Wenn Sie ein Unternehmen gründen, haben Sie als Führungskraft Tausende Aufgaben zu erledigen. Verständlich, dass anfangs nicht alles reibungslos läuft. Zumal Sie noch keine etablierten Prozesse haben, sondern in vielen Fällen „aus der Hüfte schießen“.

Läuft Ihr Business, doch sind Ihre Prozesse noch immer ineffizient und „unrund“, sollten Sie schleunigst an einem effizienten Prozessmanagement arbeiten. Es gilt, die Abläufe zu optimieren. Damit Sie und Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wissen, wo Sie stehen, hilft Ihnen das Reifegradmodell.

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Was bedeutet Prozessmanagement?

Das Prozessmanagement (englisch: Business Process Management, BPM) beschäftigt sich mit der Konzeption, Planung, Realisierung, Überprüfung und Verbesserung von Abläufen in Unternehmen. Das Ziel des BPM ist es, Prozesse zu erschaffen, die effizient sind und bleiben

Wie profitieren Sie vom Prozessreifegradmodell?

Führen Sie in Ihrem Unternehmen ein Prozessmanagement ein, verfolgen Sie damit ein großes Ziel: jede Art von Verschwendung zu vermeiden. Eine Aufgabe, die beispielsweise beim Lean Management zum Tragen kommt.

Eine unnötige Verschwendung von Ressourcen wie Zeit, Budget und Material kann so unterbunden oder deutlich reduziert werden. Das gelingt unter anderem über eine Prozessanalyse und durch die Erstellung eines speziellen Reifegradmodells – dem Prozessreifegradmodell.

Über das Prozessreifegradmodell erkennen Sie, wie gut die Abläufe der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aktuell sind und wo es noch Verbesserungsbedarf gibt. Die Ergebnisse des Modells sind zum Beispiel eine schnellere, kostengünstigere Produktion und flinkere Entscheidungen, die Ihnen einen Wettbewerbsvorteil bringen.

Die einzelnen Reifegrade im Prozessmanagement

Die Aufgabe eines Prozessreifegradmodells ist es, die Abläufe in Ihrem Unternehmen zu bewerten. Das gelingt über eine Zuordnung in fünf Reifegraden. Diese besitzen unter anderem diese Eigenschaften:

Reifegrad 1

  • Es gibt keine oder kaum Planungen, die Ergebnisse kommen gern zufällig zustande.

  • Dauer, Kosten oder Qualität der Prozesse sind nicht vorhersehbar.

  • Die Abläufe sind spontan und oft chaotisch. 

Reifegrad 2

  • Die Planung erfolgt nach dem Prinzip „Reaktion statt Aktion“.

  • Es gibt erste Erfahrungen, wie Sie Abläufe gut meistern können.

  • Die Qualität der Ergebnisse fällt unterschiedlich aus.

Reifegrad 3

  • Bei der Planung gibt es Kennzahlen, an denen Sie sich orientieren können.

  • Es haben sich Standardprozesse etabliert, diese sind dokumentiert.

  • Die Zeit, Kosten und Qualität der Prozesse sind zuverlässiger, aber manchmal noch schwankend. 

Reifegrad 4

  • Kennzahlen nehmen bei der Planung einen wichtigen Stellenwert ein.

  • Die etablierten Prozesse werden anhand der Kennzahlen optimiert.

  • Der Output gelingt auf einem hohen, zuverlässigen Niveau.

Reifegrad 5

  • Strategische Ziele werden konsequent verfolgt.

  • Es gibt einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP).

  • Die Produktion läuft hocheffizient.

Gut zu wissen: In der Literatur finden Sie – je nach Themengebiet – unterschiedlich viele Reifegrade. Mal ist von vier Stufen die Rede, ein anderes Mal von sechs oder mehr.

