Um stets auf einen Blick erkennen zu können, wie der derzeitige Stand eines agilen Scrum-Projekts ist, ist es sinnvoll, den aktuellen Sprint regelmäßig zu analysieren. Eine der einfachsten Methoden dafür ist das Burndown-Chart. Was hinter diesem Begriff steckt, wie Sie das Diagramm interpretieren und wo seine Grenzen liegen, erfahren Sie in diesem Artikel.
Was ist ein Burndown-Chart?
Als Burndown-Charts werden grafische Darstellungen im agilen Projektmanagement bezeichnet. Die Diagramme zeigen auf zwei Achsen die verbleibende Zeit sowie die offenen Aufgaben eines Sprints an. Sie ermöglichen Projektverantwortlichen, auf einen Blick den Status quo des Projekts einzusehen und bei etwaigen Engpässen rechtzeitig einzugreifen.
Was zeigt ein Burndown-Chart?
Ein Burndown-Chart zeigt auf der x-Achse die verbleibende Zeit eines Sprints, seltener auch des gesamten Projekts, an. Auf der y-Achse sind die verbleibenden Tasks oder Story Points dargestellt. Zwischen den Endpunkten beider Achsen verdeutlicht ein linearer Graph die Ideallinie, das heißt den optimalen Projektverlauf.
Eine weitere Linie zeigt die tatsächliche Entwicklung des Sprints. Weichen die Graphen stark voneinander ab, deutet dies auf mögliche Unstimmigkeiten des Projekts hin. Burndown-Charts werden regelmäßig aktualisiert.
Burndown-Chart: Sprint im Überblick behalten
In der Praxis wird ein Burndown-Chart primär für den schnellen Überblick eines Sprints eingesetzt. Schafft es Ihr Team, den aktuellen Sprint mit allen Tasks rechtzeitig abzuschließen? Ein Blick auf das Burndown-Chart verschafft einen ersten Eindruck.
Um eine solche Grafik zu erstellen, schätzen Sie zu Beginn des Sprints den erwartbaren Arbeitsaufwand in Stunden ein und definieren den zeitlichen Rahmen inklusive der Deadline. Die Ideallinie für die Erledigung aller Aufgaben verläuft oft linear oder stufenförmig, wenn der Sprint über arbeitsfreie Tage andauert.
Anschließend wird das Chart regelmäßig aktualisiert, indem der noch offene Aufwand an der entsprechenden Stelle in der Grafik eingetragen wird. So ergibt sich eine zweite, in der Regel nicht lineare Linie, die die offenen Stunden in Relation zu den verbleibenden Tagen bis zur Deadline zeigt. Für eine möglichst genaue Übersicht wird empfohlen, das Burndown-Chart jeweils am Ende eines Arbeitstages anzupassen.
Das Modell wird in der Praxis vielfach angewandt, ist jedoch nicht frei von Kritik. Zwar können Sie an einem Burndown-Chart mögliche Verzögerungen ablesen – was diese jedoch auslöst, bleibt unklar.
Zudem werden keine Änderungen, die im Laufe des Sprints auftreten, eingetragen. Auch die Fähigkeiten der Mitarbeitenden, die sich um die Erledigung der Aufgaben kümmern, sowie deren Workload neben den im Chart enthaltenen Tasks bleiben unberücksichtigt.
Das Burndown-Chart wird im Scrum-Alltag trotz einiger Kritikpunkte gerne verwendet: Es bietet ohne größeren Aufwand einen schnellen Überblick über einen Sprint. Damit Sie bei der Interpretation Ihres Burndown-Charts nicht im Dunkeln tappen, zeigen wir Ihnen, was einige gängige Verläufe bedeuten.
So interpretieren Sie ein Burndown-Chart
Wie lassen sich auffällige Entwicklungen interpretieren und welche Bedeutung haben deutliche Abweichungen der Linien für den Fortschritt eines Sprints? Beim Verlauf der Real- und der Ideallinie gibt es einige wiederkehrende Muster, die häufig beobachtet werden:
- Die reale Linie verläuft genauso wie die Ideallinie: Dieser Fall tritt in der Praxis beinahe nie auf. Er lässt darauf schließen, dass das Projektteam das Chart nicht nach tatsächlichem Aufwand gepflegt hat.
