Archetypen sind ein Konzept aus der Psychologie und lassen sich als Urbilder beschreiben, die seit Generationen mit ähnlichen Emotionen und Assoziationen verknüpft sind. Auch Marken können sich dieses Phänomen zunutze machen.
In diesem Artikel stellen wir Ihnen die zwölf Archetypen vor und zeigen exemplarisch, welche Unternehmen in ihrer Kommunikation entsprechende Assoziationen wecken.
Was ist ein Archetyp?
Die Archetypen sind ein Konzept, das der Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung in den 1930er Jahren entwickelt hat. Sie beschreiben universale Urbilder oder Urfiguren, die mit bestimmten Emotionen, Eigenschaften und Zielen verbunden werden.
Ein Archetyp steht also für eine symbolische Figur, die mittels sozialpsychologischer Lernprozesse über Generationen und Kulturen hinweg dieselben Emotionen und Assoziationen bei Menschen auslöst.
Archetypen für die Positionierung und im Storytelling-Marketing nutzen
Im Marketing profitieren Sie von Archetypen auf zweierlei Weise:
- Archetypen können die Markenpositionierung unterstützen, indem die jeweiligen Eigenschaften entsprechender Archetypen in die Markenkommunikation einbezogen werden. Technologie-Startups profitieren so beispielsweise von einer Markenkommunikation, die an den innovativen und kreativen Charakter des Zauberers erinnert. Marken wie Apple und Ikea setzten schon lange darauf.
- Im Rahmen des Content-Marketings bietet es sich an, für das eigene Storytelling auf Archetypen zurückzugreifen und mit Zielgruppen zu verbinden. Emotionale Geschichten, die sich dieser stereotypen, bekannten Figuren bedienen, sind unmittelbar verständlich und erzeugen Vertrauen sowie Sympathie.
Der universelle Charakter der Archetypen macht sie besonders für international agierende Unternehmen interessant, die so sicherstellen können, dass ihr Storytelling weltweit verstanden wird. Das Konzept der Archetypen lässt sich beispielswiese auch auf Social-Media-Content anwenden.
Die folgende Grafik zeigt die verschiedenen Archetypen inklusive der Eigenschaften und Emotionen, die mit ihnen assoziiert werden:
Welche Archetypen gibt es?
- Der Held: stark, mutig, hilfsbereit, kämpft für das Gute
- Der Liebende: leidenschaftlich, verführerisch, vermittelt Geborgenheit
- Der Unschuldige: spontan, optimistisch, verlässlich, moralisch
- Der Zauberer: visionär, kreativ, idealistisch, lässt Träume wahr werden
- Der Rebell: bricht Regeln, widersetzt sich dem Mainstream, schockiert
- Der Narr: humorvoll, unterhaltsam, sympathisch
- Der Herrscher: dominant, kontrolliert, verantwortungsvoll
- Der Betreuer: fürsorglich, selbstlos, hilfsbereit, mitfühlend
- Der Entdecker: abenteuerlustig, unabhängig, individualistisch
- Der Jedermann: bodenständig, traditionell, einfach, bescheiden
- Der Schöpfer: kreativ, erfinderisch, proaktiv, will etwas erschaffen
- Der Weise: nachdenklich, analytisch, vertrauenswürdig, intelligent
Die 12 Archetypen: Beispiele von Marken und Unternehmen
Der Held
Der Held ist willensstark, hilfsbereit und voller Selbstvertrauen. Er wird als Retter angesehen – als jemand, der Schlechtes bekämpft und das Gute schützt. Wettkämpfer und Sportler sind typische Beispiele für solche Helden. Auch Marken, zum Beispiel aus dem Bereich der Nachhaltigkeit, können diesem Archetyp entsprechen. Dem Held ist auch immer eine Geschichte zugeschrieben, denn ein Held ist nur ein Held, wenn er auf Reise geht und eine Herausforderung annimmt.
