Zu den Hauptaufgaben eines Unternehmens gehört es, die Liquidität sicherzustellen. Dies kann insbesondere dann herausfordernd sein, wenn zukünftige Verbindlichkeiten am Bilanzstichtag noch nicht bekannt sind. Für diesen Fall schaffen Handelsrecht und Steuerrecht die Möglichkeit, eine Rückstellung zu bilden. Diese Rückstellung nutzt Ihr Unternehmen, um eine Verbindlichkeit zu tilgen, die erst in dem folgenden Geschäftsjahr entsteht.

Die Bildung einer Rückstellung hat Auswirkung auf das bilanzielle Jahresergebnis. Sobald die Verbindlichkeit beglichen ist, ist daher die Auflösung der Rückstellung wichtig. In diesem Artikel erfahren Sie, wann Sie eine Rückstellung bilden, wie Sie diese buchen, welche Rückstellungsarten es gibt und was Sie bei der Auflösung der Verbindlichkeiten beachten sollten.

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Rückstellungen werden in der Handelsbilanz gebildet. Ihre gesetzliche Grundlage liefert § 249 HGB (Handelsgesetzbuch). Einige Rückstellungen darf Ihr Unternehmen auf freiwilliger Basis bilden. Für manche Rückstellungen besteht laut HGB auch eine rechtliche Verpflichtung. Grund dafür ist das Vorsichtsprinzip.

Außerdem sollten Sie beachten, dass nach dem Steuerrecht bestimmte Rückstellungen nicht in die Steuerbilanz übernommen werden dürfen. Hierzu gehören z. B. die Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften.

Wann werden Rückstellungen gebildet?

Rückstellungen bilden Sie, um Zahlungsverpflichtungen, die im kommenden Geschäftsjahr, also im Folgejahr, entstehen, begleichen zu können. Damit gewährleisten Sie, dass Ihr Unternehmen zu diesem Zeitpunkt liquide ist. Daher bilden Sie die Rückstellung immer in dem Jahr, in dem Sie von einer zukünftigen Verbindlichkeit erfahren. Der tatsächliche Zeitpunkt und die Höhe der Schuld sind bei Bildung der Rückstellung aber noch unbekannt.

Achtung: Wichtig ist, dass Sie auch an die Auflösung des gebildeten Rückstellungsbetrags denken. Sobald die Verbindlichkeit getilgt oder der Grund für die Bildung der Rückstellung entfallen ist, müssen Sie die Rückstellung wieder auflösen. Dadurch erhöht sich der Gewinn des laufenden Jahres.

Welche Arten von Rückstellungen gibt es?

Laut HGB (Handelsgesetzbuch) § 249 Abs. 1 können Sie zwischen Aufwandsrückstellungen und Schuldrückstellungen unterscheiden. Für diese Rückstellungen besteht eine Passivierungspflicht.

Schuldrückstellungen

Bei Schuldrückstellungen geht um Verbindlichkeiten gegenüber Dritten, die sich ankündigen und durch eine Rechtsverpflichtung auszeichnen. Dazu gehören beispielsweise Drohverlustrückstellungen und ungewisse Verbindlichkeiten.

Drohverslustrückstellungen

Vor allem schwebende Geschäfte fallen unter die Drohverlustrückstellungen. Dabei handelt es sich um Geschäfte, bei denen die Leistung von mindestens einem Vertragspartner bisher noch nicht erfüllt wurde.

Ungewisse Verbindlichkeiten

Hierbei handelt es sich um Verbindlichkeiten, bei denen weder Höhe, noch Eintritt oder Fälligkeit feststehen. Darunter fallen beispielsweise Pensionsrückstellungen, Steuerrückstellungen und auch Kosten, die für einen Gerichtsprozess aufkommen.

Aufwandsrückstellungen

Von Aufwandsrückstellungen spricht man, wenn Rückstellungen das eigene Unternehmen betreffen. Dazu gehören z. B. die folgenden Rückstellungsarten:

Kulanzrückstellungen

Von einer Kulanzrückstellung spricht man, wenn Ihr Unternehmen Kunden und Kundinnen Gewährleistungen einräumt. Das könnte der Fall sein, wenn Sie Kleingeräte, deren Garantie schon abgelaufen ist, dennoch reparieren.

Instandhaltungsrückstellungen

Rückstellungen für Instandhaltungen bilden Sie z. B. für die Reparatur einer Maschine, die erst im kommenden Geschäftsjahr fällig wird. Sie wissen bereits, dass das Gerät repariert werden muss, konnten dieses Vorhaben allerdings im aktuellen Geschäftsjahr nicht umsetzen.

Gliederung der Rückstellungen in der Bilanz

Auch in der Bilanz müssen Rückstellungen deutlich zu erkennen sein. Sie sollten sich von den üblichen Verbindlichkeiten daher unterscheiden. Zu finden sind sowohl normale Verbindlichkeiten als auch Rückstellungen im Fremdkapital der Bilanz. Laut HGB § 266 Abs. 3 B können die Rückstellungen dort in drei Kategorien gegliedert werden:

Pensionen und ähnliche Verpflichtungen

Haben Sie mit Ihren Mitarbeitenden nach deren Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben die Zahlung einer Betriebsrente vereinbart, müssen Sie die Verbindlichkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt erfüllen.

Sie wissen, dass die Zahlung zu einem unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft fällig wird. Die Höhe ist ebenso ungewiss, wie der genaue Zeitpunkt. Überdies ist auch unklar, wie lange Sie die Zahlung leisten müssen. Aus diesem Grund bilden Sie in Ihrer Unternehmensbilanz eine Pensionsrückstellung, die Sie sukzessive wieder auflösen, sobald die Zahlungsverpflichtung akut wird.

