Wie meistern Gründer die Finanzierung ihres Startups? Laut dem Deutschen Startup Monitor 2020 setzen die meisten auf die eigenen Ersparnisse, danach folgen staatliche Fördermittel und Business Angels als Mittel der Wahl. Das bedeutet: Der Start eines jungen Unternehmens erfolgt meistens über das sogenannte Bootstrapping.
Was ist Bootstrapping?
Unter Bootstrapping versteht man in der Startup-Szene das Hochziehen eines Unternehmens mit eigenen, eng geschnürten Mitteln. Zumindest am Anfang finanziert ein Gründer oder ein Gründerteam sein Vorhaben lediglich mit Eigenkapital, nicht mit Fremdkapital.
Woher kommt der Begriff?
„Bootstrap“ heißt übersetzt „Stiefelriemen“. Einer englischen Redewendung nach bedeutet Bootstrapping, dass Sie sich selbst mit einem Riemen über einen Zaun ziehen können. Eine Analogie dazu ist die Geschichte des Lügenbarons Münchhausen: Der befreite sich angeblich selbst aus einem Sumpf, indem er an seinem Schopf zog.
Was ist mit der Bootstrapping-Statistik gemeint?
Der Begriff „Bootstrapping“ kommt in verschiedenen Bereichen zum Einsatz, teilweise mit stark unterschiedlichen Bedeutungen. So auch im Bereich der Statistik, bei der das Bootstrapping eine Resampling-Methode darstellt. Das hat aber nichts mit dem Startup-Bootstrapping zu tun.
Für welche Gründer eignet sich das Bootstrapping?
Viele Unternehmensgründungen benötigen eine große Menge Geld. Doch nicht immer gelingt es den Entrepreneuren dafür einen Bankkredit oder gar die Unterstützung von Business Angels zu gewinnen. Alternative Finanzierungsmethoden wie Crowdfunding gestalten sich als sehr zeitaufwändig und bringen selten den erhofften Erfolg.
Beim Bootstrapping beschließen Sie, sich sinnbildlich selbst am Haar zu packen, um den Beginn und das Wachstum Ihres Startups zu meistern.
Das heißt, Sie …
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besitzen genügend Kapital (zum Beispiel Ersparnisse), um den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen.
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sind mutig und dementsprechend risikobereit.
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möchten so lange wie möglich Ihr eigener Herr sein.
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haben nicht nur eine vage Geschäftsidee im Kopf, sondern ein durchdachtes Konzept.
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besitzen einen ausgearbeiteten Businessplan, der alle wichtigen Kennzahlen beinhaltet.
Trotz Risikobereitschaft und Geschäftskonzept eignet sich das Bootstrapping nicht für jede Gründung eines Unternehmens. Die Finanzierung mancher Vorhaben, beispielsweise im Deeptech-Bereich, sind derart kostspielig, dass die Allerwenigsten das mit Eigenkapital stemmen können. Hier ist die zusätzliche Aufnahme von Fremdkapital (zum Beispiel in Form von Krediten) nötig.
Die 7 Grundsätze des Bootstrappers
Amar Bhide, Entrepreneurship-Professor an der Harvard Business School, arbeitete in seiner Veröffentlichung „The Art of Start-ups“ mehrere wichtige Tipps für Bootstrapper heraus. Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen:
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Beginnen Sie so schnell wie möglich. Das Nachahmen einer bestehenden Idee (Copycat) ist dafür in Ordnung.
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Bieten Sie hochwertige Produkte oder Dienstleistungen an, da diese sich meist mehr lohnen.
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Achten Sie stets auf Ihre Ressourcen: Keine kostspieligen Experimente oder teuren Mitarbeiter!
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Wachsen Sie kontrolliert und in einem eng abgesteckten Rahmen.
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Behalten Sie stets Ihre Finanzen im Blick, achten Sie immer auf Ihre Einnahmen.
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Halten Sie nach „Quick Wins“ Ausschau, mit denen Sie schnell zum Break-Even-Point gelangen.
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Bleiben Sie in Kontakt zu Banken, auch wenn Sie anfangs noch keinen Kredit aufnehmen möchten.
Anders ausgedrückt: Gehen Sie nach der Bootstrapping-Philosophie vor, müssen Sie effizient arbeiten. Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche. Starten Sie klein und wachsen Sie langsam Schritt für Schritt. Nicht Ihr Marktanteil oder eine innovative Revolution stehen im Fokus, sondern das möglichst schnelle Generieren von Umsätzen.
Ein Beispiel: Mieten Sie sich nicht ein Büro an, in dem schicke Möbel stehen. Bleiben Sie lieber sparsam und gründen Sie Ihr Startup in der Garage oder in einem Nebenzimmer.
Die Vor- und Nachteile des Bootstrap-Verfahrens
Bootstrappen Sie, hat das folgende Vor- und Nachteile:
Vorteile:
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Sie nehmen kein Fremdkapital auf, wodurch sie unabhängig bleiben
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Sie können schnell durchstarten, eventuell auch als Sidepreneur
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Sie minimieren Ihre Ausgaben und verzichten auf unnötige Ausgaben
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Sie werden durch den Mangel an Ressourcen kreativer
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Sie reduzieren das Risiko, groß zu scheitern
Nachteile:
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Sie haben zu wenig Geld für Experimente oder ein schnelles Wachstum
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Sie können die benötigte Expertise nicht einkaufen
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Sie stehen unter einem hohen Leistungsdruck
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Sie müssen lernen, kreativ, mutig und konzentriert zu sein
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Sie können schnell von besser aufgestellten Mitbewerbern ausgestochen werden
Die Finanzierung Ihrer „Bootstrap“-Gründung
Beim Bootstrapping geht es darum, sein Startup möglichst lange eigenständig zu finanzieren. Neben Ihrem Eigenkapital können Sie weitere Möglichkeiten nutzen:
Lieferantendarlehen: Bitten Sie Ihre Lieferanten beispielsweise um möglichst kulante Zahlungsmodalitäten.
Fördergelder: Gründerwettbewerbe und Fördermittel sind häufig genutzte Wege, um die Kasse aufzustocken.
Family, Friends & Fools: Bitten Sie Freunde, Familienmitglieder und Bekannte um Unterstützung.
Leasing: Viele Betriebsmittel wie Geschäftswagen können geleast statt gekauft werden.
Starten wie Münchhausen
Nein, beim Bootstrapping sollten Sie nicht lügen, sondern aus eigener Kraft durchstarten. Lernen Sie, wie Sie sparsam, kreativ und zielgerichtet Ihr Startup aufbauen. Gelingt Ihnen so ein Proof of Concept, können Sie überlegen, wie Sie schrittweise Investoren oder Unterstützer in Ihr Business involvieren.
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