Was tun, wenn Fehler, mangelnde Effizienz und hohe interne Kosten den Erfolg eines Unternehmens behindern? Six Sigma hilft Ihnen dabei, die Weichen von Prozessen und Projekten wieder auf Erfolg zu stellen.
Inhalt
- Was ist Six Sigma?
- Statistische Normwerte als Grundlage
- Six Sigma Geschichte
- Warum Six Sigma?
- Ziele von Six Sigma
- Six Sigma + Lean = Lean Six Sigma
- Six-Sigma-Toolbox: Diese Werkzeuge gibt es
- Six-Sigma-Phasen: Der DMAIC-Zyklus
- Die fünf Gürtel der Six-Sigma-Methode
- Six Sigma: Ein Anwendungsbeispiel
- Vor- und Nachteile von Six Sigma
Was ist Six Sigma?
Six Sigma ist eine Vorgehensweise im Qualitätsmanagement bzw. Prozessmanagement. Statistische und analytische Methoden finden dabei Anwendung, um Prozesse im Unternehmen zu optimieren. Six Sigma verfolgt den Weg, diese Prozesse als mathematische Funktion darzustellen und für die Prozessgestaltung zu nutzen.
Die Methode Six Sigma unterstützt Ihr Unternehmen dabei, Geschäftsprozesse mithilfe konkreter Kennzahlen mathematisch greifbar und somit messbar zu machen. Kommt es zu einer großen Streuung und hierdurch zu einer schlechten Performance von Geschäftsprozessen, zeigt Six Sigma die Ursachen auf. So können Anwender und Anwenderinnen der Methode Lösungsmöglichkeiten und Handlungsoptionen erkennen.
Six Sigma kommt vorrangig zum Zwecke der Qualitätsverbesserung zum Einsatz, kann aber grundsätzlich auf alle Verbesserungsprojekte als Managementmethode genutzt werden.
Statistische Normwerte als Grundlage
Six Sigma basiert auf statistischen Methoden und damit verbundenen Standardabweichung. Die Gaußsche Normalverteilung gibt etwa an, wie bestimmte Werte üblicherweise verteilt sind. Ein Beispiel dafür: Hat etwa in Deutschland jeder Mensch durchschnittlich einen IQ von 100, so ist das der Normalwert, der in der Gaußglocke im Zentrum liegt.
Es gibt aber auch Menschen, die einen IQ von 120 oder 80 haben. Diese liegen rechts beziehungsweise links vom Durchschnittswert. Bei der Prozessoptimierung geht es darum, immer mindestens den statistischen Normalwert zu erreichen.
Six Sigma Geschichte
Unternehmen streben von jeher an, ihre Prozesse zu optimieren und Ressourcenverschwendung zu vermeiden. Im Rahmen der Industrialisierung wurde diese Strategie immer wichtiger, um den Wettbewerbsvorteil zu sichern. In Japan wurde zur Prozessverbesserung das Six Sigma Konzept entwickelt.
Die Ausgestaltung zu einem Werkzeug der Prozessoptimierung fand jedoch erst in den 1980er Jahren bei der Firma Motorola in den USA statt. Hier wurde der Six-Sigma-Ansatz erstmals vorgestellt und fand in den darauffolgenden Jahren Anklang bei vielen Firmen weltweit. Vor allem durch durchschlagende Erfolge bei der Firma General Electric (GE) erlangte der Ansatz große Beliebtheit.
Six Sigma heute
Im Laufe der 1990er Jahre avancierte Six Sigma zu einem beliebten und vielfach eingesetzten Tool zur Prozesssteuerung. Bis heute hat es sich zu einem der etabliertesten Ansätze entwickelt und wird in Betrieben ganz unterschiedlicher Art verwendet. Six Sigma dient dazu, die Wertschöpfung in der Produktionskette zu verbessern, um so für eine höhere Wirtschaftlichkeit der Unternehmen zu sorgen.
Mittlerweile wird Six Sigma immer häufiger mit Methoden des Lean Managements verbunden, sodass sich die eigene Ausrichtung Lean Six Sigma entwickelt hat. Hierbei haben die Kundenbedürfnisse oberste Priorität und es geht darum, Prozesse so zu gestalten, dass die Kundenanforderungen optimal erfüllt werden können.
Mittlerweile ist es so, dass die meisten Unternehmen Six Sigma nicht nur selbst für die Prozessverbesserung anwenden, sondern auch von Lieferanten bzw. Lieferantinnen erwarten, dass deren Produkte und Prozesse Six-Sigma-Niveau besitzen.