- Die reale Linie verläuft mal unter, mal über der Ideallinie und erreicht rechtzeitig ihr Ziel: Der Sprint wurde wie erwartet bearbeitet, eine solche Abweichung ist normal.
- Senkrechte Ausschläge der Reallinie: Es sind Tasks im Sprint dazugekommen oder weggefallen, die im Chart direkt berücksichtigt wurden.
- Die Reallinie verläuft mehr oder weniger parallel zur x-Achse, bricht dann nach unten weg und kreuzt diese: Die Aufgaben waren zu komplex oder es ist etwas Unvorhergesehenes eingetreten – der Sprint wurde abgebrochen.
- Die Reallinie liegt dauerhaft über der Ideallinie und die Deadline wird nicht eingehalten: Der Sprint war zu umfangreich für den zeitlichen Rahmen.
- Die Reallinie liegt dauerhaft unter der Ideallinie und der Sprint ist deutlich vor der Planung abgeschlossen: Die Tasks waren zu einfach, Entwicklerinnen und Entwickler waren bei der Erledigung möglicherweise unterfordert.
- Die Reallinie verläuft lange über der Ideallinie, am Ende senkt sie sich rapide: Möglicherweise waren die Projektbeteiligten zu Beginn des Sprints anderweitig eingebunden, unterfordert oder haben am Ende aufgrund des Zeitdrucks Überstunden gemacht, um die Deadline einzuhalten.
Gerade das letzte Beispiel zeigt die Grenzen eines Burndown-Charts auf: Das Diagramm gibt keinen Aufschluss über die Ursachen der Abweichungen. Es macht lediglich auf Unstimmigkeiten aufmerksam und kann Interpretationsansätze bieten. Um Probleme zu beheben und in Zukunft zu vermeiden, reicht ein Burndown-Chart allein jedoch nicht aus.
Burnup- vs. Burndown-Chart
Während ein Burndown-Chart für die Überwachung einzelner Sprints sinnvoll ist, eignet es sich für den Überblick über ein gesamtes Projekt weniger gut. Hier wird stattdessen ein verwandtes Diagramm eingesetzt: das Burnup-Chart.
Bei dieser Grafik beinhaltet die x-Achse alle Projekttage oder wesentliche Fristen von Projektbeginn bis -ende. Die y-Achse zeigt die Anforderungen in Form von Personentagen oder Story Points. Bevor das Burnup-Chart erstellt werden kann, müssen also alle Informationen im Detail vorliegen.
Wie auch beim Burndown-Chart gibt es zwei Linien, die miteinander verglichen werden. Die eine stellt die Gesamtheit aller anfallenden Tasks dar und verläuft daher parallel zur x-Achse. Die zweite Linie beginnt am Nullpunkt und zeigt, wie viele Aufgaben bereits erledigt wurden. Idealerweise nähert sich die zweite Linie der ersten im Projektverlauf immer weiter an.
Der wesentliche Unterschied beider Diagramme besteht darin, dass der Verlauf des Burndown-Charts zeigt, wie viele Tasks aus dem Sprint Backlog noch offen sind, während das Burnup-Chart darstellt, wie viel Arbeit bereits erledigt ist. Letzteres kann dadurch nachträglich anfallende Tasks eher berücksichtigen und ist deshalb besser geeignet, um den Verlauf eines agilen Gesamtprojekts abzubilden.
Fazit: Übersichtliche Sprints dank Burndown-Chart
Im Projektmanagement ist das Burndown-Chart zurecht ein gerne verwendetes Tool. Trotz seiner Einschränkungen bietet es bei korrekter Verwendung allen Projektbeteiligten stets einen aktuellen Überblick und hilft Verantwortlichen dabei, sich einen Eindruck davon zu verschaffen, wie ihre Mitarbeitenden beim aktuellen Sprint vorankommen.
Nutzen Sie das Burndown-Chart sinnvoll für Ihre agilen Projekte, um kritische Verläufe frühzeitig zu erkennen, gemeinsam mit Ihrem Projektteam die Ursachen zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.
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