Bildquelle: Screenshot von Frosch
So setzt sich beispielsweise die Marke Frosch für eine nachhaltigere Welt ein, indem die Verpackung aus recyceltem Material und das Reinigungsmittel aus naturbasierten Wirkstoffen hergestellt werden. Zudem bietet der Blog des Unternehmens zahlreiche Tipps für ein nachhaltigeres Leben.
Der Liebende
Der Liebende vermittelt seinem Gegenüber das Gefühl, einzigartig zu sein und verstanden zu werden. Liebende sind leidenschaftlich, verführerisch und stehen für Geborgenheit und Nähe.
Mit diesem Archetypen kann beispielsweise die Marke Lenor assoziiert werden. Ihre Marketingstrategie emotionalisiert das Thema Wäschewaschen typischerweise. Statt von technischer Fleckentfernung ist von „Lieblingsdüften“, „unwiderstehlichem Frischekick“ und „himmlischem Wohlgefühl“ die Rede. Die Bildsprache betont außerdem stets weiche, kuschelige Bettwäsche, die Geborgenheit suggeriert.
Der Unschuldige
Für den Unschuldigen sind Glück und Vertrauen essenzielle Werte. Er ist spontan, optimistisch und möchte die ganze Welt glücklich machen. Ein bekanntes Beispiel für dieses Urbild ist der Dalai Lama. Der Unschuldige wird daher als glaubwürdig und verlässlich angesehen.
Bildquelle: Screenshot von Hipp
Doch auch Marken wie beispielsweise Tempo oder Hipp werden mit diesem Archetypen assoziiert. Negative Presse wird möglichst vermieden, stattdessen positionieren sich die Marken bewusst fürsorglich, zeigen lachende Kinder und glückliche Familien.
Der Zauberer
Der Zauberer wird als kreativ, visionär und zukunftsweisend empfunden. Er findet Möglichkeiten und Lösungen, die die Welt bewegen. Beispielsweise Erfinder und Erfinderinnen, Technologieunternehmen und Startups werden oft mit dem Zauberer verbunden.
Das klassische Beispiel für ein Unternehmen, das für Kreativität und wahr gewordene Träume steht, ist aber natürlich die Walt Disney Company. Hier tauchen wir seit Jahrzehnten in die magische Welt ein, in der alles möglich ist.
Auch Dyson ist ein Zauberer und hat dank des futuristischen Designs und der einfachen Nutzung den Markt der Haushaltsgeräte revolutioniert.
Der Rebell
Der Rebell bricht aus dem Mainstream aus. Er bricht die Regeln, schockiert gerne und leitet Revolutionen ein. Mit diesem Bild werden häufig Rapper und Prominente verbunden, die in Skandale verwickelt sind. Jedoch können auch Unternehmen eine bewusst rebellische Positionierung aufbauen. Vor allem, wenn eine junge Zielgruppe erreicht werden soll, ist dieser Archetyp ein wirksames Instrument.
Ein Beispiel für diesen Archetypen stellt die Elektronikhandelskette Saturn dar. Mit Slogans wie „Geiz ist geil“, „Wir hassen teuer“ oder „So muss Technik“ setzt das Unternehmen bewusst auf provokante Kommunikation mit starken Statements. Andere Brands, die als Rebelle gelten, sind Harley Davidson und Tesla.
Quelle: Screenshot von Ads of the World
Doch Rebellion will gelernt sein – anecken und gleichzeitig verkaufen ist eine große Kunst.
Der Narr
Der Narr lebt und genießt den Augenblick. Er sucht Vergnügen und Freude. Auch die Sympathie seiner Mitmenschen ist diesem Archetypen wichtig. Dazu unterhält und belustigt er sie gerne. Häufig werden Komiker und Unterhaltungskünstler mit ihm assoziiert, denn der Narr, so lustig er ist, ist auch ein Charmeur.
Auch Unternehmen wie BVG, Edeka oder Einhorn setzen durch Kommunikation mit hohem Unterhaltungswert auf diesen Archetypen.
