Crowdsourcing: So nutzen Sie die Intelligenz der Masse

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Andreas Graßer
Andreas Graßer

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Yoko Ono sagte einmal: „Ein Traum, den man alleine träumt, ist nur ein Traum. Ein Traum, den man zusammen träumt, wird Wirklichkeit.“ Was die Frau von John Lennon damit meinte, lässt sich auf verschiedene private und berufliche Bereiche übertragen – zum Beispiel Partnerschaft oder Familien; und auf die Zusammenarbeit bei Crowdsourcing-Projekten.

Grafik mit Menschen und Schriftzug Crowdsourcing

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Crowdsourcing wird ins Deutsche als Massenauslagerung oder Schwarmauslagerung übersetzt. Allerdings sind diese Bezeichnungen unüblich, es hat sich der englische Begriff Crowdsourcing etabliert.

Personen, die sich am Crowdsourcing beteiligen, nennt man Crowdworker oder Clickworker. Letztere haben ihren Ursprung in bestimmten Aufgaben, die von großen Personengruppen sinnbildlich per Mausklick erledigt werden.

Woher kommt die Bedeutung des Begriffs?

Der Begriff „Crowdsourcing“ stammt vom amerikanischen WIRED-Journalisten Jeff Howe, der ihn 2006 zum ersten Mal verwendete, als das sogenannte Web 2.0 aufblühte. YouTube, Blog-Systeme, Wikipedia, Social Media und andere Plattformen konnten nur so erfolgreich werden, weil die Nutzer und Nutzerinnen – also die „Crowd“ – sehr engagiert Inhalte erstellten und teilten. Und das passierte bei den Crowdworkern meist aus eigenem Antrieb, ohne finanzielle Anreize.

Was gehört zum Crowdsourcing?

In den Bereich des Crowdsourcing fallen unterschiedliche Begriffe, deren Bedeutungen sich teilweise überschneiden. Zum Beispiel:

  • Crowdfunding: Das ist die finanzielle Unterstützung von Projekten (beispielsweise Umwelt- und Technologieprojekte) mit dem Risiko, dass es kein Ergebnis geben könnte.
  • Crowdinvesting: Zahlreiche Personen investieren Kleinbeträge, meist in Start-ups und Immobilien, und erhoffen sich davon hohe Renditen.
  • Crowdtesting: Eine große Gruppe von Menschen testet unfertige Vorab-Versionen (Beta-Versionen) einer Software, zum Beispiel Online-Computerspiele, um Fehler zu finden.
  • Open Source: Mehrere (Hobby-)Programmierer und Programmiererinnen entwickeln neue Ideen für eine Software, die sie zusammen umsetzen und kostenlos vertreiben.
  • Crowd Sourced Delivery: Zu den recht jungen Formen des Crowdsourcing gehört die sogenannte Crowd-Sourced Delivery. Hierbei liefern Privatpersonen für Unternehmen Produkte oder Waren aus.
  • Open Innovation: Unternehmen bringen ihre Innovationsprozesse voran, indem sie externes Know-how zurate ziehen und/oder ihr Wissen nach außen geben.
  • Co-Creation: Kunden und Kundinnen dürfen bei der Gestaltung von neuen Produkten mitwirken. So stimmen Sie zum Beispiel per Online-Voting über das Packungsdesign oder ein Logo ab.
  • Social Forecasting: Hierbei handelt es sich nicht um eine Social-Media-Plattform, sondern eine besondere Art der Meinungsbildung. Anhand von Prognosen und dem Wissen von Angestellten sowie Experten und Expertinnen werden Business-Entscheidungen abgeleitet.

Einsatzbereiche von Crowdsourcing

Wie der Name schon sagt, geht es darum, die sogenannte Schwarmintelligenz zu nutzen. Dabei soll eine Menschengruppe dazu bewegt werden, an neuen Ideen aktiv mitzuwirken. Zum Beispiel, um Konzepte zu realisieren, die ein Freelancer bzw. eine Freelancerin oder ein Start-up niemals allein meistern könnten.

