Snapchat hat einen riesigen Hype losgetreten. Story-Funktion und animierte Filter kommen nicht nur bei den Nutzern gut an – Instagram und Facebook ließen sich von den Funktionen ebenfalls inspirieren und haben Variationen dessen in das eigene Portfolio übernommen.
Doch die Snapchat-App schlägt sich mit stetig wachsendem Funktionsumfang weiterhin wacker. Und auch im Marketing-Mix vieler Unternehmen ist Snapchat zum starken Image-Instrument geworden, wie Vermarktungskampagnen von Otto, der BVG oder Sony Music zeigen.
Snapchat-Marketing in Deutschland
Überall dort, wo sich im Internet viele Menschen tummeln, steckt großes Marketing-Potenzial. Doch während Facebook und Instagram längst von der Werbewelle überrollt wurden, bietet sich auf Snapchat noch das klassische soziale Netzwerk.
Und es hat eine große Besonderheit: Da Snaps nur bedingt wiederholt angesehen werden können, müssen die Nutzer besonders konzentriert aufpassen. Genau dieses Konzept der App scheint nach wie vor zu funktionieren.
Weltweit gab es 2018 bereits 150 Millionen täglich aktive Snapchatter, zehn Millionen mehr als bei Twitter. 2020 ist die Summe der aktiven Nutzer auf 249 Millionen gestiegen, was einen eindeutig steigenden Trend zeigt.
In den USA lassen sich 49,2 Prozent aller 25- bis 34-Jährigen via Snapchat erreichen. In der Zielgruppe der 18- bis 24-Jährigen sind es sogar 81,3 Prozent.
Der Erfolg von Snapchat liegt also vor allem darin begründet, dass eine besonders junge Zielgruppe zuverlässig erreicht wird. Amerikanische Unternehmen nutzen dieses Wissen bereits für ihr eigenes Marketing – allen voran große Brands wie Starbucks, Taco Bell, Everlane oder General Electrics.
Und auch Unternehmen und Social-Media-Marketer in Deutschland setzen zunehmend auf die vielfältigen Funktionen der App. Hierzulande wird Snapchat von sechs Prozent der Online-User täglich genutzt – bei Twitter sind es nur zwei Prozent. Unter den 14- bis 19-Jährigen ist fast jeder dritte täglich auf der Instant-Messaging-Plattform unterwegs.
Snapchat für Unternehmen: Keine Angst vor dem kleinen Geist
AR-Filter, kostenlose Infotainment-Serien-Formate und Content mit einer maximalen Lebenserwartung von zehn Sekunden – die innovative Funktionalität, die Vergänglichkeit und der limitierte Konsum von Content machen für junge Nutzer den Reiz von Snapchat aus.
Das Internet vergisst nicht – Snapchat schon. Das macht Marketer skeptisch. Doch gerade hierin liegen die Vorteile gegenüber etablierten Kanälen:
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konkurrenzloser Content: Snaps stehen nicht in direkter Konkurrenz zueinander. Nutzer müssen Inhalte einzeln konsumieren und können dadurch nicht von anderem Content (z. B. eines Newsfeeds) abgelenkt werden.
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Aufmerksamkeit der Nutzer: Durch die limitierte Verfügbarkeit schenken Nutzer den Snaps ihre volle Aufmerksamkeit.
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Authentizität: Vergänglichen Snaps und Storys haftet ein „Live“-Charakter an, durch den Marken maßgeblich an Glaubwürdigkeit gewinnen können. Die Möglichkeiten für kleine Spielereien mit den Aufnahmen und Snapchat-Effekte machen sie zudem zugänglicher als auf Hochglanz getrimmte Werbeanzeigen.
Allerdings gibt es bei Snapchat nicht nur Vorteile: Snapchat ist eine Messaging-App, was bedeutet, dass Snapchatter mit befreundeten Snapchattern „kommunizieren“. Wie aber lässt sich eine persönliche Beziehung aufbauen, wenn sich hinter dem Account bei Snapchat ein Unternehmen verbirgt?
Storys verschwinden nach 24 Stunden, Snaps werden nach dem Öffnen gelöscht – mit den 2016 eingeführten Memories- und Share-Funktionen gilt das nur noch bedingt.
Snaps lassen sich seither archivieren und an Freunde weiterverschicken. Einzelne Snaps können so mehrmals ausgespielt werden und erreichen über das Teilen neue Nutzerkreise.
Die vermutlich von Instagram inspirierte Highlight-Funktion erlaubt es nun auch, dass Snaps im eigenen Profil abgespeichert werden können – jedoch steht die Funktion nur Creatorn zur Verfügung.
Zusätzlich gibt es einen Discover-Bereich, auf dem Medienhäuser ein breitgefächertes Angebot zur Verfügung stellen. Redaktionshäuser wie VICE, DER SPIEGEL oder BILD arbeiten hierfür mit Snapchat zusammen und ergänzen die Plattform um eine wichtige Unterhaltungsquelle für die Nutzer.
Doch nicht nur Medienhäuser haben den Reiz der Plattform erkannt. Immer mehr Unternehmen nutzen die Vermarktungspotentiale von Snapchat. Die Möglichkeiten reichen dabei von innovativen Story-Formaten auf dem eigenen Kanal bis hin zu kreativen Werbeanzeigen – wie beispielsweise gebrandete Lenses.
Sogar eigene kurze Serien lassen sich auf der Plattform veröffentlichen. Snapchat erweitert seinen Funktionsumfang stetig und setzt dabei ganz klar auf spielerische und unterhaltende Elemente.
