Egal, ob bei einfachen Onlineumfragen oder in groß angelegten Studien: Eine objektive Betrachtungsweise ist das Maß aller Dinge in der quantitativen Forschung. Doch was ist damit eigentlich genau gemeint?

In diesem Artikel geben wir Ihnen einen umfassenden Einblick in das Gütekriterium der Objektivität und stellen Ihnen darüber hinaus zwei weitere Qualitätsfaktoren vor, die Sie für erfolgreiche Forschungsprozesse kennen müssen.

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Objektive Ergebnisse lassen sich anders als subjektive Beurteilungen auf die Allgemeinheit übertragen und können von vielen verschiedenen Personen nachvollzogen werden. Subjektivität ist daher das Gegenteil von Objektivität und beschreibt eine individuelle Meinung, die keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit hat.

Die Bedeutung von Objektivität: Gütekriterium der Unabhängigkeit

Ziel der Forschung ist es, Ergebnisse zu liefern, die einen allgemeingültigen Anspruch haben. Nur Auswertungen, die einen Bezug zur Realität aufweisen, bringen neue Erkenntnisse hervor. Deshalb ist die Objektivität eines der wichtigsten Gütekriterien bei wissenschaftlichen Untersuchungen. Sie gewährleistet, dass diejenigen, die die Testreihe durchführen, keinen Einfluss auf die Ergebnisse haben. Ideale Forschungsergebnisse sind neutral und sachlich. In der Praxis ist eine vollkommene Objektivität jedoch schwer umsetzbar.

Interindividuelle Objektivität vs. intraindividuelle Objektivität

Bei der Entscheidungsfindung wird abhängig von der Anzahl der Forschenden von der interindividuellen Objektivität sowie von der intraindividuellen Objektivität gesprochen. Bei der interindividuellen Objektivität werden mehrere Menschen zurate gezogen, um eine gemeinsame Entscheidung zu treffen. Im Idealfall gelangen alle zu dem gleichen Ergebnis, was für eine hohe Objektivität spricht. Jedoch können Uneinigkeiten dazu führen, dass eine Auswertung als unzureichend interindividuell kategorisiert wird.

Bei der intraindividuellen Objektivität wird die Entscheidung hingegen von einer Person getragen. Doch auch die Entscheidungsfindung eines Einzelnen ist von verschiedenen Einflüssen betroffen. Bei der intraindividuellen Objektivität beeinflussen etwa die Tagesform und Emotionen die Urteilsfindung, sodass jemand an unterschiedlichen Tagen zu verschiedenen Ergebnissen gelangen kann. Kommt ein Lehrer beispielsweise gestresst aus der Schule, bewertet er die Aufsätze seiner Klasse gegebenenfalls schlechter als an einem entspannten Tag. Äußere Einflüsse führen zu Verfahrensfehlern der intraindividuellen Objektivität.

Objektivität, Reliabilität, Validität: Zusammen für gute Forschung

Um die Qualität einer Forschung zu beschreiben, werden neben der Objektivität zwei weitere wichtige Gütekriterien herangezogen: die Reliabilität und die Validität.

Das Gütekriterium Objektivität bezieht sich auf das „Wer“ während der Testreihe. Es beschreibt die Unabhängigkeit der Personen, die die Forschung durchführen. Alle, die die Ergebnisse einer Untersuchung auswerten, müssen zum gleichen Ergebnis kommen, damit sie als objektiv gelten. Gleichzeitig ist die Objektivität jedoch auch das schwächste Gütekriterium, da äußere Faktoren die Fähigkeiten des Menschen leicht beeinflussen können. Eine vollkommene Objektivität lässt sich daher nur selten in der Praxis wiederfinden.

Mit der Reliabilität wird das „Wie“ einer Studie beschrieben. Dabei geht es darum, wie verlässlich ein Ergebnis ist. Werden Messungen mehrmals durchgeführt, so sollten sie idealerweise immer zum gleichen Ergebnis kommen. Nur dann gelten sie als reliabel, also zuverlässig.

Das letzte Gütekriterium ist die Validität. Hierbei wird das „Was“ der Untersuchung beschrieben. Die Validität beschreibt folglich die Gültigkeit einer Auswertung. Die verwendeten Messinstrumente müssen das messen, was tatsächlich gemessen werden soll. Die Validität gilt somit auch als das wichtigste der Gütekriterien.

Die Subkategorien von Objektivität: Forschungsprozess konsequent bewerten

Gleichwohl die Umsetzung der Personenunabhängigkeit im Forschungsprozess schwer umsetzbar ist, bleibt die Objektivität ein wichtiges Qualitätsmerkmal von wissenschaftlichen Studien. Um objektive Ergebnisse zu liefern und die Objektivität entlang der gesamten Forschung zu gewährleisten, wird der Prozess in drei Bereiche kategorisiert:

Durchführungsobjektivität

Mimik, Gestik oder direkte Äußerungen wirken sich auf die Angaben und das Verhalten der Probanden und Probandinnen aus. Sie haben somit einen negativen Einfluss auf die Objektivität. Um die Durchführungsobjektivität zu gewährleisten, sollte deshalb idealerweise kaum bis gar keine Interaktionen mit den Testpersonen erfolgen. Außerdem ist es wichtig, die Testung für alle Teilnehmenden unter den gleichen Bedingungen zu gewährleisten.

