Was ist ein Joint Venture? Definition und Arten

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Daniel Wolter
Daniel Wolter

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Seit jeher arbeiten Unternehmen aus den verschiedensten Gründen zusammen. Das Joint Venture, also die Gründung eines gemeinsamen Tochterunternehmens, stellt die wohl intensivste Form der Kooperation dar. Welche Motive die Partner bzw. Partnerinnen mit Gemeinschaftsunternehmen verfolgen, welche Joint Venture Arten es gibt und worin die Vor- und Nachteile liegen, erfahren Sie in diesem Artikel.

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Ursprünglich bezeichnete der Begriff „Joint Venture” der Definition nach vielfältige Arten der Kooperation mehrerer Partnerunternehmen. Im wirtschaftlichen Kontext meint er heute hingegen die gängige Bedeutung des Joint Ventures als Gemeinschaftsunternehmen unter Kapitalbeteiligung mehrere Partnerbetriebe.

Gemeinsames Wagnis: Joint Venture per Definition

Im Allgemeinen legt der Ausdruck „Joint Venture” die Bedeutung gleich offen. Er setzt sich aus den beiden englischen Wörtern „joint” (gemeinsam/gemeinschaftlich) und „venture” (Unternehmung oder Wagnis) zusammen. Wortwörtlich bedeutet Joint Venture auf Deutsch demnach „gemeinschaftliches Projekt” oder „gemeinsames Wagnis” – und das bringt direkt auf den Punkt, was das Joint Venture auszeichnet.

Die Besonderheit einer solchen Unternehmensgründung ist, dass es sich bei den Kapitalgebern bzw. -geberinnen und/oder Gründern bzw. Gründerinnen um zwei oder mehr Partnerunternehmen handelt.

Konkret bedeutet das: Mindestens zwei finanziell und juristisch voneinander unabhängige Unternehmen gründen im Rahmen einer geschäftlichen Kooperation ein Gemeinschaftsunternehmen.

Ein bekanntes Beispiel für ein Joint Venture ist der deutsche Mautbetreiber Toll Collect, an dem sich die Deutsche Telekom und Daimler jeweils zu 45 Prozent sowie die französische Vinci-Group zu zehn Prozent beteiligten. Weitere Joint Venture Beispiele stellen wir im Laufe dieses Artikels vor.

Die Partnerunternehmen bleiben weiterhin eigenständig, bündeln ihre Ressourcen aber bis zu einem gewissen Grad im Joint Venture, um Synergien zu schaffen und gemeinsame Ziele zu erreichen. Ebenso agiert das Gemeinschaftsunternehmen faktisch autonom, wobei es auf die Weisungen seiner Kapitalgeber bzw. -geberinnen und Gründerunternehmen angewiesen ist.

Dabei beteiligen sich die Partner und Partnerinnern sowohl mit ihrem Kapital als auch mit ihrem Fachwissen und ihrer Erfahrung am Joint Venture Unternehmen und übernehmen gemeinsam die Führungsverantwortung.

Das Ausmaß der Entscheidungsbefugnis richtet sich üblicherweise nach der Höhe der Kapitalbeteiligung, die wie beim oben genannten Beispiel bei jedem Partner und bei jeder Partnerin unterschiedlich sein kann. Umgekehrt tragen diese gemeinschaftlich das finanzielle Risiko des Joint Ventures. Gewinne wie Verluste werden entsprechend miteinander geteilt.

Gründung eines Joint Venture: Checkliste und Rahmenbedingungen

Die konkreten Rahmenbedingungen und Spielregeln werden bei einem Joint Venture vorab in einem Vertrag festgelegt. Hier werden unter anderem folgende Aspekte geregelt:

  • Welche Rechtsform hat das Joint Venture?
  • Wie sieht das konkrete Unternehmenskonzept aus?
  • Welches Ziel wird verfolgt?
  • Wie hoch ist der Kapitalbedarf?
  • Wie sieht es mit der Kapitalbeteiligung und Finanzierung aus?
  • Welche Konfliktlösungsstrategien werden verfolgt?
  • Unter welchen Bedingungen können Gesellschafteranteile veräußert werden?
  • Wie werden Gewinne und Verluste verteilt?

Joint Venture Rechtsformen

Für Joint Ventures sind keine bestimmten Gesellschaftsformen vorgeschrieben. Die Partner bzw. Partnerinnen gründen und führen das Gemeinschaftsunternehmen zwar kooperativ und sind Gesellschafter des Unternehmens, die Tochtergesellschaft ist jedoch unabhängig. Das bedeutet, sie agiert autonom und ist rechtlich meistens selbstständig. Wie andere Unternehmen können Joint Ventures Rechtsformen unterschiedlicher Art annehmen.

