Bestimmt haben Sie schon einmal von Solution Selling gehört oder arbeiten sogar selbst mit diesem Ansatz. Solution Selling bedeutet „lösungsorientierter Vertrieb“ und wurde in den 1980er Jahren populär.
Das Prinzip dahinter ist einfach: Vertriebsmitarbeiter finden heraus, welche Probleme oder Anforderungen ihre potenziellen Kunden haben und empfehlen dann die passenden Produkte und/oder Dienstleistungen als Lösung für diese Herausforderungen.
Möglicherweise ist den potenziellen Kunden gar nicht bewusst, dass sie diese Probleme oder auch Chancen haben, wie dringend bzw. bedeutend diese sind und wie sie am besten damit umgehen. Vertriebsmitarbeiter werden hier zu wichtigen Impulsgebern – sie helfen potentiellen Kunden, die Situation besser zu verstehen, und haben die passende Lösung parat.
Wann kommt Solution Selling zum Einsatz?
Der lösungsorientierte Ansatz bietet sich besonders für den Vertrieb stark angepasster Produkte oder maßgeschneiderter Pakete an. Beispielsweise stellt ein Unternehmen, das eine cloudbasierte Speicherplattform im Bündel mit Wartungs- und Sicherheitsdienstleistungen verkauft, vermutlich für jeden Kunden ein individuelles Angebot zusammen.
Dazu ermittelt das Vertriebsteam, wie viele Daten die Interessenten speichern wollen, mit wie vielen Geräten auf die Daten zugegriffen wird, welche zusätzlichen Features und Services benötigt werden usw.
Erste Schritte mit Solution Selling
An diesem Drei-Stufen-Plan können Sie sich beim Einstieg in Solution Selling orientieren:
1) Herausforderungen identifizieren
Der erste Schritt ist der wichtigste: Wenn Sie nicht herausfinden, was die drängendsten Probleme Ihrer potenziellen Kunden sind, können Sie sie nicht gezielt ansprechen oder Ihre Lösung vorstellen.
Analysieren Sie Ihre gewonnenen Geschäftsabschlüsse – welche Herausforderungen haben Ihre Kunden veranlasst, Ihre Produkte oder Dienstleistungen zu kaufen? Fragen Sie Ihre Kunden: „Was war wichtig für Ihre Entscheidung, mit uns zu arbeiten?“ und „Wann haben Sie beschlossen, dieses Problem in Angriff zu nehmen, und warum?“
2) Fragen festlegen
Sobald Sie wissen, vor welchen Herausforderungen Ihre potenziellen Kunden stehen, können Sie sich weitere Fragen überlegen, um dem Problem auf den Grund zu gehen.
Mit dieser Vorbereitung dreht sich ein Großteil Ihres Verkaufsgesprächs um Ihr Gegenüber und sein Unternehmen – nicht um Ihr Produkt und dessen Features.
Stellen Sie anfangs möglichst allgemeine, offene Fragen, mit denen Sie die relevanten Aspekte der jeweiligen Unternehmenssituation erkunden. Fragen Sie dann genauer nach, um konkrete Fakten und Zahlen in Erfahrung zu bringen. So können Sie leichter einen Anwendungsfall für Ihre Lösung vorstellen.
3) Einen Mehrwert verkaufen
Beim Solution Selling geht es nicht darum, bestimmte Funktionen oder einen Listenpreis zu verkaufen. Im Mittelpunkt steht vielmehr der ROI (Return of Investment) Ihrer Lösung – das macht diesen Ansatz so effektiv.
Ganz gleich, ob Sie ein ganzes Vertriebsteam leiten oder selbst den Verkauf übernehmen – es ist wichtig, dass Sie genau verstehen, was Sie verkaufen und wie Sie den Wert Ihres Produkts darstellen.
Dabei können Ihnen diese Fragen helfen:
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Wie viel einfacher ist das Leben/die Arbeit mit Ihrem Produkt? Welche Herausforderungen oder Aufgaben lassen sich damit vermeiden oder verkleinern?
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Können Nutzer Ihres Produkts damit Zeit sparen? Wie viel? Und was könnten sie in den gewonnenen Minuten, Stunden oder Tagen erreichen?
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Können Nutzer Ihres Produkts damit Geld sparen? Wie viel? Wie könnten sie diesen Betrag besser einsetzen?
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Inwiefern kann Ihr Produkt dazu beitragen, die Wahrnehmung der Marke Ihrer potenziellen Kunden zu verbessern? Wirken sie damit glaubwürdiger, bedeutender, effektiver oder erfolgreicher?
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Wie wirkt sich die Nutzung Ihres Produkts nach einem Monat auf den Umsatz Ihrer potenziellen Kunden aus? Nach sechs Monaten? Einem Jahr?
Üben Sie, die Antworten auf diese Fragen Ihren Interessenten gegenüber zu betonen.
Vertriebsprozess beim Solution Selling
Auch wenn der Begriff „Solution Selling“ heutzutage ziemlich weitgefasst ist, gibt es doch einen typischen Ablauf, an den sich die meisten Vertriebsmitarbeiter in der Neukundenakquise nach diesem Prinzip halten:
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Potenzielle Kunden finden: Käufer suchen, die vor einem Problem stehen, das Ihr Produkt lösen kann
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Qualifizieren: Entscheidungsträger identifizieren
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Erkunden: Anforderungen des Käufers diagnostizieren
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Mehrwert bieten: Einen Fürsprecher aufbauen; Zugang zu Hauptentscheidungsträgern erhalten
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Präsentieren: Eine benutzerdefinierte Lösung vorstellen; deren ROI demonstrieren
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Abschließen: Zu einer für beide Seiten vorteilhaften Vereinbarung kommen
Fragen, die Sie beim Solution Selling stellen sollten
Mit den richtigen Fragen finden Sie heraus, vor welchen Problemen oder Herausforderungen Ihre potenziellen Kunden stehen. In dieser Phase, meistens im Analysegespräch, sind die drei wichtigsten Ziele:
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Ursachen identifizieren: Welche Faktoren sind für die Probleme verantwortlich? Welche sind am wichtigsten und haben die größten Auswirkungen?