Unterschiede zu anderen Methoden
Six Sigma unterscheidet sich von anderen Methoden des Qualitätsmanagements dadurch, dass nicht nur ein Bezugsrahmen für die Prozessgestaltung geliefert wird. Auch konkrete Anforderungen an die Betriebe und die gesamte Belegschaft werden gestellt. Für einzelne Prozesse wird im Detail erläutert, wie diese optimiert und angewendet werden müssen, um zu einer größtmöglichen Produktivität und zu einer Verbesserung der Betriebsprozesse zu kommen.
Da jedoch keine Zertifizierungen entwickelt wurden, die Six Sigma ein enges Korsett anlegen, konnten im Rahmen von Schulungen eigene Interpretationen und Schwerpunkte gesetzt werden. So konnte das in der USA begründete Konzept immer wieder weiterentwickelt werden.
Warum Six Sigma?
Viele Unternehmen erheben keine Kennzahlen, um die Effizienz ihrer Prozesse abzubilden und greifbar zu machen. Die Folge: Zahlreiche Prozesse funktionieren irgendwie, sind aber wenig effizient und weisen eine hohe Fehlerquote auf. Das führt zu einer sinkenden Produktivität und Wirtschaftlichkeit, was im schlimmsten Fall existenzbedrohend für ein Unternehmen werden kann.
Wenn ein Autounternehmen beispielsweise zwei Autos pro Tag baut, sagt das nichts über dessen Produktivität aus. Erst durch mathematische Verfahren und die Ermittlung einer Normalverteilung wird deutlich, ob zwei Autos normal, wenig oder viel sind.
Hier kommt Six Sigma ins Spiel: Der griechische Buchstabe Sigma definiert die Standardabweichung, also die Streubreite um einen Mittelwert.
Sie erkennen so, welcher Durchschnittswert bei einem Prozess normal wäre und können davon ableiten, ob ihre Prozesse normal, über- oder unterdurchschnittlich performen. Mit der Six Sigma Methode agieren Sie streng analytisch, um Abweichungen und Fehler in Ihrem Unternehmen zu erkennen und künftig zu vermeiden. Gegebenenfalls können dann Verbesserungen an Prozessen vorgenommen werden, um deren Effizienz und Performance zu steigern.
Ziele von Six Sigma
Sie fragen sich, was die Six-Sigma-Methode bringt? Folgende positive Folgen gehen mit der Anwendung einher:
- die konsequente Ausrichtung auf Prozesse
- die konsequente Ausrichtung auf die Qualität aus Sicht der Kundschaft
- das Treffen von Entscheidungen auf Basis von Zahlen und statistischen Größen
- das Verständnis von Abweichungen und deren Ursachen
- die Projektdefinition zur Bearbeitung von Aufgaben
- die Umsetzung mit vielen verschiedenen methodischen Werkzeugen
Wenn Sie Six Sigma in Ihrem Unternehmen anwenden, dann führen Sie regelmäßige Bewertungen Ihrer Prozesse durch. Sie ermitteln deren Performance und ordnen diese hinsichtlich eines mathematischen Normalwertes ein. Hierbei setzen Sie konkrete Schwerpunkte und fokussieren sich beispielsweise auf die Qualität.
Die Sicht der Kundschaft hat dabei stets oberste Priorität. Dank Six Sigma treffen Sie wichtige Entscheidungen nicht mehr aus dem Bauch heraus, sondern auf Grundlage verlässlicher mathematischer Werte.
Ein Ziel von Six Sigma besteht darin, sich Standardabweichungen von einem Normalwert und deren Ursache bewusst zu machen. Auf diese Weise vermeiden Sie Fehler und Verschwendungen und können andererseits Maßnahmen, die zu einer Prozessoptimierung führen, ausweiten. So wird ein Null-Fehler-Prozess etabliert.
Des Weiteren unterstützt Sie Six Sigma bei der Projektdefinition zur Bearbeitung von Aufgaben, sodass immer allen klar ist, wer welche Aufgabe zu welchem Zeitpunkt erledigt. Nicht zuletzt gibt Ihnen der Ansatz viele methodische Werkzeuge zur erfolgreichen Prozessanalyse an die Hand.
Six Sigma + Lean = Lean Six Sigma
Lean Management ist eine Management-Philosophie mit dem Ziel, Prozesse zu verschlanken. Das spart Ihnen Kosten.