In den meisten Fällen wird als Rechtsform für ein Joint Venture die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder Aktiengesellschaft (AG) gewählt. Andere Rechtsformen, wie zum Beispiel die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), sind ebenfalls möglich.

Welche Arten von Joint Ventures gibt es?

Joint Ventures können anhand verschiedener Faktoren unterschieden werden:

Kooperationsform

Wird, wie oben erläutert, ein Gemeinschaftsunternehmen mit gemeinsamer Kapitalbeteiligung und Risikoübernahme gegründet, handelt es sich um ein Equity Joint Venture.

Im Gegensatz dazu basiert die strategisch ausgerichtete Zusammenarbeit bei einem Contractual Joint Venture auf einer reinen Vertragsbeziehung, in der Kosten, Risiken und Gewinnverteilungen geregelt werden. Ein Gemeinschaftsunternehmen wird in diesem Fall nicht gegründet.

Standort der Kooperationspartner bzw. -partnerinnen

Haben alle Kooperationspartner bzw. -partnerinnen ihren Unternehmenssitz im selben Land, ist von einem Domestic Joint Venture die Rede. Ist mindestens ein Partner oder eine Partnerin in einem anderen Land angesiedelt als das Gemeinschaftsunternehmen, handelt es sich um ein International Joint Venture. Letztere werden häufig gegründet, wenn Direktinvestitionen im entsprechenden Land anders nicht zulässig sind.

Branchenausrichtung

Basierend auf der Branchenausrichtung werden folgende Joint Venture Formen unterschieden:

  • Konglomerates Joint Venture: Die Branchen der Partnerunternehmen stehen in keinem direkten Zusammenhang, zum Beispiel Getränkehersteller und Mobilfunkbetreiber.
  • Konzentrisches Joint Venture: Hier schließen sich Partner bzw. Partnerinnen ähnlicher Branchen zusammen, zum Beispiel ein Getränkehersteller und eine Fast-Food-Kette.
  • Horizontales Joint Venture: Hierbei handelt es sich um einen Zusammenschluss von Partnern bzw. Partnerinnen derselben Branche, zum Beispiel zwei Automobilkonzerne.
  • Vertikales Joint Venture: In diesem Fall kommt es zu einem Zusammenschluss von Partnern bzw. Partnerinnen aus unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen, zum Beispiel ein Mehllieferant, eine Bäckerei und eine Hotelkette.

Weitere Unterscheidungskriterien

Zudem können Joint Ventures anhand folgender Kriterien unterschieden werden:

  • Anzahl der Kooperationspartner und -partnerinnen
  • Höhe der Kapitalbeteiligung der einzelnen Partner bzw. Partnerinnen
  • Kooperationsbereich: gesamtunternehmerisch vs. beschränkt (zum Beispiel auf einen bestimmten Bereich wie die Produktion oder eine geografische Region)
  • Zeitrahmen der Kooperation

Wann macht ein Joint Venture Sinn?

In der Praxis verfolgen die Partnerunternehmen mit einem Joint Venture Motive unterschiedlicher Art. Der wesentlichste Beweggrund ist die Aufteilung des unternehmerischen Risikos auf die beteiligten Partner bzw. Partnerinnen. Dadurch lassen sich größere Projekte realisieren, die für ein Unternehmen allein nicht zu stemmen wären.

Außerdem können durch die gebündelten Ressourcen im Gemeinschaftsunternehmen Synergieeffekte entstehen, die dem Joint Venture zu einem erfolgsentscheidenden Wettbewerbsvorteil verhelfen. Gemeinsam können die Partner bzw. Partnerinnen ihre Position gegenüber dem Wettbewerb stärken und neue Geschäftsfelder oder Märkte erschließen.

Daneben hat ein Joint Venture folgende Vorteile:

  • Wissenstransfer zwischen den Partnern und Partnerinnen
  • Bündelung der Expertise der einzelnen Partner bzw. Partnerinnen im gemeinsamen Projekt
  • Nutzung der unternehmensspezifischen Infrastruktur und Produktionsstätten
  • Reduzierung der Kosten durch Nutzung branchenspezifischer Kontakte, Netzwerke und regionale Marktkenntnisse

Manchmal erfordern die rechtlichen Rahmenbedingungen die Gründung eines Joint Ventures, beispielsweise bei Projekten im Ausland. Entwicklungs- und Schwellenländer versuchen oft, die heimische Wirtschaft mittels strenger gesetzlicher Regelungen zu schützen. Hier ist man gelegentlich auf die Kooperation mit einem lokalen Partnerbetrieb in Form eines Joint Ventures angewiesen.

