Viele Konflikte werden durch destruktive Muster verursacht und ausgetragen, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Ein bekanntes Erklärungsmodell für dieses Schauspiel ist das Drama-Dreieck nach Karpman. Lesen Sie, wie das Modell die Entstehung von Konflikten erklärt und was Sie tun können, um diese erfolgreich aufzulösen.

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An jedem Eckpunkt des Dreiecks befindet sich eine der drei Rollen. Bevor die Rollen näher erläutert werden, ist es wichtig zu wissen, dass die Beteiligten eines dramatischen Konflikts nicht zwangsläufig nur eine Rolle annehmen, sondern zwischen diesen wechseln. Dadurch wird die Situation oft zusätzlich verschärft und kommt zu keinem (guten) Ende.

Mit dem Verständnis des Modells, der Rollen und Muster ist es möglich, das eigene Verhalten und das der Konfliktpartner und -partnerinnen besser einzuschätzen und aktiv zu steuern.

Die drei Rollen im Drama-Dreieck

Das Drama-Dreieck baut auf drei psychologischen Rollen: dem Täter oder Verfolger, dem Opfer und der Retterin. Keine Rolle ist per se schlechter oder besser als die anderen, da sie sich alle gegenseitig bedingen. Was sie alle gemeinsam haben, ist das Bedürfnis nach Anerkennung und die Angst davor, diese Anerkennung nicht zu erhalten.

Der Verfolger

Die Verfolgerin, auch Täterin genannt, wirkt auf andere, als ob sie die meiste Macht hätte. Sie weiß sehr geschickt, wie sie jemanden zu einem Opfer macht und kontrolliert.

Personen in dieser Rolle neigen dazu, sich über andere zu stellen und ihre Macht spielen zu lassen. Sie lieben es zu befehlen, zu beschuldigen, aufzuhetzen oder zu demütigen. Läuft etwas nicht nach Plan, werden sie aggressiv und wütend.

Häufig ist zu beobachten, dass Verfolger auch im echten Leben hierarchisch über ihrem Opfer stehen. Chefinnen, Vorgesetzte oder Lehrende nehmen diese Rolle besonders oft und schnell ein. In Freundschaften oder Partnerschaften ist der Verfolger meist diejenige Person, die es gewohnt ist, den Ton anzugeben und Entscheidungen zu treffen.

Das Opfer

Im Rollenspiel des Dramas hat das Opfer die vermeintlich schwächste Position inne. Es wird mit Schuldzuweisungen, Demütigungen oder gar Drohungen bombardiert, was ein starkes Gefühl der Hilf- und Machtlosigkeit erzeugen kann. Unbewusst ist es jedoch genau das, was sich Personen in Opferrollen wünschen, da sie als bemitleidenswertes Opfer viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Als Opfer müssen sie weder Konsequenzen tragen noch Verantwortung übernehmen. Sie manipulieren durch schlechtes Gewissen und zwingen andere in die Täterrolle, um sich noch stärker in Selbstmitleid zu wälzen. Typisch für diese Rolle sind Personen, die sich unterordnen und Schwierigkeiten damit haben, für sich selbst einzustehen.

Der Retter

Der Retter als drittes Element des Drama-Dreiecks hat zur Aufgabe, das Opfer aus seiner Misere zu retten und den Streit zu schlichten. Obwohl er zunächst auf die Bedürfnisse der Mitmenschen bedacht ist, hegt er bei seinem Tun auch eigene Ziele.

Die Retterin liebt die Aufmerksamkeit, die sie als Schlichterin und Heldin bekommt. So kann es passieren, dass sie das Opfer noch kleiner macht als ohnehin – ganz nach dem Motto „Du bist nichts ohne mich und brauchst meine Hilfe“.

Was Sie bei dieser Rolle verstehen müssen, ist, dass der Retter die Situation keinesfalls besser macht, sondern den Konflikt am Laufen hält. Es wirkt zwar zunächst so, als ob er gute Intentionen habe und dem Opfer helfen könne, doch tatsächlich geht es ihm einzig und allein um die Anerkennung, die er durch seine Bemühungen bekommt.

Retterinnen und Retter sind Personen, die sich überlegen und gebraucht fühlen wollen. Sie helfen meist ungefragt und stellen sich über das Opfer, indem sie diesem die Fähigkeit aberkennen, für sich einzustehen.

