Die Candidate Experience und ihre weitreichenden Folgen

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Ferdinand Hausen
Ferdinand Hausen

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Nicht zuletzt hat dank Social Media die Candidate Experience von Bewerbern und Bewerberinnen bedeutende Auswirkungen, welche von Unternehmern nicht selten maßlos unterschätzt werden. So beschränkt sich die Verbreitung der Erfahrungen aus dem Bewerbungsprozess doch längst nicht mehr auf den Verwandten- und Bekanntenkreis, sondern hat sich schon lange in das Internet verlagert.

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Jobsuchende erreichen mit Beiträgen in den sozialen Netzwerken gut und gerne bis zu mehrere hundert Personen, wobei Posts, die besonders negative Arbeitsbedingungen von Unternehmen ans Licht bringen, durchaus das Potenzial haben, viral zu gehen.

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Dazu haben sich Arbeitgeber-Bewertungsportale wie Kununu etabliert, welche Bewerbenden eine Plattform bieten, um Ihre abschreckenden Erlebnisse zu verbreiten. Wer seine Kandidaten und Kandidatinnen also nicht wertschätzt, muss früher oder später mit der Retourkutsche rechnen. Was die Candidate Experience überhaupt genau ist, welche Folgen sie mit sich bringt und wie Sie diese optimieren können, erfahren Sie in diesem Artikel.

Die Candidate Experience als Teil des Employer Branding

Das Employer Branding – also der Aufbau einer positiv konnotierten Arbeitgebermarke – hat im Wesentlichen die Aufgabe, möglichst viele Jobsuchende dazu zu bewegen, sich beim entsprechenden Unternehmen zu bewerben. Dabei handelt es sich um strategische Marketingmaßnahmen, die den Arbeitgeber möglichst attraktiv darstellen sollen. Mit diesen Marketingmaßnahmen sollen die richtige Zielgruppe erreicht und im besten Fall die Botschaft der Firma vermittelt werden. 

Besonders Kandidatinnen und Kandidaten aus sehr gefragten Tätigkeitsgebieten profitieren vom sogenannten Arbeitnehmermarkt, bei welchem die Nachfrage der Unternehmen sehr hoch ist, das Angebot an qualifizierten Arbeitskräften allerdings stark begrenzt. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, müssen Sie als Arbeitgeber also von Anfang an einen guten Eindruck hinterlassen – und genau hier beginnt die Reise der Bewerbenden und damit die Candidate Experience. 

Die Phasen der Candidate Experience

Eine Candidate Experience beginnt allerdings nicht, wie vielleicht erwartet, erst mit dem Vorstellungsgespräch – sondern bereits viel früher fangen die Bewerberinnen und Bewerber an, Eindrücke zu sammeln und sich ein Bild von ihrem potenziellen neuen Arbeitgeber zu machen. Grundlegend lässt sich die Candidate Experience in sechs Phasen unterteilen: 

1) Die Anziehungsphase

Die Anziehungsphase beginnt bereits bei der ersten Aufmerksamkeit auf das Jobangebot. Diese Aufmerksamkeit der Interessierten kann über die klassische Stellenanzeige, den Kontakt auf einer Jobmesse, durch eine Werbeanzeige oder ein Beitrag in den sozialen Netzwerken entstehen.

2) Die Informationsphase

Im zweiten Schritt wird sich der Bewerber oder die Bewerberin in der Regel einige Informationen über Ihr Unternehmen beschaffen. Dazu zählen in erster Linie der Auftritt Ihrer Homepage und deren Karriereseite, Ihre Social Media Kanäle oder die ersten Ergebnisse in  den gängigen Suchmaschinen.

3) Die Bewerbungsphase

Erst wenn die bewerbende Person durch ihre Recherche immer noch von Ihnen überzeugt ist, macht sie sich daran, eine Bewerbung zu schreiben und einzureichen. Übermäßige Hürden, wie zu umfangreiche Bewerbungsformulare, können die Anzahl der Bewerbungen auf Ihrer Seite erheblich beeinträchtigen. 