Scheiden Mitarbeitende aus dem Unternehmen aus, bevor sie das Pensionsalter erreicht haben oder versterben diese, entfällt der Grund für die Rückstellungsbildung. Diese muss dann gewinnerhöhend wieder aufgelöst werden.

Steuerrückstellungen

Steuerrückstellungen bilden Sie für die Nachforderungen des Finanzamts, die für die Ertragsteuern entstehen. Zu den Ertragsteuern gehören die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuer.

Bei der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer handelt es sich um Verbindlichkeiten, die am Bilanzstichtag der Höhe nach noch nicht bekannt sind. Weil der endgültige Zahlungszeitpunkt von der Steuerveranlagung Ihres Finanzamts abhängt, ist ungewiss, wann Sie die Steuernachzahlung leisten müssen. Aus diesem Grund bilden Sie sowohl eine Körperschaftssteuerrückstellung als auch eine Gewerbesteuerrückstellung.

Für die Umsatzsteuerabschlusszahlung bilden Sie keine Rückstellung, weil Ihnen deren Höhe am Bilanzstichtag bekannt ist.

Sonstige Rückstellungen

  • Wenn sie sich in einem noch nicht entschiedenen Rechtsstreit befinden, sind Prozesskostenrückstellungen möglich.
  • Drohverlustrückstellungen kommen immer dann zum Einsatz, wenn schwebende Geschäfte vorliegen, weil Vertragsparteien einen Vertrag noch nicht unterzeichnet haben.
  • Instandhaltungsrückstellungen sind dann nötig, wenn Instandhaltungen im vergangenen Geschäftsjahr unterlassen wurden, in den ersten drei Monaten des Folgejahres aber erfolgen.
  • Gewährleistungsrückstellungen dienen der Begleichung von Gewährleistungsansprüchen Dritter.

Welche Rückstellungen dürfen nach Steuerrecht nicht gebildet werden?

Im § 5 EStG (Einkommensteuergesetz) sind einige Fälle aufgeführt, die die Bildung von Verbindlichkeitsrückstellungen einschränken. Diese Einschränkungen betreffen z. B. die Bildung von Rückstellung für die Verletzung fremder Patente oder für die Zuwendung an Mitarbeitende, die Sie anlässlich des Dienstjubiläums zahlen.

Eine Rückstellung darf gemäß § 5 Absatz 4a EStG nicht für einen drohenden Verlust gebildet werden, der aus einem schwebenden Geschäft entsteht. Zur Bildung einer sogenannten Drohverlustrückstellung sind Sie handelsrechtlich verpflichtet.

§ 5 Absatz 4b EStG bestimmt zudem, dass steuerlich keine Rückstellung für Aufwendungen gebildet werden darf, die in einer späteren Abrechnungsperiode zu Anschaffungskosten oder Herstellungskosten führen.

Wie werden Rückstellungen gebucht?

Rückstellungen buchen ist einfacher, als Sie vielleicht meinen würden. Für die Buchung ist die Bildung eines Buchungssatzes erforderlich, der den Geschäftsvorfall erklärt. Dieser Buchungssatz wird dann in die Bilanz übernommen und mindert dort den Gewinn.

Ein Beispiel für das Buchen einer Rückstellung

Ein Unternehmen ermittelt einen steuerpflichtigen Jahresüberschuss von 100.000 Euro. Bei einem Körperschaftsteuersatz von derzeit 15 Prozent ergibt sich eine Körperschaftsteuerschuld von 15.000 Euro. Die endgültige Höhe steht aber noch nicht fest, weil die Steuerveranlagung aussteht. Körperschaftsteuervorauszahlungen wurden im Laufe des Geschäftsjahres in Höhe von 10.000 Euro geleistet. Das Unternehmen bildet mit dem folgenden Satz eine Körperschaftsteuerrückstellung:

Steuerrückstellung 5.000 Euro an Körperschaftsteuer-Verbindlichkeit 5.000 Euro

Mit der Buchung vermindert sich der Jahresüberschuss um 5.000 Euro.

Was ist bei der Auflösung von Rückstellungen zu beachten?

Bei der Auflösung einer Rückstellung kann es zu folgenden Szenarien kommen:

  • Der Aufwand entspricht dem Betrag der Rückstellung: In diesem Fall können Sie die Rückstellung erfolgsneutral auflösen.
  • Die Rückstellung ist höher als der Aufwand: Die Auflösung führt dazu, dass ein zusätzlicher Ertrag entsteht, den Sie versteuern müssen.
  • Die Rückstellung ist niedriger als der Aufwand: Die Rückstellungsauflösung hat einen zusätzlichen Aufwand zu Folge. Hierdurch mindert sich der Jahresüberschuss.

Fazit: Achten Sie bei der Bildung einer Rückstellung auf deren Höhe

Mit der Bildung einer Rückstellung berücksichtigen Sie eine Verbindlichkeit, die erst im nächsten Geschäftsjahr – oder sogar später – fällig wird. Kennzeichnend ist, dass sowohl der tatsächliche Eintritt als auch die Höhe der Verbindlichkeit am Bilanzstichtag nicht bekannt sind. Beachten Sie deshalb bei der Bildung einer Rückstellung, dass Sie diese nicht zu hoch ansetzen. Denn bei der Auflösung erhöht sich der Jahresüberschuss. An diesem orientiert sich das Finanzamt bei der Steuerveranlagung.

Lassen Sie sich bei Unsicherheiten umfassend beraten und nutzen Sie zum Beispiel eine professionelle, verlässliche Buchhaltungssoftware.

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Titelbild: photobyphotoboy / iStock / Getty Images Plus

Ursprünglich veröffentlicht am 11. April 2023, aktualisiert am April 11 2023

Themen:

Buchhaltung