Viele Crowdsourcing-Plattformen leben durch das Engagement der Mitglieder, die sich gerne ohne Bezahlung austauschen und gegenseitig unterstützen. Beispielsweise helfen sie sich bei der Reiseorganisation, geben Tipps bei der Buchhaltung oder bei der Entwicklung neuer Software-Projekte.

Doch nicht immer kommt die Gratis-Mentalität gut an. Zumal es die User und Userinnen gewohnt sind, für bestimmte Aufgaben (finanziell) entlohnt zu werden. Derartige Clickworker erhalten kleine oder mittelgroße Entlohnungen, zum Beispiel für das Schreiben von Produkttexten oder Rezensionen.

Vor- und Nachteile von Crowdsourcing

Es wird die Power der Crowd, also der Menge, genutzt, um ein Ziel zu erreichen. Dies hat den Vorteil, dass das Unternehmen, das eine Crowdsourcing-Plattform zur Verfügung stellt, wichtige Assets an die Crowdworker „auslagern“ kann:

  • Know-how/Wissen
  • Workpower/Arbeitskraft
  • Geld/finanzielle Mittel

Durch das Crowdworking lassen sich insbesondere Arbeitsprozesse beschleunigen. Durch das Nutzen der Schwarmintelligenz entsteht unter Umständen eine kreative Energie, die tolle Ergebnisse liefert. Zudem werden eventuell Tätigkeiten, für die Unternehmen früher Mitarbeitende einstellen und bezahlen mussten, von den Crowdworkern kostenlos erledigt.

Crowdsourcing bringt jedoch ebenso ein paar Nachteile mit sich:

  • hoher Aufwand, um das Feedback der Crowd einzusammeln
  • Entscheidungsgewalt auf viele Schultern verteilt, was Prozesse verlangsamt
  • finanzielle Unterstützung oft nicht ausreichend
  • Ergebnisse sind manipulierbar
  • negatives Feedback auf Social Media
  • Rechtslage (beispielsweise für Wiederverwertung) kann kompliziert ausfallen

Voraussetzungen für ein erfolgreiches Crowdsourcing: Worauf sollten Unternehmen achten?

Beim Crowdsourcing steigt das sogenannte Customer Empowerment, das heißt, die Bindung einer Kundschaft zu einem Produkt – und damit auch zu einem Unternehmen, da beide für ein gewisses Projekt an einem Strang ziehen.

Allerdings ist die Umsetzung eines Crowdsourcing-Projektes alles andere als einfach: Unternehmen müssen für die besondere Form des Outsourcings unter anderem die Zuständigkeiten und die Rechtslage klären. Das ist besonders dann der Fall, wenn Gelder fließen oder es um kommerzielle Interessen geht. Überhaupt muss im Voraus genau abgewogen werden, ob man für die Crowdworker finanzielle Anreize schafft, damit sie sich an dem Projekt beteiligen.

Das Thema Transparenz ist bei Crowdsourcing ebenso wichtig: Ein gutes Vorbild dafür ist die „Über uns“-Seite von Wikimedia Deutschland (dem Verein hinter Wikipedia), auf der die Betreibenden das Prinzip der Zusammenarbeit ganz genau erklären.

Und: Eine Crowdsourcing-Plattform aufzubauen und zu pflegen, stellt eine große Herausforderung dar. Unter anderem, weil es klare Arbeitsprozesse und eine Betreuung der Community geben muss. Ansonsten endet das Vorhaben schnell im Chaos.