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Bedeutung einschätzen: Wie wirken sich die Probleme auf Ihre potenziellen Kunden, deren Team, andere Abteilungen oder das gesamte Unternehmen aus? Wie viele Betroffene profitieren davon, wenn sich die Probleme lösen lassen?
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Unterstützer suchen: Finden Sie heraus, wie interessiert die Käufer an Ihrem Produkt sind. Sind sie von der Lösung, die Sie anbieten können, begeistert?
Wir haben ein paar Beispielfragen für jedes dieser drei Ziele zusammengestellt.
Ursachen identifizieren:
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Wie hat sich [Problem] zu [aktuelle Situation] entwickelt?
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Wie wichtig ist [Faktor]?
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Konnten Sie feststellen, dass [Faktor, den Sie nicht berücksichtigt hatten] sich in irgendeiner Weise auf [Problem] auswirkt?
Bedeutung einschätzen:
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Wie hat dieses Problem Ihre [tägliche, wöchentliche] Arbeitslast und deren Schwerpunkt beeinflusst?
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Inwiefern betrifft dieses Problem Ihre [Kollegen, Vorgesetzten, unterstellten Mitarbeiter]?
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Wie schätzt [Stellenbezeichnung] dieses Problem ein?
Unterstützer suchen:
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Wenn es [Problem] nicht gäbe – was wäre an [Ihren Ergebnissen, Ihren Prioritäten, dem Erfolg Ihres Unternehmens] anders?
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Wir können [Problem] mit [Lösung X] lösen. Was halten Sie davon?
Ist Solution Selling noch aktuell?
Einige Stimmen in der Branche meinen, dass Solution Selling nicht länger effektiv ist. Die Autoren von The Challenger Sale, Brent Adamson, Matt Dixon und Nicholas Toman, argumentieren: „Kunden wussten früher nicht, wie sie ihre Probleme lösen sollten, auch wenn sie häufig sehr genau wussten, was diese Probleme waren. Mit den gut informierten und findigen Beschaffern und Beratern von heute können Unternehmen ihre Lösungen oft sehr gut selbst definieren.“
Eine Studie von CEB (heute Gartner) hat gezeigt, dass potenzielle Kunden aus dem B2B-Bereich nahezu 60 % ihrer Kaufentscheidungen – nämlich Recherche von Optionen und anschließende Bewertung, Festlegung von Kaufkriterien und schließlich Preisvergleiche – treffen, ohne auch nur ein Wort mit einem Vertriebsmitarbeiter zu wechseln.
Aus diesem Grund meinen Adamson, Dixon und Toman, dass Vertriebsmitarbeiter, die auf Solution Selling setzen, „eher ein Ärgernis als eine Bereicherung sein können“.
Es wäre aber falsch, dem lösungsorientierten Vertrieb seine Daseinsberechtigung abzusprechen. Es ist immer noch möglich, Probleme aufzudecken, deren sich potenzielle Kunden noch gar nicht bewusst waren. Das ist tatsächlich genau das Konzept, für das sich Adamson, Dixon und Toman in The Challenger Sale starkmachen.
Vertriebsmitarbeiter, die diesen Ansatz verfolgen, suchen Kunden mit Anforderungen, die sich erst noch herauskristallisieren müssen, oder Unternehmen im Umbruch, in denen schnell Entscheidungen getroffen werden können. So könnte zum Beispiel ganz gezielt eine neue Unternehmensleiterin, die sich einen Namen machen möchte, angesprochen werden.
„Diese Kunden sind ohnehin gerade dabei, den Status quo zu bestimmen, und sind deshalb an Einblicken interessiert und für überzeugende neue Ideen empfänglich“, schreiben die Autoren.
Als Beispiel führen sie einen Top-Vertriebsmitarbeiter für Business Services an, der im Rahmen einer Ausschreibung eine einstündige Präsentation vor mehreren Führungskräften halten sollte.
Er übergab ihnen den Bericht seines Unternehmens.
„Da wir nur wenig Zeit haben, möchte ich Sie bitten, den Bericht später selbst zu lesen“, sagte der Vertriebsmitarbeiter. „Ich möchte in dieser einen Stunde lieber über drei Punkte sprechen, die unserer Meinung nach unbedingt in die Ausschreibung gehört hätten, aber nicht darin erwähnt werden. Lassen Sie mich erläutern, warum wir diese Punkte für so wichtig halten.“
Die Führungskräfte hörten zu, verzichteten auf die beiden anderen Anbieter und fingen ganz von vorn mit der Ausschreibung an.
Ist das Solution Selling? In diesem Beispiel ging der Vertriebsmitarbeiter nicht auf die Anforderungen seines potenziellen Kunden ein, sondern definierte sie ganz neu. Dennoch ist der Fokus auf Herausforderungen und passende Lösungen zu erkennen. Für mich ist das eine moderne Form von lösungsorientiertem Vertrieb.
Die Kernpunkte von Solution Selling sind in jedem Fall wertvoll, ob Sie der Methode nun bis ins Kleinste folgen oder etwas abwandeln. Überlegen Sie, wie Ihr Produkt Ihren potenziellen Kunden helfen kann, und entwickeln Sie auf dieser Basis eine maßgeschneiderte Lösung oder Strategie. Mit diesem Ansatz liegen Sie im Vertrieb immer richtig.