Die Zeiten, in denen Brands willkürlich Werbung schalten, um eine große Masse an Menschen zu erreichen, sind vorbei. Die Hyperpersonalisierung geht über traditionelle Ansätze hinaus, um auf die einzelnen Bedürfnisse der Kundschaft einzugehen. Wie das funktioniert und wie Unternehmen vorgehen, erkläre ich Ihnen hier.
Was ist Hyperpersonalisierung?
Hyperpersonalisierung ist eine Methode im Marketing, die auf Basis großer Datenmengen individuelle Kundenerlebnisse ermöglicht. Durch das Wissen über Verhalten, Gewohnheiten und Vorlieben ihrer Kundschaft können Unternehmen so maßgeschneiderte Produkte, Angebote und Inhalte zum richtigen Zeitpunkt anbieten.
Ein Beispiel zum besseren Verständnis: Als ich zuletzt eine Serie beendet habe, schlug mir der Streamingdienst direkt danach eine weitere vor, die mir auf Anhieb gefiel – alles basierend auf meinen Vorlieben. Genau das ist der Kern von Hyperpersonalisierung, auch One-to-One-Marketing genannt.
Personalisierung vs. Hyperpersonalisierung
Vielleicht geht es Ihnen wie mir damals und Sie fragen sich, wo der Unterschied zur gewöhnlichen Personalisierung liegt. Denn eigentlich ist jede benutzerdefinierte Anpassung per se auf eine einzelne Person abgestimmt, oder?
Nicht ganz. Hyperpersonalisierung geht nochmals einen Schritt weiter. Während Personalisierung in der Regel auf historischen Daten basiert und daraus Muster ableitet, setzt Hyperpersonalisierung vermehrt auf Künstliche Intelligenz. Denn KI ist in der Lage, große Datenmengen in kurzer Zeit zu analysieren, Zusammenhänge zu erkennen und Vorhersagen zu treffen.
Im E-Commerce reicht es beispielsweise nicht mehr nur aus, eine bestimmte Kundin oder einen bestimmten Kunden in einem Newsletter per Namen anzusprechen und ein ähnliches Produkt (zum Beispiel eine Winterjacke im Herbst) anzubieten, weil sie bereits beim letzten Einkauf im Warenkorb landete.
Auf Basis von getrackten Echtzeit-Daten könnte zum Beispiel eher Badebekleidung angeboten werden, weil die über viele Quellen gesammelten Nutzerdaten verraten, dass die besagte Person bald über den deutschen Winter nach Australien verreisen wird.
Denn Echtzeit-Daten werden nicht nur auf der eigenen Website gemessen – beispielsweise in Form der Verweildauer oder der Absprungrate – sondern können auch aus sozialen Medien oder Online-Bewertungen gezogen werden.
Wie funktioniert Hyperpersonalisierung?
Hyperpersonalisierung kann die Interaktion zwischen Kundschaft und Unternehmen auf ein neues Level heben. Nach der PwC „Global Service Studie 2023“ geben 60 Prozent der Befragten sogar an, einem Unternehmen bei fehlender Hyperpersonalisierung weniger loyal zu sein.
Um Hyperpersonalisierung umzusetzen und mit der Konkurrenz mithalten zu können, brauchen Sie in erster Linie eines: Daten. Unternehmen nutzen dafür verschiedene Quellen, zum Beispiel:
- Website-Interaktionen
- Social-Media-Aktivitäten
- Kaufverhalten und Kaufhistorie
- Geografische Standorte
Doch Daten allein bringen noch nicht viel. Erst mit der richtigen Analyse können die Messwerte nutzbar gemacht werden. Daher setzen viele Organisationen auf Customer Data Platforms (CDP), die sämtliche Daten bündeln und es ermöglichen, ein präzises Bild von jedem einzelnen Kunden und jeder einzelnen Kundin zu zeichnen.
Sobald diese Daten vorliegen, kommt Künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel. Mithilfe von Machine-Learning-Algorithmen werden die Angaben analysiert, um Muster und Trends zu erkennen. Dabei lernen die Algorithmen kontinuierlich dazu und werden immer besser darin, Vorlieben und zukünftiges Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer vorherzusagen.
Dank guter „Real Time Analytics“ analysiert die KI die ankommende Daten in wenigen Millisekunden und trifft auf Basis dessen Entscheidungen.
So wissen Sie idealerweise, welches Produkt oder welche Dienstleistung ein einzelner Kunde bzw. einer einzelnen Kundin zu einem bestimmten Zeitpunkt benötigt. Um genau zu sein, findet die eigentliche Hyperpersonalisierung auch erst jetzt statt – wenn Sie Inhalte ausspielen. Das können personalisierte E-Mails, maßgeschneiderte Angebote im Netz oder spezifische In-App-Nachrichten sein.
Ein hyperpersonalisiertes Kundenmailing an eine fiktive Kundin Namens Maxi könnte beispielsweise wie folgt lauten:
Betreff: Unsere Empfehlung für dich, Maxi
Hallo Maxi,
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Warum sollten Sie auf Hyperpersonalisierung setzen?