Was beim Prozessreifegradmodell wichtig ist

Erreicht Ihr Unternehmen einen hohen Reifegrad im Prozessmanagement, bedeutet das nicht, dass das Ergebnis in Stein gemeißelt ist. Verändern sich Abläufe und Prozesse ins Negative, weil beispielsweise Fehler in der Produktion auftreten oder Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ihre Aufgaben nicht richtig erfüllen, kann Ihr Reifegrad wieder absinken.

Das ist ebenso möglich, wenn Ihr Unternehmen zu lange an etablierten Geschäftsprozessen festhält und dabei die Entwicklungen am Markt nicht beobachtet. Ein analoger Prozess in etwa, der vor 20 Jahren bestens funktioniert hat, kann in Zeiten der Digitalisierung veraltet und ineffizient sein.

Somit müssen Sie an der Optimierung der Prozesse dranbleiben und das Modell getreu der Kaizen-Philosophie fortwährend verbessern. Ebenso sollten Sie nachhaltig handeln und nicht nur von Quartal zu Quartal oder von Geschäftsjahr zu Geschäftsjahr denken.

Das Reifegrademodell in der Führung

Reifegrademodelle gibt es nicht nur im Prozessmanagement. Sie kommen beispielsweise im Projektmanagement und in der Softwareentwicklung zum Einsatz. Hier haben sich Standards wie CMMI (Capability Maturity Model Integration), SPICE (Software Process Improvement and Capability Determination) und Normen wie ISO/IEC 15504 durchgesetzt.

Zudem finden Sie Reifegradmodelle in der Personalführung. Eine Führungskraft bewertet hierbei die Fähigkeiten (die sogenannte Arbeitsreife) und die Motivation (die psychologische Reife) seiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. In diesem Fall gibt es vier Stufen beziehungsweise Reifegrade in einem Reifegradmodell. Sie reichen von „nicht willig und nicht fähig“ bis hin zu „willig und fähig“.

Je nach Reifegrad kann die Führungskraft den eigenen Führungsstil anpassen, um die Mitarbeitenden individuell mit entsprechenden Aufgaben zu fördern und zu fordern. Diese Art der Führung nennt sich situativer Führungsstil.

Was ist ein agiles Reifegradmodell?

Die Welt entwickelt sich heutzutage deutlich schneller als früher. Unternehmen mit schlanken, effizienten Prozessen können sofort auf Veränderungen reagieren. Hier heißt die Devise: Besser ein Schnellboot als ein Tanker sein.

Damit das gelingt, setzt sich in Unternehmen zunehmend ein agiles Vorgehen durch. Dabei werden unter anderem Produkte, wie beispielsweise eine Software, in kurzen Zyklen veröffentlicht. Ist Ihr Unternehmen mit seinen Prozessen, Strukturen sowie Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bereit für diese Arbeitsweise? Das finden Sie über das agile Reifegradmodell heraus.

Die Erstellung eines agilen Modells können Sie mit anderen, naheliegenden Zielen verknüpfen – zum Beispiel mit der Bereitschaft für eine digitale Transformation. So ergibt sich dann ein digital-agiles Reifegradmodell.

Von der Theorie zur praktischen Umsetzung

Es ist durchaus sinnvoll, ein Prozessmanagement inklusive Prozessreifegradmodell für Ihr Unternehmen einzuführen. Doch die Analysen, Entwicklung, Umsetzung und Dokumentation fallen zeitaufwendig und unter Umständen teuer aus. 

Die Folge: Prozesse werden gegebenenfalls bürokratisch und damit unflexibel – das widerspricht den agilen Modellen, die heutzutage ebenso erforderlich sind. Oft heißt es dann, die goldene Mitte zu finden

Am Ende müssen Sie als Führungskraft mit Ihrem Team individuell ermitteln, welcher Weg der richtige für Sie sowie Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ist.

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Titelbild: utah778 / iStock / Getty Images Plus

Ursprünglich veröffentlicht am 12. August 2021, aktualisiert am Februar 24 2023

Themen:

Entrepreneurship