4) Die Auswahlphase

In der Auswahlphase führen Sie nun erste Gespräche mit den Kandidierenden und kommen das erste Mal persönlich in Kontakt. Doch auch die bewerbende Person wird sich Ihr Unternehmen ganz genau ansehen, um feststellen zu können, ob er für Sie tatsächlich ein passender neuer Arbeitgeber ist. 

5) Die Onboarding-Phase

Die Candidate Experience endet keinesfalls mit der Einstellung. Die Onboarding-Phase - also die Eindrücke bis zur Arbeitsaufnahme und während der Einarbeitungsphase - wird zeigen, ob sich Ihr neuer Angestellter gut aufgehoben fühlt oder sich in Gedanken bereits schon wieder von Ihrem Unternehmen verabschiedet. 

6) Die Bindungsphase

In der letzten Phase geht die Candidate Experience in die Employer Experience über. Die Anfangszeit der rosaroten Brille ist vorüber und die ehemaligen Bewerberinnen und Bewerber sind zu einem festen Bestandteil Ihres Teams geworden. Dennoch ist jetzt der Zeitpunkt, an dem diese in der Regel am ehesten bereit sind, den Job noch einmal zu wechseln - oder sich zu 100 Prozent dafür entscheiden, sich an Sie als Arbeitgeber zu binden.

Die Auswirkungen der Candidate Experience

Da Sie die verschiedenen Phasen der Candidate Experience nun kennen, können wir uns nun damit befassen, welche Fehler Unternehmen in Bewerbungsprozessen häufig begehen und was sowohl die negativen als auch die positiven Folgen daraus sind. 

Die negative Candidate Experience

Die Folgen einer negativen Candidate Experience können Ihrem Unternehmen schnell schaden, wenn solche Erfahrungen an die Öffentlichkeit getragen werden. Die Hürde, eine schlechte Erfahrung im Internet zu teilen, ist relativ niedrig, sodass es nicht sehr unwahrscheinlich ist, dass in Online-Bewerbungsportalen schlecht über Sie berichtet wird. 

Wer sich selbst an seine letzte Bewerbungsphase zurückerinnert, wird sich bestimmt auch das ein oder andere Negativerlebnis in Erinnerung rufen können. Vermutlich werden Sie auch noch ganz genau wissen, um welches Unternehmen es sich gehandelt hat. Würden Sie sich dort bei der nächsten Jobsuche noch einmal bewerben? Mit großer Wahrscheinlichkeit lautet die Antwort „Auf keinen Fall!“. Einmal als negativ abgespeichert, gibt es für Arbeitgeber selten eine zweite Chance, diesen Eindruck zu korrigieren. 

Doch damit haben die schlechten Auswirkungen noch kein Ende: Laut der Studie „Talent Relationship Marketing 2018“ sind 18 Prozent der Kandidaten und Kandidatinnen mit schlechten Erfahrungen so verärgert, dass sie das Unternehmen nicht nur als zukünftigen Arbeitgeber ausschließen, sondern auch weniger bereit sind, deren Produkte zu kaufen bzw. Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. 

In der letzten Konsequenz bedeutet das für die Firmen: höhere Kosten! Kosten für längere Recruiting-Prozesse, entgangener Umsatz durch zeitweise unbesetzter Stellen und Kosten für die Folgen eines eklatanten Imageschadens. Es ist für Arbeitgeber also nicht nur eine Frage des Respektes gegenüber den Bewerbenden, sondern auch unternehmerisches Missmanagement, welches dem Unternehmen einen echten finanziellen Schaden zufügen kann. 

