Führung mal anders: Im Gegensatz zu klassischen Führungstechniken sieht das „Management by Exception" (MbE) ein Eingreifen der Führungskraft nur in Ausnahmefällen vor. Bei den meisten Entscheidungen in Unternehmen handelt es sich schließlich um Routineaufgaben, die qualifizierte Angestellte problemlos bewältigen können. Die Voraussetzung hierfür sind klare Spielregeln und Zielvorgaben.
Alles über die Umsetzung sowie Vor- und Nachteile von Management by Exception erfahren Sie im Folgenden.
Was ist Management by Exception?
Beim Management by Exception (Führung nach dem Ausnahmeprinzip) übertragen Führungskräfte Routineaufgaben an ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und werden nur in Ausnahmefällen aktiv. Entscheidungen der Führungsebene werden folglich an untere Hierarchieebenen delegiert, was mit einer größeren Eigenverantwortung der einzelnen Arbeitskräfte einhergeht.
So gehen Sie beim Management by Exception vor
Management by Exception darf nicht mit Beliebigkeit oder dem Laissez-faire-Führungsstil verwechselt werden. Es folgt unmissverständlichen Regeln und erfordert eine entscheidungsfähige Führung. Mitarbeitende erhalten beim Management by Exception mehr Freiheiten und haben die Möglichkeit, Zielvorgaben eigenverantwortlich umzusetzen.
Entscheidend ist eine klar festgelegte Verteilung der Kompetenzen und Aufgaben innerhalb des Unternehmens oder der Abteilung. Alle Beteiligten müssen die angestrebten Ziele und Toleranzgrenzen kennen und verstehen. Außerdem ist eine reibungslose Kommunikation zwischen Mitarbeiter- und Führungsebene in Form eines funktionierenden Berichts- und Kontrollsystems notwendig.
Ablauf von Management by Exception: Beispiel Vertrieb
Konkret kann Management by Exception zum Beispiel im Vertrieb wie folgt ablaufen:
- Die Führungskraft legt bestimmte Messwerte fest, anhand derer sich der Erfolg bewerten lässt. Im Vertrieb sind meist die Verkaufszahlen, die Umsatzhöhe, die Umsatzentwicklung oder der Gewinn relevant.
- Klare Ziele sind die Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Management by Exception. Daher legt die Führung nun konkrete Soll-Werte für die relevante Kennzahl fest, beispielsweise eine Umsatzsteigerung von 10 Prozent.
- Um im Ausnahmefall rechtzeitig eingreifen zu können, definiert die Führungskraft zulässige Toleranzgrenzen. Wenn eine Umsatzsteigerung von 10 Prozent angestrebt wird, legt die Führung etwa fest, dass der Umsatz mindestens um 5 Prozent steigen muss.
- Es erfolgt ein fortlaufender Soll-Ist-Abgleich zur Kontrolle der Zielerreichung. Für das konkrete Beispiel bedeutet dies, dass die Umsatzentwicklung beobachtet und mit dem Zielwert abgeglichen werden. Angestellte binden ihre Vorgesetzten nicht in ihren Entscheidungsprozess ein, liefern jedoch regelmäßige Berichte.
- Bei Abweichungen vom ausgegebenen Ziel greift die Führungskraft in das Handeln des jeweiligen Mitarbeitenden ein. Dasselbe gilt für unerwartete Ausnahmefälle, die plötzlich eintreten. Was hierbei als Abweichung gilt, muss vorab festgelegt werden.
- Die genannten Schritte werden so oft wiederholt, bis sich Erfolg einstellt. Im Laufe des Prozesses ist nicht bloß die Kontrolle der wichtigsten Kennzahlen notwendig, sondern auch die Zuverlässigkeit des Berichts- und Kontrollsystems selbst muss fortlaufend evaluiert werden.
Vor- und Nachteile des Management by Exception
Wie andere Führungstechniken bringt Management by Exception Vorteile wie Nachteile mit sich. Ob diese Form der Führung in einem Unternehmen umsetzbar ist, hängt zudem von der gelebten Unternehmenskultur, der Führungskraft sowie den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen ab.
Vorteile des Management by Exception
Am häufigsten nennen Befürworter und Befürworterinnen des Management by Exception die folgenden Vorteile:
- Die Mitarbeitenden erhalten mehr Freiräume und erledigen Routineaufgaben eigenverantwortlich. Die übertragene Verantwortung führt zu einer Steigerung der Mitarbeitermotivation und der Produktivität.
- Im Erfolgsfall wird das Selbstbewusstsein der Angestellten gestärkt, was sich in weiterer Folge positiv auf das Betriebsklima auswirkt.
- Wenn sich Führungskräfte im laufenden Tagesgeschäft nicht mehr selbst um alle Routineaufgaben kümmern, haben sie mehr Zeit, sich den strategischen Zielen des Unternehmens zu widmen.
Nachteile des Management by Exception
Trotz der vielen Vorteile birgt auch das Management by Exception Nachteile und Risiken:
- Der Erfolg des Management by Exception hängt maßgeblich von der Frage ab, ob die etablierten Bewertungs- und Berichtssysteme funktionieren. Wenn keine Kontrolle möglich ist und Kompetenzen nicht klar verteilt sind, kann das für das Unternehmen gefährlich sein.
- Positives Feedback vonseiten der vorgesetzten Person bleibt aus, wenn sich diese lediglich bei negativen Entwicklungen einbringen. Viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen brauchen jedoch Bestätigung und regelmäßige Rückmeldungen, um motiviert zu bleiben.
- Wenn Mitarbeitende sich ausschließlich Routineaufgaben im eigenen Kompetenzbereich widmen, kann dies die Eigeninitiative einschränken. Wirklich spannende und anspruchsvolle Aufgaben erledigt die Führungskraft selbst.
Für wen eignet sich Management by Exception?
Damit MbE in einem Unternehmen erfolgreich implementiert werden kann, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. So braucht es ein funktionierendes Kontroll- und Berichtsystem, anhand dessen Führungskräfte beurteilen können, ob Abweichungen vorliegen und ein Eingreifen erforderlich ist. Zudem sollten Kompetenzen und Aufgabenbereiche vorab klar verteilt werden.
Alle Angestellten müssen über das Verfahren, die Soll- und Ist-Vorgaben sowie die angestrebten Unternehmensziele informiert werden. Daher eignet sich Management by Exception besonders für Geschäftsbereiche wie den Vertrieb, wo Angestellte im Außendienst von einer eigenverantwortlichen Arbeitsweise profitieren.
Beispielsweise bleibt es diesen meist selbst überlassen, wie sie mit potenzieller Kundschaft ins Gespräch kommen und wem sie wie oft einen Besuch abstatten. Die Führung gibt ihnen Ziele vor, auf die sie mit eigenen Ideen und Mitteln hinarbeiten können. Wichtig ist jedoch, dass sie zuverlässig Berichte abliefern und somit die Kontrolle vonseiten der Führungskraft ermöglichen.
Fazit: Effizienzsteigerung durch gezielte Ausnahmebehandlung
Management by Exception hat sich in der Vergangenheit in vielen Unternehmen bewährt und ist in Zeiten abflachender Hierarchieebenen stark im Kommen. Die Führungstechnik bietet viele Vorteile und geht oft mit einer Produktivitäts- und Motivationssteigerung einher. Andererseits birgt Management by Exception Nachteile und Risiken, wenn Vorgaben nicht klar kommuniziert werden und die Kontrolle der Zielerreichung nicht funktioniert.
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