Interviews gehören zur journalistischen Königsklasse und sollten fester Bestandteil einer jeden Content-Strategie sein. Wer unterschiedliche Meinungen abbilden, exklusive Informationen zutage fördern oder interessante Personen portraitieren will, sollte sich einem persönlichen Gespräch stellen. Allerdings ist es nicht immer leicht, ein informatives und gleichzeitig spannendes Interview zu führen. Interviews wollen gut vorbereitet sein. Was es dabei zu beachten gibt, erfahren Sie hier.
Die Vorbereitung
Sobald feststeht, wen Sie interviewen möchten, müssen Sie Kontakt zu dieser Person aufnehmen, um einen Interviewtermin zu vereinbaren. Handelt es sich bei Ihrem Interviewpartner um eine Person des öffentlichen Lebens, so hilft die Pressestelle/-agentur gerne weiter. Privatpersonen erreichen Sie hingegen am besten über persönliche Kontakte. Generell gilt: Falls Sie eine Telefonnummer zur Hand haben, rufen Sie besser an. Mails gehen häufig unter oder werden vielleicht sogar bewusst ignoriert.
Planen Sie außerdem genügend Zeit für die Terminvereinbarung ein. Wenn Sie nicht gerade nur einige kurze O-Töne benötigen, für die ein kurzes Telefoninterview ausreicht, sollten Sie mindestens einen Monat vor dem geplanten Veröffentlichungsdatum des Artikels beginnen, einen Termin zu planen. Gerade Künstler und Politiker sind oft schwer beschäftigt und können sich nicht die Zeit für ein persönliches Interview nehmen.
Sobald ein Termin feststeht, sollten Sie zu recherchieren beginnen. Je mehr Fakten Sie über Ihr Gegenüber und das Gesprächsthema zur Hand haben, desto besser! Lesen Sie bereits veröffentlichte Interviews, die diese Person gegeben hat, um sich einen Eindruck darüber zu verschaffen, wie sie auf schwierige oder persönliche Fragen reagiert. Das kann dabei helfen, Fettnäpfchen zu vermeiden. Behalten Sie außerdem im Hinterkopf, welche Informationen Sie von Ihrem Interviewpartner benötigen und bauen Sie hierauf Ihren Fragenkatalog auf.
Für ein Interview mit einer durchschnittlichen Dauer von 30 Minuten sollten Sie mindestens 15 Fragen vorbereiten. Kaum etwas ist peinlicher, als nach zehn Minuten Interview keine Fragen mehr vorliegen zu haben. Ordnen Sie die Fragen sinnvoll, um den Gesprächsfluss nicht ins Stocken zu bringen.
Wichtig: Für den Anfang etwas Lockeres wählen, um den Interviewpartner aufzuwärmen. Fallen Sie nicht gleich mit der Tür ins Haus, à la: „Herr Meier, guten Morgen, Gerüchte besagen, dass während des Wahlkampfes Schmiergelder geflossen sind, was haben Sie dem entgegenzusetzen?“. Absolutes No-Go: Geschlossene Fragen stellen, also Fragen, die man nur mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten kann.
Checkliste für die Interviewvorbereitung:
- Habe ich ausreichend Zeit für die Terminvereinbarung und das Interview selbst eingeplant?
- Bin ich über meinen Gesprächspartner gut informiert?
- Kann ich ungefähr abschätzen, wie er/sie sich im Gespräch verhalten wird?
- Habe ich mindestens 15 offene Fragen vorbereitet, die in einer sinnvollen Reihenfolge angeordnet sind?
Während des Interviews
Es empfiehlt sich, das Gespräch aufzuzeichnen. Hierfür ist jedoch eine Einwilligung Ihres Gesprächspartners notwendig, die Sie bestenfalls ebenfalls auf Band haben. Prüfen Sie vor dem eigentlichen Interview, ob Ihr Aufnahmegerät läuft und eine ausreichende Tonqualität besitzt. Das erleichtert Ihnen den späteren Verschriftlichungsprozess enorm. Bei Telefoninterviews sollten Sie sich in einen ruhigen Bereich zurückziehen und das Telefonat per App mitschneiden. Verfügt Ihr Smartphone nicht bereits über eine derartige App, empfiehlt sich Call Recorder für Android und IntCall für iOS.
Starten Sie das persönliche Gespräch mit freundlichem Smalltalk und vor allem: Bewahren Sie während des Interviews Ruhe! Auch, wenn gerade Ihr Idol vor Ihnen sitzt: Professionalität ist alles. Behalten Sie im Gespräch die Oberhand, hören Sie Ihrem Partner zu und stellen Sie Ihre Fragen interaktiv. Lesen Sie Ihre Fragen auf keinen Fall einfach ab, sondern passen Sie sie flexibel an den Gesprächsfluss an. Scheuen Sie sich nicht, Ihren Interviewpartner zu unterbrechen, wenn er oder sie zu lange Monologe hält.