Ich persönlich wäre von so einer Nachricht positiv beeinflusst. Mein Eindruck der Marke, die mir dieses personalisierte Angebot macht, würde steigen – das ist einer der Vorteile der Hyperpersonalisierung. Weitere Vorteile sind:
- Hyperpersonalisierung schafft positive Kundenerlebnisse und verbessert die (digitale) Customer Experience. Dadurch wird die Kundschaft zufriedener, was in einer gesteigerten Loyalität mündet.
- Hyperpersonalisierte Ansprachen und Angebote führen zu einer höheren Conversion Rate. Wenn Kundinnen und Kunden personalisierte Angebote erhalten, die genau auf ihre Bedürfnisse und Interessen zugeschnitten sind, ist die Wahrscheinlichkeit eines Kaufabschlusses deutlich höher. Im E-Commerce senkt das beispielsweise wiederum die Retourenquote. Unter dem Strich lässt sich mit Hyperpersonalisierung also richtig eingesetzt mehr Gewinn erwirtschaften, idealerweise auch Kosten und Zeit einsparen.
- Langfristig können Unternehmen sogar ihre Marketingaktivitäten herunterschrauben, da die Kundschaft derart zugeschnittene Angebote erhält, dass es höchstwahrscheinlich zu einem Kaufabschluss kommt. Anders herum verbessert sich der ROI des Marketings.
Was sind sie Herausforderungen von Hyperpersonalisierung?
Sie sehen anhand der vorherigen Punkte: Die Vorteile der Hyperpersonalisierung sind – zumindest für mich – vielfältig und können ein entscheidender Faktor für die Kundschaft sein.
Ich selbst bekomme mittlerweile oft Angebote, die hyperpersonalisiert sind. Dass manche Menschen dabei etwas vorsichtiger im Umgang mit ihren Daten werden, kann ich verstehen. Nicht jeder und jedem ist es geheuer, wenn gerade exakt das Produkt in den Feed gespielt wird, um das die eigenen Gedanken kreisen.
Die Aspekte des Datenschutzes bei der Erfassung von Kundendaten sind also eine Herausforderung bei der Hyperpersonalisierung. Die technische Umsetzung ist eine weitere Hürde: Die Integration und Analyse verschiedenartiger Datenquellen erfordert teils teure Systeme und Know-how – mein vorheriger Punkt mit einer Aussicht auf einen hohen Gewinn geht also nur dann auf, wenn die Technologie implementiert wurde und gut läuft.
Grundsätzlich denke ich, dass die Balance zwischen personalisiertem Marketing und dem Respekt vor der Privatsphäre der Kundschaft die größte Herausforderung darstellt.
Beispiele für Hyperpersonalisierung
Ich habe im Verlauf des Artikels bereits Beispiele für Hyperpersonalisierung genannt. Nachfolgend finden Sie drei weitere, die mir persönlich schon im Alltag begegnet sind.
Amazon
Jedes Mal, wenn ich auf Amazon nach etwas suche, bin ich überrascht, wie präzise die Produktvorschläge zu meinen bisherigen Interessen und Käufen passen und die Seite mein Kundenverhalten kennt.
Genau das ist einer der Erfolgsfaktoren des US-Konzerns. Das Kaufverhalten wird analysiert und es werden an jeder erdenklichen Stelle passende Angebote ausgespielt.
Starbucks
Starbucks unterbreitet mir wie Amazon immer wieder individuelle Angebote, die – nicht immer, aber zu gefühlt 90 Prozent – genau passen. Die erforderlichen Daten werden hauptsächlich über die Starbucks-Loyalitäts-App gesammelt, die es bereits seit 2011 gibt.
Auf Basis der Daten sendet die Café-Kette personalisierte E-Mails mit Updates, Gutscheinen und Coupons, die für die jeweilige Person relevant sind. Daher sind viele Kundinnen und Kunden auch gewillt, die App zu nutzen und Daten preiszugeben.
Netflix
Am Anfang hatte ich bereits das Beispiel mit meiner neuen Lieblingsserie angeführt – kein Wunder, dass Netflix also in meinen Beispielen noch einmal vorkommt. Aufgrund meiner Sehgewohnheiten und eigens erstellen „Watchlists“ baut Netflix die Empfehlungen immer weiter auf und setzt dabei auch auf den Einsatz von KI.
Doch nicht nur die Filme und Serien passen sich den Vorlieben an: Auch die „Landing Cards“ sind immer auf mich persönlich zugeschnitten. Für eine Serie erstellt Netflix meist immer mehrere dieser „Landing Cards“, sodass beispielsweise ein Bild mit einer Schauspielerin ausgespielt wird, mit der ich bereits vor zwei Tagen einen Film gesehen habe.
Mit diesem Vorgehen soll die Klickrate maximiert werden, da die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass ich einen Film oder eine Serie mit der mir bekannten Schauspielerin eher ansehen werde.
Fazit: Hyperpersonalisierung schafft Kundentreue
Hyperpersonalisierung kommt dank KI immer mehr zum Einsatz, um noch besser auf die Individualität eines einzelnen Kunden bzw. einer einzelnen Kundin einzugehen. Denn durch die Analyse von großen Datenmengen werden maßgeschneiderte Kunden- und Markenerlebnisse ermöglicht. Trotz der zahlreichen Vorteile stellt die Hyperpersonalisierung auch Herausforderungen wie Datenschutz dar. Meiner Meinung nach ist hier vor allem eines wichtig: Transparenz gegenüber der Kundschaft.
Titelbild: HubSpot