Sämtliche Entscheidungsvollmachten in einem Unternehmen nur bei einer Person zu belassen, ist ein Risiko. Wenn diese ausfällt oder nicht mehr geschäftsfähig ist, kann der Betrieb nur noch eingeschränkt weiterarbeiten. Deswegen ist es sinnvoll, Verantwortlichkeiten auf mehrere Schultern zu verteilen.

Neben der Handlungsvollmacht kommt im Geschäftsumfeld häufig eine Prokura zum Einsatz. Die damit verbundenen Rechte und Pflichten können Sie zudem nutzen, um verdiente Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auszuzeichnen und an das Unternehmen zu binden.

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Die Bedeutung von Prokura

Über eine Prokura (Italienisch „Vollmacht“ beziehungsweise Lateinisch „für etwas Sorge tragen“) erteilt eine Geschäftsführung einer natürlichen Person eine umfassende Vertretungsvollmacht, die sich aber von der klassischen Handlungsvollmacht unterscheidet. So kann eine Prokura nicht weitergegeben werden und die Geschäftsführung beziehungsweise der Unternehmer oder die Unternehmerin muss zwingend einen Eintrag im Handelsregister vornehmen lassen.

Grundsätzlich ist es möglich, jede natürliche Person als Prokuristen oder Prokuristin einzusetzen. In der Geschäftspraxis wird eine Prokura und die damit einhergehende Vertretungsmacht aber nahezu ausschließlich an Personen mit Geschäftszugehörigkeit vergeben, damit der Geschäftsführer beziehungsweise die Geschäftsführerin weisungsbefugt ist. Zudem ist eine Voraussetzung für eine solche Vollmacht, dass die Prokuristen und Prokuristinnen volljährig und voll geschäftsfähig sind.

Was ist ein Prokurist beziehungsweise eine Prokuristin und was darf er oder sie?

Ein Prokurist oder eine Prokuristin entlastet die Geschäftsführung im Unternehmen oder ersetzt diese während eines Urlaubs, einer Krankheit oder einer sonstigen Abwesenheit. Er oder sie wird nach innen und außen geschäftlich tätig und muss sich mit der Belegschaft ebenso auseinandersetzen wie mit Geschäftspartnern, Lieferanten sowie Investoren und Investorinnen.

Außerdem nimmt er oder sie gerichtliche und nicht gerichtliche Aufgaben wahr und ist somit für nahezu alle Geschäftsfelder verantwortlich. Die diesbezüglichen Regelungen regelt das HGB (Handelsgesetzbuch) in den Paragraphen §§ 48 bis 53.

Eine Prokura können Sie sowohl mündlich als auch schriftlich erteilen, ein Eintrag im Handelsregister ist allerdings zwingend erforderlich. Es wird zwischen einer Einzelprokura, einer Gesamtprokura und einer Filialprokura unterschieden. Diese Varianten unterscheiden sich im Umfang der Rechte und Pflichten, die ein Prokurist oder eine Prokuristin übernimmt. Während bei einer Einzelprokura eine einzelne Person Entscheidungen treffen darf, müssen bei einer Gesamtprokura mehrere Prokuristen und Prokuristinnen einer Entscheidung zustimmen.

Bestimmte Rechts- und Gesellschaftsformen dürfen eine Prokura erteilen, andere nicht. Inhaber beziehungsweise Inhaberinnen einer Handelsgesellschaft und deren Vertreter sowie Vertreterinnen sind laut HGB zur Erteilung einer Prokura berechtigt. Bei einer GmbH oder UG darf der Geschäftsführer oder die Geschäftsführerin eine Prokura vergeben, allerdings nur bei Vorliegen eines Gesellschafterbeschlusses.

Ebenso dürfen Aktiengesellschaften, OHG, KG und eingetragene Kaufleute eine Prokura erteilen. Natürliche Personen sowie Inhaber beziehungsweise Inhaberinnen eines Kleingewerbes sind von der Vergabe einer Prokura allerdings ausgenommen.

Rechte und Aufgaben eines Prokuristen oder einer Prokuristin

Zu den Kernaufgaben eines Prokuristen beziehungsweise einer Prokuristin gehört es, Verträge abzuschließen, durchzusetzen und zu beenden. In diesem Zusammenhang ist er oder sie befugt, Darlehen aufzunehmen, Gerichtsverfahren zu führen sowie Mitarbeitende einzustellen beziehungsweise zu entlassen.

