Arbeitszeugnisse gehören zu den wichtigsten Dokumenten für die berufliche Laufbahn. Wird das Beschäftigungsverhältnis beendet, haben Arbeitnehmende generell einen Anspruch auf ein einfaches oder qualifiziertes Arbeitszeugnis. In diesem Guide erfahren Sie, wie Sie ein Arbeitszeugnis anfordern und welche Bedingungen erfüllt sein müssen.
Wer darf ein Arbeitszeugnis anfordern?
In Deutschland können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einem festen Arbeitsverhältnis nach bestehendem Gesetz ein Arbeitszeugnis anfordern.
In § 630 BGB ist der Anspruch folgendermaßen festgesetzt: „Bei Beendigung eines dauernden Dienstverhältnisses kann der Verpflichtete von dem anderen Teil ein schriftliches Zeugnis über das Dienstverhältnis und dessen Dauer fordern. Das Zeugnis ist auf Verlangen auf die Leistungen und die Führung im Dienst zu erstrecken. Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Wenn der Verpflichtete ein Arbeitnehmer ist, findet § 109 der Gewerbeordnung Anwendung.“
Damit spielt bei der Frage, ob Sie ein Arbeitszeugnis anfordern dürfen, weder Ihre Position in einem Unternehmen noch Ihre Anstellungsart eine Rolle. Anspruch auf ein Arbeitszeugnis haben Sie also sowohl nach einem Praktikum, einer Ausbildung als auch festangestellt in Teil- und Vollzeit. Ausgeschlossen von qualifizierten Arbeitszeugnissen sind hingegen Arbeitnehmende in Probezeit.
Einfaches oder qualifiziertes Arbeitszeugnis beantragen?
Wenn das Arbeitsverhältnis beendet wurde, können Sie ein einfaches oder ein qualifiziertes Arbeitszeugnis beantragen. Bei Ersterem handelt es sich um ein Zeugnis, aus dem Dauer und Art des Anstellungsverhältnisses hervorgehen. Es dient also primär als Nachweis für die Anstellung an sich.
Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis enthält hingegen Informationen über Ihre Tätigkeitsbereiche, Ihre Leistungen und eine Beurteilung. Es liefert zukünftigen Vorgesetzten also wichtige Informationen zu Ihren Soft Skills und Hard Skills und damit ein umfassenderes Bild von Ihnen als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin.
Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis haben Sie, wenn die Beschäftigung ausreichend lange bestand, um Ihre Qualifikationen einzuschätzen. Generell haben Sie selbst die Möglichkeit, zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Arbeitszeugnis zu wählen.
Arbeitszeugnis nach Kündigung anfordern – darauf kommt es an
Wollen Sie ein Arbeitszeugnis anfordern, ist nach der Kündigung ein idealer Zeitpunkt dafür. Denn beantragen Sie das Zeugnis erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, müssen Sie dementsprechend länger darauf warten und können es für neue Bewerbungen unter Umständen nicht vorweisen.
Arbeitnehmende haben einen gesetzlichen Anspruch darauf, direkt nach der Kündigung ein Arbeitszeugnis zu erhalten. Selbst wenn Sie das Unternehmen nicht direkt verlassen, können Sie also bereits ein qualifiziertes Zeugnis fordern.
Aber wie sieht es eigentlich aus, wenn man selbst nicht gekündigt hat? Arbeitszeugnis anfordern ohne Kündigung – das geht. Wurde das Arbeitsverhältnis durch Ihre Arbeitgeberin oder Ihren Arbeitgeber beendet, haben Sie ebenfalls das Recht, ein qualifiziertes Arbeitszeugnis anzufordern, auch bei einer fristlosen Kündigung.
Sie können zudem ein Arbeitszeugnis bei einem nicht beendeten Arbeitsverhältnis beantragen. Dieses Zwischenzeugnis kann beispielsweise hilfreich sein, wenn Sie sich intern neu bewerben wollen, es ein Wechseln der Führungskräfte gibt oder Sie sich ein besseres Bild Ihrer eigenen Leistungen machen wollen.
