Das Leben steckt voller Entscheidungen: Kaffee oder Tee? Italienisch Essen gehen oder thailändisch? Produkt A oder B bewerben? Manche dieser Entscheidungen fallen leicht. Andere sind komplizierter, ganz besonders im Arbeitsleben – dann hilft eine Nutzwertanalyse. Wir zeigen Ihnen, wie Sie eine Nutzwertanalyse durchführen und geben Ihnen Tipps dafür an die Hand.
Was ist eine Nutzwertanalyse?
Die Nutzwertanalyse (auch: Scoring-Modell oder Punktwertverfahren) ist eine Bewertungsmethode, um alle Alternativen einer Entscheidung abzuwägen und die richtige auszuwählen. Jede Option wird anhand definierter Kriterien bewertet und alle Alternativen werden bis zur finalen Entscheidung ausführlich miteinander verglichen.
Wann ist eine Nutzwertanalyse sinnvoll?
Einfache Entscheidungen können aus dem Bauch heraus, per Abstimmung oder unter Zuhilfenahme einer Pro- und Contra-Liste getroffen werden. Bei schwierigeren Entscheidungen reichen Methoden wie diese aber irgendwann nicht mehr aus. Was ist zum Beispiel, wenn die eine Seite der Pro- und Contra-Liste zwar länger ist als die andere, sich das Ergebnis und die angeblich beste Alternative aber trotzdem falsch anfühlen?
An dieser Stelle bietet sich eine Nutzwertanalyse an, die nicht nur, aber vor allem im Projektmanagement Anwendung findet. Durch die Schritte der Nutzwertanalyse werden Vor- und Nachteile aufgezählt, aber auch bewertet. So ergibt sich ein differenzierteres Bild. Besonders sinnvoll ist diese Methode, wenn nicht primär anhand von Zahlen und Fakten entschieden werden soll, sondern auch subjektive Aspekte wichtig sind.
Vor- und Nachteile einer Nutzwertanalyse
Folgende Punkte können Ihnen bei der Entscheidung helfen, ob sich eine Nutzwertanalyse für Sie lohnt:
Nutzwertanalyse: Vorteile
- Objektivität: Die Nutzwertanalyse gewährt eine objektive Bewertung und einen Vergleich der zur Verfügung stehenden Alternativen auf Basis qualitativer Kriterien.
- Flexibilität: Das Scoring-Modell kann auf eine Vielzahl von Entscheidungssituationen angewendet werden – unabhängig von der Komplexität.
- Transparenz: Die Analyse ermöglicht eine klare und transparente Darstellung aller Gründe für oder wider eine Alternative dank der Bewertungskriterien und entsprechenden Gewichtungen.
Nutzwertanalyse: Nachteile
- Komplexität: Obwohl die Nutzwertanalyse im Allgemeinen einfacher ist als andere Methoden, kann sie bei der Bewertung einer großen Anzahl von Optionen immer noch komplex und zeitaufwändig sein.
- Keine Risiken und Unsicherheiten: Die Nutzwertanalyse berücksichtigt in der Regel nicht das Risiko, das mit den verschiedenen Alternativen verbunden sein können.
- Gefahr von Manipulationen: Die Ergebnisse einer Nutzwertanalyse können manipuliert werden, indem die Bewertungskriterien vernachlässigt oder ihre Gewichtungen in einer bestimmten Weise festgelegt werden.
Zudem kann eine Nutzwertanalyse trotz ihrer objektiven Natur auch einer gewissen Subjektivität unterliegen, welche aus den nicht messbaren Kriterien resultiert.
Nutzwertanalyse: Diese Kriterien gibt es
Um die Vor- und Nachteile jeder Option im Rahmen der Nutzwertanalyse bewerten zu können, muss es Bewertungskriterien geben. Die können sich je nach Produkt erheblich unterscheiden.
Mögliche Kriterien im Projektmanagement sind zum Beispiel:
- Produktionskosten
- Innovationsgrad
- Risiko bei der Umsetzung
- Massentauglichkeit
- Steigerung der Kundenzufriedenheit
- Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit
- Kosteneinsparung
- Dauer des Projektes
- Umfang des Projektes
- Höhe des zu erwartenden Gewinns
Überlegen Sie, welche inhaltlichen, zeitlichen, örtlichen oder ressourcenbezogenen Aspekte Ihnen besonders wichtig sind. Welche Ansprüche stellen Sie an das Projekt oder Produkt? Diese Punkte eignen sich oftmals als Bewertungskriterien.
Eine Nutzwertanalyse erstellen: Anleitung
Die klassische Nutzwertanalyse besteht aus sechs Schritten:
1. Entscheidungsalternativen definieren
Tragen Sie die Projekte oder Produkte zusammen, aus denen gewählt werden soll. Je kürzer die Liste ist, desto besser – denn mit jeder Option wird die Nutzwertanalyse komplizierter und langwieriger. Sie können so beispielsweise die Bewertung verschiedener Produktideen vornehmen.