Die positive Candidate Experience

Die Auswirkungen einer sehr guten Candidate Experience im Gegenzug, haben entsprechend positive Einflüsse auf ein Unternehmen, auch wenn diese in Teilen nicht konkret messbar sind. Offensichtlicherweise führt das zu entsprechend positiven Erfahrungsberichten im Netz sowie Bekanntenkreis und einen positiven Einfluss auf das Unternehmensimage

Positive Erfahrungen im Bewerbungsprozess haben auch zur Folge, dass Jobsuchende im laufenden Verfahren weniger schnell abspringen und schon alleine dadurch die Auswahl an qualifiziertem Personal erhöht wird. Dazu kommen eventuelle Empfehlungen zu Kontakten aus der Branche, wenn Bewerberinnen und Bewerber sich zu echten Unternehmensbotschaftern entwickeln. Denn auch wenn viele Jobsucher keine Zusage für eine Stelle erhalten, bleibt ihnen eine positive Candidate Experience auch lange nach dem Bewerbungsprozess im Gedächtnis.

Mitarbeitende, die sich seit Beginn ihrer Reise wertgeschätzt und gut behandelt fühlen, werden sich potenziell stärker mit Ihrem Arbeitgeber identifizieren, leistungsbereiter sein und vielleicht sogar länger im Unternehmen bleiben. Selbstverständlich spielen hier auch viele andere Faktoren eine Rolle, doch auch die langfristig gute Candidate Experience wird ihren Teil dazu beitragen. 

Wie Sie die Candidate Experience (nicht) gestalten sollten

Eine angenehme Candidate Experience beweist nicht nur Respekt gegenüber Bewerbern und Bewerberinnen, sondern stärkt auch ihr Image als attraktiver Arbeitgeber. Damit Sie Ihren Bewerbungsprozess so positiv und transparent wie möglich gestalten können, finden Sie im folgenden Tipps für Best und Worst Practices:

Das zeichnet eine positive Candidate Experience aus

  • Ihre Stellenanzeige ist aussagekräftig, spiegelt die tatsächlichen Aufgaben und Anforderungen wider und gibt Bewerbenden möglichst viele Informationen an die Hand.

  • Die Bewerbung kann mit nur wenigen Klicks übermittelt werden.

  • Eine Kontaktperson ist klar benannt, per Telefon oder E-Mail erreichbar und gerne dazu bereit, weitere Auskünfte zur Position zu geben.

  • Die bewerbende Person erhält eine schriftliche Eingangsbestätigung und in einem angemessenen Zeitraum eine Antwort auf ihre Bewerbung.

  • Das Vorstellungsgespräch ist gut organisiert und findet auf Augenhöhe statt.

  • Eine Absage ist freundlich formuliert und gibt der bewerbenden Person ein wertschätzendes Gefühl.

  • Die Einarbeitungsphase ist klar strukturiert, es existieren feste Ansprechpartner und ein klarer Informationsfluss.

Das zeichnet eine negative Candidate Experience aus

  • Ihre Stellenbeschreibung ist generisch formuliert, bietet nicht ausreichend Informationen und lässt dadurch Fragen offen.

  • Für den Bewerbungsprozess ist ein umständliches und zeitaufwändiges Ausfüllen eines Formulars notwendig.

  • Es findet sich keine Kontaktperson in der Stellenanzeige oder der Karriereseite, wodurch Interessierte sich keine weiteren Informationen zur Position einholen können.

  • Die bewerbende Person ist im unklaren, ob ihre Bewerbung angekommen ist und erhält wochenlang keine Rückmeldung.

  • Der Interviewer erscheint unpünktlich zum Termin, ist unvorbereitet und stellt unpassende Fragen.

  • Die bewerbende Person erhält keine Absage nach Nicht-bestehen der finalen Interviewrunde.

  • In der Einarbeitungsphase erhält der neue Angestellte keine Ansprechpartner und muss sich alle Aufgaben und Prozesse selbstständig und ohne Hilfe erarbeiten.

Das sind nur einige Beispiele, bei welchen Sie als Arbeitgeber gleichermaßen viel richtig oder falsch machen können. Eine gute Analyse der Candidate Experience kann sich also lohnen – nicht nur, um einen guten Eindruck bei Bewerbern zu hinterlassen, sondern auch für den langfristigen unternehmerischen Erfolg. 

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Titelbild: Zia Soleil/ Stone / Getty Images Plus

Hinweis: Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Gastbeitrag von Ferdinand Hausen, Gründer und Inhaber von 360 Grad Bewerbung.

Themen: HR

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