Beispiel für Durchführungsobjektivität: Eine Interviewerin möchte herausfinden, welchen Einfluss die Arbeit im Großraumbüro auf die Mitarbeitenden einer Firma hat. Bevor die Befragung startet, klärt die Interviewerin über die Nachteile von Großraumbüros auf. Die Antworten der Angestellten wurden durch dieses Vorgehen indirekt beeinflusst.

Auswertungsobjektivität

Die Auswertungsobjektivität tritt immer dann auf, wenn die Ergebnisse von unterschiedlichen Beteiligten beurteilt und bewertet werden. Sollen Testpersonen nach der Befragung in verschiedene, zuvor definierte Kategorien eingeordnet werden, so kann es sein, dass ein Forscher anders urteilt als ein anderer. Gerade ordinale Kriterien können nicht immer real zugeordnet werden, da Forscher und Forscherinnen zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen. Um die Auswertungsobjektivität zu sichern, muss deshalb im Vorhinein eine Anleitung festgelegt werden, anhand derer die Zuordnung erfolgen soll.

Beispiel für Auswertungsobjektivität: In einer Oberschule soll das Leistungsniveau der Schülerschaft untersucht werden. Während ein Forscher Schüler und Schülerinnen als besonders leistungsstark empfindet, wenn sie gute Noten schreiben, empfindet eine andere Forscherin Kinder als leistungsstark, wenn sie eigenständig arbeiten. Um diese individuelle Einschätzung zu vermeiden, müssen vor der Befragung klare Kriterien definiert werden, die die Kategorie „leistungsstark“ ausmachen.

Interpretationsobjektivität

Schließlich soll die Auswertung in einen Zusammenhang zur Realität gebracht werden. Dazu müssen die Ergebnisse interpretiert werden. Um eine Interpretationsobjektivität zu erreichen, muss die Auswertung mithilfe von standardisierten Messinstrumenten durchgeführt werden. Skalen und Normierungen helfen beispielsweise dabei, die Ergebnisse zu sortieren. Im Idealfall fällt die Interpretation trotz unterschiedlicher Forschender immer gleich aus.

Beispiel für Interpretationsobjektivität: Das Gehaltsniveau aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Firma soll untersucht werden. Zuvor wurden die Kategorien „niedrig“, „mittel“ und „hoch“ durch genaue Beträge definiert. Anschließend werden die Angestellten und ihre Position im Unternehmen in die Skala eingeordnet, um zu interpretieren, welche Abteilung am meisten verdient.

Fünf essenzielle Tipps für die objektive Forschung

Damit Sie die Objektivität Ihrer Forschung, Studien und Umfragen gewährleisten können, sollten Sie sich an den folgenden Tipps orientieren:

  1. Vermeiden Sie zwischenmenschliche Kommunikation mit den Testpersonen. Je mehr Sie im Austausch mit den Probanden und Probandinnen Ihrer Studie sind, desto stärker beeinflussen Sie ihre Antworten.
  2. Lassen Sie sich bei der Durchführung und Auswertung nicht von persönlichen Emotionen beeinflussen. Wir alle haben mal einen schlechten Tag, doch Ihr Gemütszustand darf Ihr Urteilsvermögen nicht beeinflussen.
  3. Verwenden Sie standardisierte Regeln und Instrumente. Skalen und normierte Verfahren unterstützen Sie bei der Auswertung und verhindern subjektive Einschätzungen bei der quantitativen Forschung ebenso wie bei der qualitativen Forschung.
  4. Lassen Sie Befragungen von geschulten Fachkräften durchführen. Praktikanten, Werkstudierende oder Auszubildende die Durchführung einer Studie zu überlassen, sollte nicht zu Ihrem Vorgehen gehören.
  5. Lassen Sie die Auswertung immer von mehreren Personen durchführen. Damit verhindern Sie, dass individuelle Meinungen das Ergebnis bestimmen. Je mehr Menschen zur gleichen Erkenntnis gelangen, desto größer ist die Objektivität Ihrer Untersuchung.

Fazit: Gestalten Sie Ihre Umfragen so objektiv wie möglich

Obwohl sich das Gütekriterium der Objektivität praktisch nur schwer erfüllen lässt, helfen Ihnen die einzelnen Prozessschritte bei der Umsetzung. Verfolgen Sie die Durchführungsobjektivität, Auswertungsobjektivität und Interpretationsobjektivität Schritt für Schritt, um die maximale Qualität Ihrer Primärforschung zu ermöglichen. Besonders wichtig ist es, die Testpersonen nicht durch zwischenmenschlichen Kontakt zu beeinflussen und die Auswertung von möglichst vielen verschiedenen Beteiligten überprüfen zu lassen.

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Titelbild: UX Indonesia / Unsplash

Ursprünglich veröffentlicht am 28. April 2023, aktualisiert am April 28 2023

Themen:

Marktforschung