Ein Prokurist oder eine Prokuristin darf Grundbesitz kaufen und mieten, bei Bedarf den Geschäftssitz verlegen und vergleichbare Rechtshandlungen vornehmen. Der Kauf und Verkauf von Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen fällt ebenso in seinen oder ihren geschäftlichen Aufgabenbereich wie die Erteilung von Handlungsvollmachten an Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Nicht zuletzt organisiert er oder sie Produktumstellungen und ist berechtigt, neue Produktionsverfahren einzuführen sowie die Unternehmensstruktur anzupassen.

Ausdrücklich verboten ist es einem Prokuristen beziehungsweise einer Prokuristin, Grundlagengeschäfte vorzunehmen. Das bedeutet unter anderem, dass er beziehungsweise sie weder den Jahresabschluss unterzeichnen noch Geschäftsanteile veräußern darf. Ebenso ist es ihm oder ihr untersagt, die Gesellschaft umzuwandeln, Insolvenz anzumelden oder den Geschäftsbetrieb einzustellen.

Außerdem muss ein Prokurist beziehungsweise eine Prokuristin laut HGB an der Unterschrift erkennbar sein. Dies erfolgt über Kürzel wie „ppa“ oder Zusätze wie „per procura“ beziehungsweise „Prokurist“ oder „Prokuristin“.

Wie haftet ein Prokurist beziehungsweise eine Prokuristin?

Prokurist/Prokuristin und Geschäftsführung sollten die Rechte und Pflichten, die mit der Prokura einhergehen, klar definieren und schriftlich festhalten. So lassen sich rechtliche Fragen in Bezug auf die Vollmacht bereits vor Aufnahme der Tätigkeit klären.

Grundsätzlich gelten für die persönliche Haftung von Prokuristen sowie Prokuristinnen Sonderregelungen. Diese sehen beispielsweise vor, dass bei einem Schaden für das Unternehmen, der während der Arbeitszeit eintritt, eine beschränkte Haftung vorliegt. Außerdem spielt die Schuldfrage bei der Haftung eine entscheidende Rolle. Wie bei anderen Angestellten auch wird zwischen leichter, mittlerer und grober Fahrlässigkeit unterschieden.

Viele Prokuristen und Prokuristinnen sichern sich durch eine D&O-Versicherung (Directors-and-Officers-Versicherung) oder Manager-Rechtsschutzversicherung rechtlich ab.

Prokura erteilen: Das sollten Sie wissen

Eine Prokura bedarf einer ausdrücklichen Erklärung seitens der Geschäftsführung. Anschließend müssen Sie eine Eintragung der Prokura im Handelsregister vornehmen. Sie tritt unmittelbar nach der Ernennungserklärung in Kraft, sodass der Prokurist beziehungsweise die Prokuristin direkt eine Vertretungsmacht besitzt und handlungsfähig ist.

Die Eintragung ins Handelsregister hat lediglich deklaratorische Relevanz und nimmt keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Prokura. Bei der Anmeldung fallen Notar- und Gerichtskosten an, die sich beispielsweise abhängig vom Geschäftswert unterscheiden, meist aber einen niedrigen dreistelligen Betrag umfassen.

Grundsätzlich ist es möglich, eine Prokura zu widerrufen oder erlöschen zu lassen. Entsprechende Regelungen sind in § 52 Abs. 1 HGB zu finden. Ebenso erlischt eine Prokura,

  • wenn das Dienstverhältnis des Prokuristen oder der Prokuristin endet,
  • er oder sie stirbt beziehungsweise geschäftsunfähig wird oder
  • wenn der Gewerbebetrieb eingestellt beziehungsweise ein Insolvenzverfahren eröffnet wird.

Der Tod des Inhabers beziehungsweise der Inhaberin führt hingegen nicht zum Erlöschen der Prokura. Ein Widerruf beziehungsweise ein Erlöschen der Prokura muss ebenfalls im Handelsregister eingetragen werden, hat aber gleichfalls nur eine deklaratorische Bedeutung.

Was sind die Vor- und Nachteile einer Prokura?

Eine Prokura hält ein Unternehmen selbst dann geschäftsfähig, wenn die Geschäftsleitung nicht oder nur eingeschränkt entscheidungsfähig ist. Der Prokurist oder die Prokuristin entlastet den Geschäftsführer beziehungsweise die Geschäftsführerin und hat für das Handelsgewerbe bei zahlreichen geschäftlichen Rechtshandlungen eine Vertretungsvollmacht.

Eine Prokura setzt allerdings ein hohes Vertrauen in den Prokuristen oder die Prokuristin voraus und ist mit einem gewissen bürokratischen Aufwand sowie einigen Kosten verbunden.

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Titelbild: MangoStar_Studio / iStock / Getty Images Plus

Ursprünglich veröffentlicht am 8. Dezember 2021, aktualisiert am Februar 24 2023

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