Bekannte Beispiele für Crowdsourcing-Plattformen

Crowdsourcing klingt sperrig und fremd. Doch viele Projekte, die mit dieser Idee realisiert werden, sind namhaft und bekannt. Ein paar Beispiele:

Wikipedia

Die größte Online-Wissensdatenbank Wikipedia ist nur deshalb so erfolgreich, weil weltweit tausende ehrenamtliche Autorinnen und Autoren unentgeltlich mitschreiben. Die Anzahl an Wikipedia-Texten wächst mit jedem Tag, bestehende werden ständig aktualisiert. Die Popularität von Wikipedia führte unter anderem dazu, dass Microsoft seine Multimedia-Enzyklopädie „Encarta“ 2009 einstellte. Und die „Encyclopædia Britannica“ erscheint seit 2012 nur noch digital.

ISPO Open Innovation

Aus der Internationalen Fachmesse für Sportartikel und Sportmode in München, kurz ISPO, entstand die ISPO Open Innovation. Mithilfe der Plattform können Sportler und Sportlerinnen neue Produkte und Marken testen. So arbeiten diese am Entwicklungsprozess mit und lassen ihre Ideen einfließen.

99designs

Selbstständige und Unternehmen, die ein Logo, Buchcover oder ein Webdesign benötigen, finden auf 99designs schnell und einfach den passenden Designer oder die passende Designerin. Laut eigenen Angaben wurden über die global agierende Clickworker-Plattform schon Millionen Design-Aufgaben vergeben.

Kickstarter, Indiegogo und Startnext

Kickstarter und Indiegogo sind weltweit bekannte Crowdfunding-Plattformen. Auf diesen stellen Kreative, Entrepreneure oder Entrepreneurinnen und Unternehmen vor allem Games- und Tech-Projekte vor, für die sie finanzielle Unterstützung durch die Masse benötigen. Im deutschsprachigen Raum ist Startnext bekannt. Hier dominieren Kunstprojekte.

Google Maps und OpenStreetMap

Google Maps wird zwar von Google betrieben und entwickelt, doch der Kartendienst lebt von den Bewertungen, Rezensionen und Fotos der Community. Ähnlich sieht es beim Open-Source-Projekt OpenStreetMap aus.

Sourceforge und GitHub

Die Open-Source-Community stellt ihre Produkte gerne auf Crowdsourcing-Plattformen wie Sourceforge und GitHub kostenfrei zur Verfügung. Programmierer und Programmiererinnen, die Zeit und Interesse haben, können bei der Realisierung der Programme mitwirken oder gar neue Varianten entwickeln.

Tripadvisor, Amazon & Co.

Auch Onlineshops wie Amazon und Alibaba sowie Plattformen wie Yelp oder Tripadvisor gehören in gewissem Maße zum Crowdsourcing. Denn hier kann die Crowd ihre Meinung zu Produkten und Locations abgeben, ausführliche Reviews schreiben und teilweise Fotos hochladen.

Crowdsourcing-Plattformen aus Deutschland

Das Outsourcing von bestimmten Aufgaben hat sich nicht nur bei US-Firmen etabliert. Es gibt auch ein paar bekannte Crowdsourcing-Plattformen aus Deutschland. Dazu zählen beispielsweise Startnext (Crowdfunding), Designenlassen (Clickworking) und Testbirds (Crowdtesting).

Fazit: Crowdworking kann sich auszahlen

Das Internet trat vor Jahrzehnten seinen Siegeszug an, weil es ein offenes, kostenloses Netz war, an dem alle Interessierte mitarbeiten konnten. Diese Idee nutzen Organisationen und Unternehmen, wenn sie auf Crowdsourcing setzen: Sie setzen auf das Outsourcen bestimmter Aufgaben an eine große Gruppe von Menschen, die mit Begeisterung ein Projekt oder eine Idee verfolgen.

Schwarmintelligenz kann großartige Ergebnisse hervorbringen, aber auch Probleme verursachen. Deshalb ist es wichtig, ein Crowdworking-Projekt bedacht aufzusetzen und es während der Laufzeit engmaschig zu betreuen.

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Titelbild: nadia_bormotova / iStock / Getty Images Plus

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