Nachteile eines Joint Ventures

Getreu dem Motto „Viele Köche verderben den Brei” können Joint Ventures auch Nachteile mit sich bringen. So können kartell- bzw. wettbewerbsrechtliche Bestimmungen für das Gemeinschaftsunternehmen zum Problem werden.

Zudem wächst durch den Zusammenschluss mehrerer Unternehmen auch der Koordinationsaufwand untereinander, der sich mitunter in langwierigen Entscheidungs- und Abstimmungsprozessen niederschlägt. Darüber hinaus birgt ein Joint Venture Risiken wie den ungewollten Abfluss von firmeninternen Informationen, Wissen und Know-how durch den intensiven Austausch der Partner bzw. Partnerinnen.

Im schlimmsten Fall wird aus dem Partner bzw. der Partnerin nach Beendigung des Joint Ventures ein Konkurrent. Das ist besonders vor dem Hintergrund der häufig eher begrenzten Lebensdauer von Joint Ventures zu bedenken. Im Joint Venture Vertrag sollten diese Aspekte daher von Anfang an berücksichtigt werden.

Ansonsten kann ein Joint Venture weitere Nachteile und Risiken mit sich bringen, wie zum Beispiel:

  • Langwierige Entscheidungsprozesse bis hin zum Stillstand bei Uneinigkeit
  • Hoher Organisationsaufwand
  • Interkulturelle Konflikte und sprachliche Barrieren
  • Aufwendige Kontrolle der gemeinsamen Ziele und Erwartungen
  • Unterschiedliche Rechtsgrundlagen bei internationalen Projekten

Bekannte Joint Ventures: Beispiele aus der Praxis

Zahlreiche prominente Beispiele für Joint Ventures zeigen, was durch den Zusammenschluss von Unternehmen möglich ist. In den vergangenen Jahrzehnten gab es eine Vielzahl von erfolgreichen Kooperationen in Form von Joint Ventures. Beispiele hierfür sind:

Airbus / Voyager Space

2023 gründeten das US-Weltraumforschungsunternehmen Voyager Space und der europäische Luftfahrtpionier Airbus das Joint Venture „Starlab”, um gemeinschaftlich eine Raumstation zu entwickeln. Das Projekt stärkt die transatlantische Zusammenarbeit im Weltraum und zielt auf Raumfahrtbehörden sowie kommerzielle Einsatzbereiche ab. Das gemeinsame Ziel ist es, die Zukunft der Raumfahrt voranzutreiben.

Fujitsu / Siemens AG

Im Digitalsektor fanden sich mit Fujitsu und Siemens AG bereits 1999 zwei Pioniere zu einem Joint Venture zusammen, das unter dem Markennamen Fujitsu Siemens Computers (FSC) beachtliche Erfolge feierte.

Zeitweise war es das größte europäische Computerunternehmen und unterhielt Niederlassungen in ganz Europa, Afrika und dem Nahen Osten. 2009 verkaufte Siemens seine Anteile allerdings an Fujitsu. Der japanische Konzern unterhält das Joint Venture Unternehmen heute als Fujitsu Technology Solutions GmbH.

Allianz / Volkswagen Financial Services

2013 schlossen sich die größte deutsche Versicherung und der Finanzdienstleister von Volkswagen zusammen. Eine Win-win-Situation: Volkswagen konnte seinen Kunden und Kundinnen maßgeschneiderte, attraktivere Versicherungslösungen anbieten, während Allianz das Geschäft im Bereich Autoversicherungen ausweitete.

E.ON / RWE

Die Energiegiganten E.ON und RWE schlossen sich 2009 zusammen, um in Großbritannien unter dem Namen Horizon Nuclear Power neue Kernkraftwerke zu bauen. 2012 zogen sich beide Partner allerdings wieder aus dem Projekt zurück und das Joint Venture wurde vom japanischen Konzern Hitachi übernommen.

Fazit: Branchenübergreifende Chancen und Synergien

Mittlerweile lassen sich für die erfolgreiche Kooperation zweier oder mehrerer Unternehmen im Rahmen eines Joint Ventures Beispiele in den verschiedensten Bereichen finden. Auch deutsche und europäische Unternehmen mischen kräftig mit und profitieren von den Synergieeffekten, die eine derartige Unternehmensgründung bietet.

Andererseits birgt ein Joint Venture Risiken und Nachteile, die sich teilweise im Vorfeld minimieren lassen. Eine realistische Zieldefinition und ein ausgeklügelter Joint-Venture-Vertrag bilden etwa ein solides Fundament für eine fruchtbare Zusammenarbeit im Zuge eines derartigen gemeinsamen Projekts.

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Titelbild: Oscar Wong / iStock / Getty Images Plus

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