Traditionell wird der Kundenservice am liebsten gemieden. Müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter doch ständig auf Beschwerden, Reklamationen und Defekte reagieren. Die Kommunikation mit unzufriedenen oder sogar aufgebrachten Kundinnen und Kunden ist für die Mitarbeitenden des Kundensupports manchmal eine echte Herausforderung.

Was den proaktiven Ansatz von der klassischen, rein reaktiven Herangehensweise unterscheidet, erfahren Sie in unserem Artikel.

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Proaktives Kundenengagement: Ein neuer Ansatz

Der Unterschied zwischen dem herkömmlichen, reaktiven Kundenservice und dem proaktiven Kundenengagement liegt in der zeitlichen Abfolge von Frage und Antwort. Durch einen Vergleich ist er schnell erklärt:

Den reaktiven Kundensupport kennt praktisch jeder, denn er ist der weitverbreitete Standard. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reagieren im Nachhinein auf Kundenanfragen unterschiedlicher Natur. Diese werden auf verschiedensten Kanälen von den Kundinnen und Kunden an sie herangetragen. 

Das proaktive Kundenengagement verfolgt einen neuen, kundenorientierteren Ansatz. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter agieren beim proaktiven Ansatz bereits im Vorfeld und identifizieren die Bedürfnisse und Wünsche der Konsumentinnen und Konsumenten möglichst schon bevor sie entstehen. Diese Vorwegnahme hat den Vorteil, Unzufriedenheit bei der Kundschaft von Vornherein zu vermeiden. Doch wie funktioniert das?

Reaktives Kundenengagement: Ein Beispiel aus der Praxis

Eine Kundin hat ihr neues Produkt freudig erhalten und möchte es in Betrieb nehmen. Dabei hat sie eine technische Frage oder stellt einen Defekt am Artikel fest. Nun begibt sie sich auf die Suche nach einer Kontaktseite, Telefonnummer oder E-Mail-Adresse des Herstellers. Sie kontaktiert das Unternehmen und wartet danach auf eine Antwort, ohne das Produkt nutzen zu können. Selbst eine kompetente Antwort vonseiten des Kundensupports kann nach kurzer Zeit kaum noch verhindern, dass die Zufriedenheit der Kundin leidet. Warteschleifen oder lange Reaktionszeiten verstärken diesen negativen Eindruck in der Regel weiter. Wenn die Reaktion des Kundenservices dann kommt, ist es häufig schon zu spät, um aus der Kundin eine rundum zufriedene Befürworterin der Marke zu machen.

Proaktives Kundenengagement: Zuvorkommenheit als Wettbewerbsvorteil

Proaktives Kundenengagement hat viele Facetten, von denen einige schon recht etabliert sind. Dazu gehören beispielsweise FAQ-Seiten, automatisierte E-Mails, Chat-Bots und Live-Chat-Möglichkeiten beim Online-Kauf. All diese Angebote sind dazu da, Kundenanfragen bereits im Vorhinein oder direkt im Moment des Entstehens zu beantworten. Nebenbei entlasten sie auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Service, damit diese mehr Zeit für schwierigere Anliegen haben. 

Proaktiver Service: Gehen Sie mit Bedacht vor

Aber auch im direkten Kontakt sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefragt, wenn es darum geht, auf die Kundinnen und Kunden zuzugehen. Im Ladengeschäft etwa, spricht der Verkäuferin oder der Verkäufer den Customer im Idealfall erst dann an, wenn dieser sich umgeschaut hat und für die Beratung offen ist.

Fingerspitzengefühl und der richtige Zeitpunkt spielen dabei eine große Rolle. Kommt die Ansprache zu früh oder mehrfach, empfindet die Kundin oder der Kunde sie möglicherweise als aufdringlich. Erfolgt die Ansprache zu spät, fühlt sich die Konsumentin oder der Konsument eher ignoriert. In beiden Fällen entsteht ein negatives Kundenerlebnis, die Kommunikation schlägt fehl.

Online-Business: Hier ist Timing gefragt

Auch im Online-Bereich gilt es, das richtige Maß zu finden. Wenn eine Person gerade erst auf der Seite angekommen ist und mehrere Infoboxen, Chat-Möglichkeiten und Pop-Ups vorfindet, die ihr im schlimmsten Fall mehrmals hintereinander auch noch die Sicht auf den gewünschten Artikel nehmen, wird sie die Seite höchstwahrscheinlich wieder verlassen. Ein gezieltes Beratungsangebot per Live-Chat wiederum, das gemacht wird, wenn der Kunde oder die Kundin offensichtlich etwas sucht, kommt meist gut an.