Achten Sie auch auf eine entspannte Körperhaltung und verzichten Sie auf verschränkte Arme, ausladende Gesten und nervöses Stuhlwackeln. Wer sich natürlich und sympathisch gibt, hinterlässt einen positiven Eindruck beim Gesprächspartner und entlockt ihm oder ihr vielleicht sogar exklusive Informationen. Falls es die Gesprächssituation zulässt, machen Sie sich bereits während des Interviews Notizen, wenn Ihr Gegenüber etwas sagt, das Sie auf jeden Fall im Artikel verwenden möchten.
Und: Behalten Sie die Uhr im Auge! Wenn Sie 30 Minuten für das Interview haben, Ihr Gesprächspartner aber nach 15 Minuten immer noch Frage zwei beantwortet, ist das kein gutes Zeichen. Grundsätzlich gilt: Wie ein Interview ablaufen wird, lässt sich kaum vorhersagen. Wenn Sie aber die Vorbereitung gewissenhaft durchgeführt haben, sind Sie für alle Eventualitäten gewappnet.
Checkliste für das Interview
- Hat mein Gesprächspartner zugestimmt, dass ich das Gespräch aufzeichne?
- Läuft das Aufnahmegerät/die Recorder-App einwandfrei?
- Fühlt sich mein Gesprächspartner in meiner Anwesenheit wohl?
- Beantwortet er/sie meine Fragen zu meiner Zufriedenheit und in einer angemessenen Länge?
- Kann ich bereits jetzt sagen, welche Passagen ich auf jeden Fall im Artikel verwenden werde? Habe ich vielleicht dazu sogar die Zeitangaben?
Nach dem Interview
In der Regel werden Sie den Gesprächsinhalt niederschreiben, um ihn in Textform – sei es als klassisches Interview oder als Fließtext mit eingestreuten O-Tönen – zu veröffentlichen. Auch bei kurzen Interviews nimmt die Verschriftlichung eine nicht zu unterschätzende Zeit in Anspruch. Sie müssen sich dabei nicht starr an die Reihenfolge der Fragen halten, wie sie im Gespräch gestellt wurden, sondern sollten sie in eine logische Reihenfolge bringen. Gesprächspausen sind bei der Verschriftlichung zu vernachlässigen.
Auch dürfen Antworten gekürzt werden, allerdings so, dass danach keine wesentlichen Inhalte des Interviews fehlen oder gar die Aussagen Ihres Interviewpartners falsch dargestellt werden. Sollten Sie das Interview in Frage/Antwort-Form veröffentlichen, ist eine Einleitung sinnvoll. Sie liefert den Lesern alle Informationen zu Person und Thema, die ihnen im eigentlichen Gespräch nicht mitgeteilt werden.
Oftmals möchten Interviewpartner oder deren Pressestelle/-agentur das verschriftlichte Interview noch einmal gegenlesen, bevor es veröffentlicht wird. Dieser „Autorisierung“ genannte Vorgang ist erlaubt, denn Interviewpartner gelten gesetzlich als Miturheber. Korrekturen dürfen aber laut dem DJV nur rein sachlicher oder sprachlicher Art sein. Nachträgliche Änderungen, die die Authentizität des Interviews oder einen wesentlichen Aussagegehalt konterkarieren, können Sie ablehnen.
Checkliste für die Nachbereitung des Interviews
- Habe ich die Interviewfragen in eine logische Reihenfolge gebracht und die Antworten so gekürzt, dass weiterhin ein roter Faden erkennbar ist?
- Habe ich den Gesprächsinhalt in eine schriftsprachliche Form gebracht?
- Enthält das Interview alle grundsätzlichen Informationen, die die Leser benötigen? Wenn nein: Sind die fehlenden Informationen in der Einleitung enthalten?
- Habe ich das verschriftlichte Interview meinem Gesprächspartner und/oder seiner/ihrer Pressestelle/-agentur zur Autorisierung geschickt? Habe ich die gewünschten Änderungen umgesetzt, ohne dass Authentizität und Aussagegehalt darunter leiden?
Mit entsprechender Vorbereitung und Übung werden Interviews zum Highlight der schreiberischen Karriere. Wo sonst trifft man auf so viele interessante Menschen? Damit nach einem Interview beide Parteien zufrieden sind, sollte man als Interviewer stets darauf achten, seinem Gegenüber respektvoll, professionell und angemessen freundlich gegenüberzutreten – ungeachtet persönlicher Ansichten über Person und Thema. Das führt zu einer entspannten Atmosphäre und damit auch zu besseren Antworten.