Drei Beispiele für Snapchat-Marketing aus Deutschland
Im Folgenden möchten wir Ihnen drei Musterbeispiele für Snapchat-Marketing von Unternehmen vorstellen.
1. Otto setzt auf Snapchat Influencer-Marketing
Ottos Weihnachtskampagne 2020 ist zu einem crossmedialen Unterfangen geworden. Im Mittelpunkt steht das eigene Zuhause und eine gemütliche Einrichtung zu den Feiertagen. Unter dem Slogan „Weihnachten hat ein Zuhause. Deins.“ gibt der Versandhändler Tipps und Tricks rund um die Einrichtung der eigenen vier Wände.
Neben dem Unternehmen selbst sind außerdem 27 Influencer mit von der Partie. Damit liegt der Konzern voll im Trend – denn nicht nur auf Instagram und TikTok sind Influencer zu einem der wichtigsten Marketinginstrumente geworden, auch auf Snapchat findet das Thema immer mehr Anklang.
Neben einer reinen Verkaufs-Werbestrategie punktet Otto auf Snapchat auch mit innovativen Erlebnissen. So können Snapchat-Nutzer gebrandete Schneekugel- und Tannenbaum-Filter verwenden und sich ein virtuelles Rentiergeweih aufsetzen.
Quelle: Internetworld
Doch bereits vor dieser Kampagne ist das deutsche Unternehmen auf Snapchat unterwegs gewesen, um eine junge Zielgruppe auf sich aufmerksam zu machen.
Auf dem Otto-Azubiblog können Snapchat-User den Alltag bei Otto verfolgen und bekommen einen Einblick in das Berufsleben beim Versandhändler. Recruiting ganz nach dem Geschmack der Generation Z.
Quelle: Screenshot vom Otto-Azubiblog in der Snapchat-App
Learning:
Für Crossmediale Kampagnen ist Snapchat längst auf dem Radar der Marketer. Dank der spielerischen Elemente können einmalige Kundenerlebnisse geschaffen werden, die das Image der eigenen Marke stärken.
Doch nicht nur im Marketing ist Snapchat beliebt – junge Talente lassen sich durch einen Blick hinter die Kulissen rekrutieren. Snap-Stories bieten tolle Möglichkeiten, um Einblick in den Unternehmensalltag zu geben.
2. BVG kurbelt App-Downloads durch Snapchat Lenses an
Das Berliner Verkehrsunternehmen (BVG) ist für seine provokativen und einzigartigen Marketingkonzepte bekannt. Da verwundert es nicht, dass auch zum Start der neuen Jelbi-App ein außergewöhnlicher Weg eingeschlagen wurde.
Das Berliner Unternehmen entwickelte zusammen mit Snapchat eine Augmented-Reality-Lösung, die Offline-Plakat-Werbung gekonnt mit Online-Funktionen kombinierte.
Quelle: German Brand Award
Die Jelbi-Snapchat-Lens forderte den User auf, das Werbeplakat zu finden und zu scannen. Hielt der User seine Kamera auf das Plakat, wurden die Türsteher Frank Künster, Smiley Baldwin und Rummelsnuff plötzlich lebendig und fingen an zu sprechen: „Du willst tanzen? Na dann tanz mal ab. Lad die Jelbi-App und fahr heim.“
Learning:
Call-to-Actions müssen nicht plump oder unkreativ sein. Innovative Lösungen wie die AR-Lens der BVG zeigen, dass sich mit den Snapchat-Funktionen selbst Conversions ganz gezielt ankurbeln lassen. Obendrauf wird dem User ein spektakuläres Erlebnis geboten, von dem er mit etwas Glück auch seinen Freunden berichten wird.
3. Sony Music produziert Rapper-Infotainment-Format
Sony Music hat 2019 als erstes großes Unternehmen im deutschsprachigen Raum eine Snapchat-Show produziert. Auf dem „Alles Gold“-Kanal berichtet der Hip-Hop-Experte Zino in „This is“ allerlei Wissenswertes rund um die Rap-Szene. Bereits 43,4 Tausend Abonnenten folgen der Mini-Serie auf Snapchat. Die drei- bis fünf-minütigen Clips handeln von bekannten Gesichtern und präsentieren Erfolgsgeschichten aus dem Hip-Hop-Milieu.
Vorgestellt werden natürlich Angebote, die auch über Sony Music produziert wurden. Doch der Werbecharakter ist sehr subtil, was in der jungen Zielgruppe besonders gut ankommt.
Quelle: Screenshot vom „Alles-Gold“-Kanal in der Snapchat-App
Learning:
Sony Music zeigt, dass Marketing mehr ist als nur Werbeanzeigen. Das Unterhaltungsformat bietet Musikliebhabern einen deutlichen Mehrwert und punktet damit auf gesamter Linie. Dank der Snapchat-Funktion können Unternehmen im Bereich von Videoformaten noch kreativer werden.
Fazit: Integrieren Sie Snapchat in Ihre Marketing-Strategie
Snapchat etabliert sich zunehmend als innovative Vermarktungsplattform am Horizont der sozialen Netzwerke – verliert dabei jedoch nicht seinen individuellen Charakter. Nach wie vor stehen eine junge Zielgruppe und authentischer Content im Fokus.
Etablierte Brands haben das erkannt, kleinere müssen sich als Early Adopter trauen und selbstironisch an die junge Zielgruppe herantreten. Snapchat zwingt Unternehmen dazu, ihren Perfektionismus gegen Spontanität einzutauschen. Dabei lautet die Devise: Probieren geht über skalieren.
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