Arbeitszeugnis anfordern: Frist muss eingehalten werden
Wollen Sie ein qualifiziertes Arbeitszeugnis nachträglich anfordern, gelten Fristen, die je sich an der jeweiligen Vertragsart orientieren:
- Arbeitsvertrag: Neben den gesetzlichen Fristen spielen die arbeitsvertraglichen Bestimmungen eine Rolle. Hier kann beispielsweise eine Klausel enthalten sein, die bestimmt, in welchem Zeitraum Sie Ansprüche geltend machen müssen. Damit diese Frist gesetzeskonform ist, muss sie mindestens drei Monate betragen.
- Tarifvertrag: Sollte in Ihrem Arbeitsvertrag keine Klausel zu Ansprüchen enthalten sein, können Sie sich an den jeweiligen tariflichen Vorschriften orientieren.
- Gesetz: Wenn Sie Ihr Arbeitszeugnis anfordern wollen, ohne den Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag einzubeziehen, können Sie sich an den gesetzlichen Fristen orientieren. § 195 BGB hält eine regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren fest.
- Rechtsprechung: Obwohl das Gesetz eine Frist zum Anfordern für Arbeitszeugnisse vorgibt, kann die jeweilige Rechtsprechung von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Je früher Sie das Arbeitszeugnis anfordern, desto höher sind also Ihre Chancen.
Arbeitszeugnis: Korrektur anfordern, wenn nötig
Das Arbeitszeugnis dient den Arbeitnehmenden und ihren beruflichen Perspektiven. Aus diesem Grund sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, wohlwollende Formulierungen zu verwenden und positive Leistungen zu betonen.
Manchmal ist das Zeugnis jedoch nicht auf Anhieb passend, etwa wenn formale Vorschriften verfehlt oder inhaltlich unvollständige oder falsche Angaben gemacht wurden. Nach einem Beschluss des Landgerichts Mainz haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zehn Monate Zeit, um eine Korrektur für ihr Arbeitszeugnis einzufordern.
Was tun, wenn der Arbeitgeber das Zeugnis verweigert?
Es ist selten, kommt aber vor: Das Unternehmen verweigert die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses. Da Arbeitgebende rechtlich jedoch verpflichtet sind, ein Zeugnis auszuhändigen, dürfen geprellte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht klagen. Oft reicht jedoch schon ein Erinnerungsschreiben, das mit anwältlicher Unterstützung verfasst und ans Unternehmen geschickt wurde. Mussten Sie den Rechtsweg nehmen, lassen Sie Ihr Zeugnis in jedem Falle prüfen!
Arbeitszeugnis anfordern: Muster zum Herunterladen
Wollen Sie ein Arbeitszeugnis anfordern, sind Muster hilfreich, um die Vollständigkeit aller Informationen sicherzustellen. Folgende Vorlage für Ihr Arbeitszeugnis können Sie dafür nutzen:
Ihr Name und Ihre Adresse
Name und Adresse des Unternehmens
Datum/Ort
Bitte um Ausstellung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses
Sehr geehrte Damen und Herren,
am xx.xx.xxxx habe ich mein Arbeitsverhältnis mit Ihnen beendet. Ich bitte Sie daher, mir ein qualifiziertes, berufsförderndes Arbeitszeugnis auszustellen.
Anbei finden Sie eine Übersicht aller ausgeübten Tätigkeiten, Aufgaben und Verantwortungsbereiche, die ich in Ihrem Unternehmen übernommen habe.
Ich bitte Sie um kurzfristige Ausstellung bis zum xx.xx.xxxx, da ich das Arbeitszeugnis für zukünftige Bewerbungsverfahren benötige.
Mit freundlichen Grüßen,
Unterschrift
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Fazit: Arbeitszeugnis anfordern und Karriere voranbringen
Arbeitnehmern steht nach der Beendigung der Anstellung ein Zeugnis zu – vergessen Sie also nicht, dass Sie rechtzeitig Ihr Arbeitszeugnis anfordern müssen, wenn Sie das Unternehmen verlassen, um es pünktlich für etwaige Bewerbungen zu erhalten.
Scheuen Sie sich nicht, das Zeugnis genau zu prüfen und Änderungen anzufragen; schließlich soll Ihnen das Zeugnis gute Dienste leisten. Ein Tipp: Sind Sie mit Ihren Vorgesetzten auf gutem Fuß, können Sie sie zusätzlich um ein Empfehlungsschreiben bitten.
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