Methoden, mit denen Lean Management umgesetzt wird, gibt es viele: Kaizen, Kanban oder Total-Quality-Management. Vereinbaren Sie die Grundsätze von Lean Management mit jenen von Six Sigma, so führt das zu Lean Six Sigma. Daraus ergibt sich eine quantitative Herangehensweise, mit der Lean Management im Unternehmen gelingt.
Lean Six Sigma dient dazu, Durchlaufzeiten zu verkürzen und Verschwendung zu vermeiden. Sie setzen Ihre Ressourcen somit zielführend ein und arbeiten effizienter. Außerdem vermeiden Sie Ausfallzeiten, die teils erhebliche Kosten verursachen. Durch die Einsparung von Kosten wird Ihr Betrieb rentabler und kann sich leichter gegen Mitbewerber und Mitbewerberinnen durchsetzen.
Lean Six Sigma steht für eine hohe Kundenorientierung und effiziente Prozesse. Beides betrifft nicht nur die bestehenden Arbeitsweisen, sondern kommt auch bei der Produkt- und Softwareentwicklung zum Einsatz.
Six Sigma Toolbox: Diese Werkzeuge gibt es
Der Werkzeugkasten (Toolbox) von Six Sigma setzt sich aus 7×7 Fächern, also insgesamt 49 Six Sigma Tools, zusammen. Diese sind verschiedenen Kategorien zugeordnet, sodass Sie für jeden Anlass das passende Tool auswählen können. In der Six Sigma Toolbox finden Sie:
- Projekt-Werkzeuge
- Management-Werkzeuge
- Schlankheits-Werkzeuge
- Kunden-Werkzeuge
- Design-Werkzeuge
- Grafik-Werkzeuge
- Statistik-Werkzeuge
Six-Sigma-Phasen: Der DMAIC-Zyklus
Im Zentrum der Six-Sigma-Methode steht der Zyklus DMAIC. Die fünf Buchstaben stehen für einzelne Phasen, in denen Sie unterschiedliche Werkzeuge einsetzen:
- Define: In der Define-Phase definieren Sie, was das Problem darstellt, und wie groß und relevant es ist. Und sie halten fest, welches Ziel Sie erreichen möchten. Dabei wenden Sie die VOC-CTQ-Matrix (Voice of Customer – Critical to Quality) oder die SIPOC-Methode (Supplier, Input, Process, Output, Customer) an.
- Measure: Sie quantifizieren, welche Prozessauswirkungen zum Problem beitragen und welche Performance aktuell messbar ist. Sie sammeln in dieser Phase methodisch Daten, stellen sie grafisch dar und überführen sie zur Interpretation in Prozess-Sigmas.
- Analyze: In der Analyze-Phase erkennen Sie, welche Ursachen hauptsächlich zum Problem führen. Hierfür kommen Methoden wie das Fischgrätendiagramm, Prozessdarstellungen oder die Wert-Analyse zum Einsatz.
- Improve: In der Improve-Phase beseitigen Sie das Problem und steigern messbar die Performance. Als Methoden finden Anwendung: Prozessdarstellungen, Fehlerüberprüfungen oder die sogenannte Pugh-Matrix zur Bewertung alternativer Konzepte.
- Control: Die Verbesserung der Performance soll in der Control-Phase dauerhaft im Unternehmen verankert werden. In der letzten Phase des DMAIC-Prozesses stellen Sie sicher, dass das gelingt. Methodische Bestandteile sind hierbei Prozess- und Projektdokumentationen sowie Control-Charts.
Die fünf Gürtel der Six-Sigma-Methode: Diese Rollen gibt es
Die verschiedenen Phasen eines Six-Sigma-Prozesses benötigen unterschiedliche Kompetenzen und Rollen. Diese teilt man bei Six Sigma ähnlich wie im Kampfsport in fünf Stufen ein. Für jede einzelne gibt es eine individuelle, zertifizierte Ausbildung, die sich in einer Gürtelfarbe widerspiegelt:
- Six Sigma Yellow Belt: Inhaber beziehungsweise Inhaberinnen dieser Rolle unterstützen aktiv in den Geschäftsprozessen. Sie sind mit der Wirkung von Six Sigma vertraut, kennen die Tools und Methoden.
- Six Sigma Green Belt: Mit einem grünen Gürtel leiten Sie Six Sigma Projekte und verantworten deren Erfolg. Neben einer Methodenkompetenz müssen Sie auch eine soziale Kompetenz besitzen.
- Six Sigma Black Belt: Ähnlich wie beim Green Belt sind Sie in dieser Rolle für den Erfolg von Six Sigma Projekten zuständig. Diese zeichnen sich beim Black Belt durch eine höhere Komplexität aus, da Sie bereichsübergreifende Teams in den Prozess einbinden.
