Von Homeoffice über die Vier-Tage-Woche bis hin zu Workation: Immer mehr Unternehmen experimentieren mit neuen Arbeitsmodellen, um ihre Mitarbeitenden zufriedenzustellen und Fachkräfte an sich zu binden. Auch an den Strukturen wird gerne gerüttelt. Eine Maßnahme, um die Art der Führung zu verändern, nennt sich Shared Leadership.
Was ist Shared Leadership?
Unter Shared Leadership versteht man per Definition die Aufteilung (engl. „to share”) der Führungsrolle („leadership) in einem Unternehmen auf mehrere Mitarbeitende. Die Position der Führungskraft, die allein an der hierarchischen Spitze steht und die Verantwortung für alle Führungsaufgaben trägt, verschwindet damit.
Shared Leadership bedeutet nicht zwangsläufig, dass zum Beispiel zwei oder drei Personen die Geschäftsführung übernehmen und damit die Aufgaben teilen. Vielmehr ist die „geteilte Führung” ein Oberbegriff für verschiedene Führungsstile und Ansätze, um Mitarbeitende oder Teammitglieder in einer Abteilung mehr in Entscheidungen einzubinden.
Das Modell der Shared Leadership gehört in den Bereich der transformationalen Führung, bei der ein Bottom-Up-Ansatz umgesetzt wird: Angestellte bekommen zusätzliche Verantwortung, die Hierarchien flachen ab und die Führungskräfte übernehmen eine eher „dienende” Rolle (Stichwort: Servant Leadership).
Wie funktioniert die geteilte Führung?
Beim Shared Leadership verteilen Sie Verantwortlichkeiten und Führungsaufgaben auf mehrere Teammitglieder eines Teams. Meist geschieht das temporär, um spezielle Projekte zu meistern oder um neue Arbeitsweisen auszuprobieren. Die Position der Führungskraft bleibt dabei erhalten, doch sie nimmt ihre Führungsrolle nicht mehr wie bisher wahr.
Das bedeutet, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erhalten mehr Aufgaben und die Freiheit mehr wichtige Entscheidungen zu treffen. Sie tragen sinnbildlich gesprochen die Last der Führungsrolle auf mehreren Schultern. Dadurch entstehen neue Rollen, Strukturen und Prozesse, die am Ende zu besseren Ergebnissen führen können.
Ein Beispiel für Shared Leadership
Sind die Abläufe in Ihrem Unternehmen in manchen Bereichen zu langsam und ineffizient? Benötigen Sie frischen Wind, um beispielsweise den Vertrieb mit digitalen Innovationen voranzubringen? Dann kann der Shared-Leadership-Führungsstil helfen.
Hierbei zieht sich der Bereichsleiter oder die Bereichsleiterin der Sales-Abteilung in seiner oder ihrer Rolle als Führungskraft zurück. Dafür erhalten alle Teammitglieder mehr Verantwortung. Sie entwerfen auf Augenhöhe neue Konzepte und setzen diese gemeinsam als Projekte um. Auch Entscheidungen über eine neue Mission und Vision oder über Budgets trifft das Team gemeinsam.
Warum ist Shared Leadership sinnvoll?
Eine bessere und effizientere Zusammenarbeit ist das oberste Ziel der geteilten Führung. Mitarbeitende, die die Chance erhalten, mehr an Entscheidungen teilzuhaben, arbeiten motivierter und engagierter. Derart können wichtige Vorhaben schneller vorangebracht werden, da eine Führungskraft nicht mehr in der Verantwortung steht, alle Aufgaben zu verteilen und sie unter Umständen gegen Widerstand „durchzuboxen”.
Shared Leadership bringt mehrere Vorteile mit sich:
- Mitarbeitende können ihre Fähigkeiten besser ausleben, da sie ein höheres Mitspracherecht bekommen.
- Die Teammitglieder identifizieren sich mehr mit ihrem Team. Durch das Aufteilen der Führungsrolle kommt es zu einem kooperativen Arbeiten.
- Die Führungskraft ist weniger mit Führungsaufgaben belastet und kann so besser die wahre Rolle des Leaders oder der Leaderin – einem unterstützenden Teammitglied – ausleben.
Ein weiterer Pluspunkt: Shared Leadership ist eine moderne Arbeitsweise. Das kommt besonders bei jungen Arbeitnehmenden, die mehr Sinn und Verantwortung in Ihren Tätigkeiten suchen, gut an. Ihr Unternehmen kann so in einer Arbeitswelt, die aktuell vom „War for Talents” geprägt ist, seine Fachkräfte ans Unternehmen binden und zugleich an Attraktivität für Bewerber und Bewerberinnen gewinnen.
Was sind die Grenzen von Shared Leadership?
Was in der Theorie klasse klingt, kann in der Realität mit einigen Herausforderungen behaftet sein. In wenigen Unternehmen ist es möglich, von heute auf morgen die Führungsaufgaben zu verteilen und die Führungskraft zu „entmachten”. Denn nicht alle Mitarbeitenden besitzt die Skills und Motivation, eine Führungsrolle einzunehmen und mehr Aufgaben zu übernehmen. Zudem möchte nicht jeder Entscheider bzw. jede Entscheiderin seine oder ihre gewichtige Position abgeben.
Damit Sie Shared Leadership in Ihrem Unternehmen testen oder gar dauerhaft umsetzen können, bedarf es unter Umständen eines professionellen Change Managements. Dieser Prozess kann sehr energie- und zeitraubend sein, was Ihre Teams oder Abteilungen lähmt, anstatt sie schneller zu machen.
Ein weiterer Nachteil des Führungsstils liegt in den abflachenden Hierarchien. Wenn sich fünf, zehn oder noch mehr Personen ständig absprechen müssen, um Entscheidungen gemeinsam zu treffen, erhöht das die Komplexität.
Was sind die Voraussetzungen, damit Shared Leadership gelingt?
Ein wichtiger Baustein für den Erfolg ist die Akzeptanz für den besonderen Führungsstil. Ihre Mitarbeitenden müssen damit einverstanden sein, mehr Verantwortung und neue Aufgaben zu übernehmen. Und auch Ihre derzeitigen Führungskräfte sollten in die Entscheidung einbezogen werden, denn sie verlieren spannende Führungsaufgaben.
Ebenso spielen die Strukturen in Ihrem Unternehmen eine wichtige Rolle. In kleinen, agilen Start-ups, die mehr in einem situativen Führungsstil arbeiten, lässt sich die geteilte Führung besser realisieren als in Konzernen mit starren Strukturen.
Zuletzt sind Transparenz und Kommunikation essenzielle Schlüsselfaktoren, um Shared Leadership bei Ihnen durchsetzen zu können. Denn nur ein ständiger, offener Austausch der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen untereinander sorgt dafür, dass die Verteilung der Aufgaben klappt. Gibt es hier Probleme bei der Führung, kommt das Vorhaben ins Stocken.
Fazit: Shared Leadership als möglicher Ansatz zur Führung
Kurz: Shared Leadership bietet viele Vorteile, aber auch ein paar Nachteile, die es zu bedenken und gegeneinander abzuwägen gilt. Doch es ist ein spannender Ansatz, um Ihr Unternehmen schneller und wendiger zu machen. Vor allem junge und agile Start-ups profitieren von dieser Art der Führung.
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