schaffung dieser Markenstimme macht ein Unternehmen quasi zu einem Vordenker (Thought Leader) in seiner Branche.
Am besten gelingt der Aufbau einer Markenstimme in den sozialen Medien. Dort können Inhalte gepostet werden, die mit den Markenwerten übereinstimmen und Botschaften mitgeteilt werden, die für das Unternehmen wichtig sind. Soziale Medien sind eine großartige Möglichkeit, mit Kunden in Kontakt zu treten, die die Marke vielleicht noch nicht entdeckt oder mit dem Unternehmen in Verbindung gebracht haben.
2. Persönliche Kundenerlebnisse steigern das Customer Engagement
Unternehmen wie Amazon verfügen über eine spezielle Analyse-Software, die Empfehlungen auf der Grundlage früherer Käufe oder Suchvorgänge ausspricht. Nicht jeder muss aber sofort in eine so komplexe Technologie investieren. Es gibt andere Möglichkeiten, Kundenerfahrungen zu personalisieren – einschließlich der Frage, wie Sie Kunden helfen können.
Einige Unternehmen beginnen die Kundenreise, indem sie diese bitten, ein Benutzerprofil auszufüllen oder an einem Quiz teilzunehmen, bei dem sie Präferenzen auswählen können.
Einige Kosmetika-Hersteller fragen ihre Kunden beispielsweise nach ihrem Haut- und Haar-Typ, was dem Unternehmen dabei hilft, die Angebote für zukünftige Kontakte maßzuschneidern oder gar in ihren monatlichen Abonnementboxen zu personalisieren. Auf diese Weise ist es einfach, bereits beim ersten Kundenkontakt ein positives Feedback zu erhalten und den Kunden von Anfang an begeistern.
3. Übertreffen der Erwartungen durch Customer Engagement
Feedback-Umfragen können dabei helfen, Inhalte auf der Grundlage dessen, was Kunden in der Vergangenheit gekauft haben, zu erstellen und weiterzugeben. Diese Vorschläge sind jedoch nicht entscheidend für das Kundenerlebnis. Vielmehr ergänzen und fügen sie eine besondere Note hinzu, die die Erwartungen der Kunden übertrifft.
So verfügt der Audio-Streaming-Dienst Spotify beispielsweise über eine Wiedergabeliste („Discover Weekly“) mit Songs, die für jeden User automatisiert und individuell zusammengestellt werden. Diese Auswahl basiert auf einem Algorithmus, der das „Geschmacksprofil“ jedes Nutzers aufgrund der von ihm gehörten Lieder oder durch Lieder, die in den Wiedergabelisten anderer Benutzer enthalten sind, herausfindet. Auf diese Weise hilft Spotify den Benutzern, mehr Inhalte zu entdecken, die ihnen gefallen könnten.
Fazit: Eine Customer Engagement-Strategie lohnt in jedem Fall
Eine ausgefeilte Customer Engagement-Strategie kann und darf nicht nur vom Marketing getragen werden. Auch das Management und jede andere Abteilung mit Kundenkontakt sollte sich mit diesem Thema auseinandersetzen und für sich geeignete Instrumente auswählen, um das Vorhaben voranzutreiben.
Fest steht: Durch Customer Engagement geht das Unternehmen einen großen Schritt auf dem Weg zu einem ganzheitlichen 360-Grad-Blick auf den Kunden. Die Investition von Zeit und Geld in eine neue, moderne Marketing-Strategie lohnt deshalb in jedem Fall. Denn wenn die Idee des Customer Engagement erst einmal im Unternehmen verankert ist, steigt der „König Kunde“ auf eine Augenhöhe mit dem Unternehmen, wovon beide Seiten profitieren.
Hinweis: Dieser Beitrag ist ein Gastbeitrag von Britta Schlömer, Geschäftsführerin der Thought Leader Systems GmbH.
Titelbild: BSVIT / Getty Images