Drama-Dreieck: Beispiel aus der Praxis

Das folgende Beispiel hilft Ihnen, die Dynamik der drei Rollen besser zu verstehen. Zur Erinnerung: Das Drama beginnt, wenn die Beteiligten ihre Rollen als Täter, Opfer oder Retter eingenommen haben und aus dieser Position heraus miteinander interagieren. Es kann jedoch passieren, dass die Rollen im Verlauf des Dramas wechseln und eine neue Dynamik entsteht.

Die Ausgangssituation

Herr Huber (Täter) ist Teamleiter eines kleinen Projektteams. Da das Projekt im Rückstand ist und die nächste Stakeholder-Präsentation ansteht, beauftragt er Frau Müller (Opfer) aus dem Team, am Samstag Überstunden zu machen. Frau Müller fühlt sich benachteiligt und in ihrer Vermutung bestätigt, dass Herr Huber es auf sie abgesehen hat. Immer darf sie ausbaden, was andere verbockt haben!

Ihre Kollegin Frau Tietze (Retterin) bekommt den Fall mit. Sie findet es höchst ungerecht, dass Frau Müller als einzige an einem Samstag arbeiten soll, und entschließt sich, ihr zu helfen. Dazu bittet sie Herrn Huber um ein Gespräch unter vier Augen, ohne dass Frau Müller davon Bescheid weiß.

Die Beziehungsdynamik

Das Drama kann sich an diesem Punkt ganz unterschiedlich entwickeln. Herr Huber könnte sich von Frau Tietzes Rettungseifer angegriffen fühlen und diese selbst zum Opfer machen. Vielleicht ist ihre Rede aber auch so mächtig, dass er selbst zum Opfer wird. Wiederum könnte Frau Müller aus der Opferrolle in die Täterrolle schlüpfen, wenn sie erfährt, dass ihre Kollegin sich einfach so in ihre Angelegenheiten einmischt.

So lässt sich das Drama-Dreieck auflösen

Für die Beteiligten des Rollenspiels gibt es keine Möglichkeit zu gewinnen, da das Beziehungsgeflecht zwischen den Rollen zu stark verwoben ist. Um erfolgreich aus dem Drama-Dreieck aussteigen zu können, müssen Sie mit sich selbst in Dialog treten und die eigenen Verhaltensmuster erkennen. Fragen Sie sich:

  • Welche Drama-Rolle habe ich gerade?
  • Welche Drama-Rolle übernehme ich am häufigsten?
  • Welche Drama-Rolle haben die anderen?
  • Gibt es jemanden, der davon profitiert, wenn das Drama nicht aufgelöst wird?

Jede der Rollen kann ihren eigenen Beitrag zum Aussteigen aus dem Drama-Dreieck leisten. Opfer müssen zum Beispiel lernen, selbst aktiv zu werden und ihre Probleme zu lösen. Täterinnen müssen lernen, die eigene Schuld anzunehmen und nicht auf andere zu schieben. Retter können nur aus dem Drama-Dreieck aussteigen, wenn sie bei sich selbst bleiben und das Opfer zum Handeln ermächtigen.

Je gezielter Sie Ihre Rolle brechen und Bewusstsein schaffen, desto einfacher und schneller können Sie das Drama unabhängig von den Konfliktarten auflösen.

Fazit: Konflikte sind dann lösbar, wenn Sie deren Dynamik verstehen

Im Drama-Dreieck aus der Transaktionsanalyse tragen Täterinnen, Opfer und Retterinnen allesamt zum Drama bei. Ein Ausstieg ist nur möglich, wenn Sie sich ihrer eigenen Rolle und der der anderen bewusst werden.

Auf dieser Basis gilt es, nicht mehr aus der Rolle heraus zu handeln, sondern authentisch zu kommunizieren und eine gemeinsame Lösung zu finden. Je nach Ausmaß des Dramas kann es hilfreich sein, eine externe Person hinzuziehen, die die Dynamiken besser erkennt und die Beteiligten in einem Konfliktgespräch anleitet.

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Titelbild: Thomas Barwick / iStock / Getty Images Plus

Ursprünglich veröffentlicht am 30. November 2022, aktualisiert am Januar 20 2023

Themen:

Konfliktmanagement