Setzen Sie positive Akzente durch proaktive Beratung

Umständliche, komplizierte und langsame Vorgänge beim Kauf können abschreckend wirken und einen Abschluss verhindern. Eine proaktive Mitarbeiterin oder Mitarbeiter hingegen, der einen unentschlossenen Interessenten im richtigen Moment anspricht und unaufdringlich berät, hat gute Chancen, dem Customer ein positives Kundenerlebnis zu verschaffen. Ein Kaufabschluss durch einen zufriedenen Kunden oder eine zufriedene Kundin ist nicht selten die Folge einer proaktiven Kommunikation.

Proaktive Kommunikation

Eine funktionierende, positive Kommunikation mit Kundinnen und Kunden ist eines der wichtigsten Kernstücke für fast jedes Unternehmen. Damit ihr proaktiver Ansatz Erfolg hat, haben wir einige praktische Tipps für Sie zusammengefasst:

  1. Ein freundliches, hilfsbereites und unaufdringliches Zugehen auf den oder die potenzielle Kundin wird in der Regel als positiv empfunden. Wenn Sie dem Käufer oder der Käuferin beispielsweise kurz vor der Lieferung des gekauften Produktes per E-Mail einen persönlich gestalteten Hinweis zu bekannten Fehlerquellen schicken, vermeiden Sie unter Umständen Frust und eine überflüssige Anfrage. Gleichzeitig vermitteln Sie Ihrer Kundschaft außerdem das gute Gefühl, dass sich Ihr Unternehmen auch nach dem Kaufabschluss noch für ihre Belange interessiert.
  2. Social Media Plattformen bieten sich dafür an, nützliche Kundendaten zur Verbesserung Ihres Kundenservices zu erhalten. Natürlich können Sie sie auch für gezielte, proaktive Ansprache nutzen. Doch Vorsicht: die Privatsphäre Ihrer Kundinnen und Kunden sollten Sie immer im Blick behalten. Der gezielte Kontakt auf der Unternehmensplattform ist gestattet, der Kontakt über private Social Media Accounts kann jedoch auch kontraproduktiv sein. Es gilt: Je allgemeiner die Plattform, wie beispielsweise Twitter, desto besser eignet sie sich in der Regel für proaktive Kommunikation. 
  3. Bedenken Sie die Wirkung verschiedener Kommunikationskanäle, wenn Sie proaktiv den Kontakt zu Kundinnen und Kunden suchen. Foren und Bewertungsportale beispielsweise werden hauptsächlich von Nutzenden besucht, die ihre Meinung kundtun und sich untereinander austauschen. Wenn Sie sich als Unternehmen dort einschalten möchten, sollten Sie vorher sicher sein, dass Ihr proaktiver Beitrag auch erwünscht ist. Der beste Weg, diese Einschätzung zu treffen, ist „online zuhören“ und den Informations- und Kommunikationsbedarf des Kunden oder der Kundin vorab zu ergründen.

Fazit: Zufriedenere Kundinnen und Kunden durch proaktive Betreuung

Die proaktive Kundenbetreuung ist zwar kein Allheilmittel, aber wenn sie mit Gefühl und Timing eingesetzt wird, kann sie Ihrem Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil verschaffen. Im Grunde stellt sie eine Optimierung des Standard-Services dar, der reaktiv ist. Völlig ersetzen kann der proaktive Service den reaktiven Service nicht, denn manche Anfrage können Sie nicht antizipieren. Dann ist eine Reaktion notwendig.

Durch proaktiven Support können Sie aber in vielen Fällen Unzufriedenheit bei Ihren Kundinnen und Kunden vermeiden und sie sogar positiv überraschen. Eine durch den proaktiven Ansatz steigende Zahl loyaler Bestandskundinnen und -kunden, weniger Beschwerden und schlechte Bewertungen sowie die Freisetzung von Ressourcen aufseiten des Services sind die Vorteile der proaktiven Kundenbetreuung.

kundenservice mit herz

Titelbild: Ridofranz / iStock / Getty Images Plus

Ursprünglich veröffentlicht am 15. Juni 2021, aktualisiert am Januar 20 2023

Themen:

Kundenorientierung