2. Bewertungskriterien festlegen
Bestimmen Sie die Kriterien, anhand derer Sie die Entscheidungsalternativen bewerten wollen. Ihre Liste sollte nach Möglichkeit nicht mehr als zehn Elemente enthalten. Ein Bewertungskriterium könnte zum Beispiel die Höhe der Herstellungskosten eines Produkts sein.
3. Bewertungskriterien gewichten
In der Regel sind nicht alle Kriterien gleich wichtig. Im nächsten Schritt werden sie deshalb gewichtet. Ordnen Sie jedem Kriterium entsprechend seiner Wichtigkeit einen Prozentsatz zu. Nach der Bewertung der Kriterien muss die Summe aller Gewichtungen 100 Prozent ergeben.
4. Bewertungsmaßstab festlegen
Die einzelnen Kriterien werden später im Bewertungsverfahren mit Punkten evaluiert. Dazu müssen Sie vorab über einen Bewertungsmaßstab entscheiden. Dieser kann beispielsweise von eins bis fünf reichen. Ein Punkt ist gleichbedeutend mit „sehr schlecht”, zwei Punkte stehen für „schlecht”, drei Punkte „mittel”, vier Punkte „gut” und fünf Punkte „sehr gut”.
5. Alternativen bewerten
Ein weiterer essenzieller Schritt ist, dass Sie pro Entscheidungsoption und Kriterium Punkte vergeben. Anschließend legen Sie die vorab festgelegten Gewichtungen an die Punkte an.
Und so erfolgt die Bewertung: Angenommen, das Kriterium „Produktionskosten” ist Ihnen sehr wichtig. Deshalb haben Sie den Gewichtungsfaktor auf 40 Prozent festgelegt. Bei der Bewertung vergeben Sie für ein Produkt vier Punkte in dieser Kategorie. Wenn Sie nun die Gewichtung mit einbeziehen, ergibt sich ein finaler Wert von 1,6 Punkten.
6. Punkte zusammenrechnen und entscheiden
Im letzten Schritt rechnen Sie die Einzelgewichtungen zusammen. Die Option mit der höchsten Gesamtpunktzahl passt am besten zu Ihren Kriterien und ist die Alternative mit dem höchsten Gesamtnutzen.
Nutzwertanalyse erleichtern durch Vorlagen
Am einfachsten ist es, Nutzwertanalysen übersichtlich in Tabellen durchzuführen. Erstellen Sie am besten eine Tabellenvorlage, auf die Sie bei jeder neuen Entscheidung zurückgreifen können. Diese kann zum Beispiel so aussehen:
Quelle: Screenshot Excel
Nutzwertanalyse: Ein Beispiel
Nehmen wir einmal an, Ihr Unternehmen hat zwei Produkte entwickelt: eine wasserabweisende, robuste Jacke für Wanderer und eine kuschelige, warme Jacke für Kinder. Nur ein Produkt können Sie tatsächlich herstellen und vermarkten. Die Entscheidung fällt Ihnen sehr schwer, denn die beiden Jacken sind zu verschieden, um sie objektiv vergleichen zu können. Sie bedienen völlig unterschiedliche Zielgruppen.
An dieser Stelle kommt die Nutzwertanalyse ins Spiel.
Erst legen Sie die Bewertungskriterien fest:
- Produktionskosten
- Höhe des zu erwartenden Gewinns
- Innovationsgrad
Dann folgt die Gewichtung:
Für die Höhe des zu erwartenden Gewichts vergeben Sie 50 Prozent, für die Produktionskosten 30 und für den Innovationsgrad 20 Prozent.
Im Anschluss bewerten Sie die einzelnen Punkte auf einer Skala von eins bis fünf.
Quelle: Screenshot Excel
In der Summe gewinnt die Kuscheljacke für Kinder.
Ein weiteres, sehr bekanntes Beispiel für Nutzwertanalysen liefert die Stiftung Warentest. Sie nutzt die Methode, um ähnliche Produkte vergleichen und in eine Rangfolge bringen zu können.
Fazit: Nutzwertanalyse hilft bei der Entscheidungsfindung
Nutzwertanalysen sind eine hervorragende Möglichkeit, um bei schwierigen Problemen zu einer Entscheidung zu kommen. Anhand der Tabelle kann auch in Zukunft noch genau nachvollzogen werden, warum eine Entscheidung wie getroffen wurde.
Für kleinere Alltagsentscheidungen eignet sich die Methode jedoch weniger, dafür ist sie zu kompliziert. Nutzwertanalysen lassen sich alleine, aber auch im Team durchführen. Wenn Sie im Vorhinein einen Projektstrukturplan entwickelt haben, sollte die Methode schnell und einfach gelingen.
Im Anschluss an die Nutzwertanalyse folgt nach einiger Zeit im besten Fall eine Sensitivitätsanalyse. Dabei beurteilen Sie das Ergebnis und den Gesamtnutzen der Entscheidung, indem Sie verschiedene Parameter variieren.
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