- Six Sigma Master Black Belt: Hierbei verantworten Sie den Erfolg des Prozesses in enger Abstimmung mit der Geschäftsleitung. Als Master Black Belt coachen Sie Prozessbeteiligte und definieren die Standards für die Identifizierung, Umsetzung und Kontrolle der Six Sigma Projekte.
- Six Sigma Champion: Diese Gürtelfarbe hat in der Regel eine Führungskraft inne. Sie wird im Prozess auch „Sponsor“ genannt. Sponsoren wählen die Projekte aus, kontrollieren den Fortschritt und unterstützen in jeder Phase. Sie bereiten die Unternehmenskultur auf den Change-Management-Prozess vor, der mit der Einführung von Six Sigma einhergeht.
Six Sigma: Ein Anwendungsbeispiel
Ein Hersteller in der Automobil-Zulieferer-Industrie produziert ein neues Bauteil. Der Ausschuss in der Produktion fällt durch Fehler in der Produktion hoch aus. Projektziel ist es, diesen Ausschuss zu verringern bzw. einen Null-Fehler-Prozess zu etablieren. Im Zuge eines Six Sigma Projektes kommt die DMAIC-Methode zum Einsatz:
- Define: In der Analyse wurde den Beteiligten deutlich, dass für viele Prozessparameter die Soll-Einstellung nicht bekannt war.
- Measure: Das Projektteam definiert Messgrößen und überprüft sie auf ihre Eignung, um die Ausgangssituation quantitativ beurteilen zu können.
- Analyze: Es erfolgt eine systematische Analyse der bestehenden Prozesse und eine Priorisierung von Ursachen-Variablen.
- Improve: In dieser Phase erfolgt die Ermittlung der passenden Stichprobengröße und eine Definition des Modells inklusive der Parameter-Verifizierung.
- Control: Control Charts zur Überwachung der Parameter werden eingeführt.
Vor- und Nachteile von Six Sigma
Mit dem Six Sigma Konzept gehen verschiedene Vor- und Nachteile einher, die Sie im Folgenden kennenlernen.
Vorteile von Six Sigma
Bei Six Sigma handelt es sich um eine proaktive Methode. Sie reagieren also nicht nur auf Fehler, Verschwendung und Prozessstörungen, sondern beugen mit dieser Methode solchen Problemen effizient vor.
Außerdem erreichen Sie eine höchstmögliche Transparenz bei Ihren Geschäftsprozessen. Diese können von der gesamten Belegschaft nachvollzogen und gezielt angewendet werden. Das wird vor allem dank der guten Messbarkeit erreicht, die der Six Sigma Ansatz bietet.
Zudem ist Six Sigma breit aufgestellt und lässt sich auf alle Prozesse anwenden. Das Qualitätsmanagement ist somit nur eines von mehreren Anwendungsgebieten von Six Sigma.
Nachteile von Six Sigma
Six Sigma ist absolut datengetrieben. Das bedeutet, dass sich die gesamte Belegschaft an konkreten Messwerten orientiert, wenn es um die Weiterentwicklung und Optimierung von Betriebsprozessen geht. Hierdurch können die einzelnen Prozesse recht starr werden, wodurch Flexibilität verloren geht.
Kreativität und Innovationsfreude sind dann nicht mehr so stark gegeben, was zu Wettbewerbsnachteilen führen kann.
Fazit: Dank Six Sigma mehr Qualität in Unternehmen erreichen
Six Sigma ist eine nützliche Methode, um Fehler in Geschäftsprozessen zu minimieren. Es ist sinnvoll, Six Sigma mit dem Lean Management zu verknüpfen, um daraus ein Lean Six Sigma zu entwickeln.
Unternehmen entwickeln sich dank der Prozessverbesserung mit DMAIC kontinuierlich weiter. Das Gute: Sie können Optimierungen im Rahmen eines Qualitätsmanagements vornehmen, bevor Probleme auftreten. Das senkt die Kosten und steigert die Effizienz.
Doch es gibt auch Nachteile: Die Strenge der Methode sorgt schnell dafür, dass das Innovationsmanagement und die Kreativität in Ihrem Unternehmen untergraben wird. Die konsequent am Prozess ausgerichtete, datengetriebene Methode eignet sich somit vor allem für standardisierte Prozesse und Produktionsweisen.
Titelbild: twomeows / Moment / Getty Images Plus