Der Herrscher
Der Herrscher strebt nach Macht und Kontrolle. Zugleich wünscht er sich ein harmonisches Umfeld, weshalb er seine Position für positive Veränderungen zu nutzen versucht. Ihn zeichnen ein hohes Verantwortungsbewusstsein sowie das Bedürfnis nach Sicherheit aus. Diese Sicherheit gibt er auch an alle weiter, die sich in seinem Umfeld befinden.
Bildquelle: Screenshot von Mercedes-Benz
Ein sehr gutes Beispiel für diesen Archetypen ist die Automarke Mercedes-Benz, die für bodenständigen Luxus, etablierte deutsche Technik und eine lange Unternehmenstradition steht.
Der Betreuer
Der Betreuer wird als einfühlsam und fürsorglich wahrgenommen. Er will anderen helfen, sie unterstützen und schützen.
Bildquelle: Screenshot von Bepanthen
Pflegeheime und Kindertagesstätten nutzen diese Positionierung oftmals erfolgreich. Aber auch Bayer betont im Storytelling rund um die bekannte Bepanthen-Creme „sanfte und effektive Unterstützung“ unter dem Slogan „Für eine heile Welt“. Dieses Image wird zusätzlich durch die Bepanthen-Kinderförderung unterstützt, die Studien zu Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen veranlasst und an Kinderhilfsprojekte spendet. Auch Marken Always und Dove sind typische Betreuer.
Der Entdecker
Der Entdecker legt großen Wert auf seine Unabhängigkeit, reist gerne und liebt es, neue Dinge auszuprobieren. Er verkörpert Freiheit, Mut und Unbeirrbarkeit. Der Entdecker ist immer auf der Suche und seine Neugierde kennt keine Grenzen.
Bekannte Beispiele von Entdeckern sind The North Face oder Jeep.
Doch auch die Brauerei Beck verkörpert mit ihrem BECK’S Bier diesen Archetypen erfolgreich. Dazu formuliert das Unternehmen Werbeversprechen wie: „Mit BECK’S wählst du ein Bier, das zu dir passt: souverän, selbstbewusst und weltoffen. BECK’S Pils inspiriert und begleitet dich auf deiner Entdeckungsreise durch die Welt.“
Der Jedermann
Der Jedermann ist bodenständig und loyal. Er benimmt sich unauffällig, zuverlässig und passt sich seiner Umgebung an. Als Jedermann will er gefallen und findet an vielem Gefallen.
Ein gutes Beispiel für diesen Archetypen ist der Discount-Einzelhändler Aldi Nord, der mit seinem „Einfach Aldi“-Unternehmensleitbild eine klar bodenständige Positionierung anstrebt und so die Mitte der Gesellschaft erreicht. Sparkasse und VW zählen ebenfalls zu diesen Archetyp.
Der Schöpfer
Der Schöpfer ist experimentierfreudig und kreativ. Er will seine Visionen umsetzen und für die Welt erlebbar machen. Künstler und Architektinnen werden beispielsweise häufig diesem Archetypen zugeordnet.
Bildquelle: Screenshot von Ads of the World
Mit Slogans wie „Es gibt immer was zu tun“ von Hornbach oder Werbekampagnen wie “Build the Future” von Lego aktivieren diese Assoziationen. Sie spielen mit diesem Archetypus als Ideengeber für ihre Kommunikation.
Der Weise
Der Weise ist intelligent und analytisch. Er möchte vor allem die Wahrheit herausfinden und die großen Fragen der Welt beantworten.
Bildquelle: Screenshot von Ted
Aus diesem Grund ist diese Positionierung insbesondere für Forschungseinrichtungen oder Vertretende des Bildungswesens geeignet, wie zum Beispiel die Fraunhofer-Gesellschaft, die Universität Heidelberg oder die deutschen Volkshochschulen. Auch TED gehört zu diesem Archetypen.
Fazit: Archetypen sind Teil der menschlichen Psyche
Man muss kein Psychologe nach C.G. Jung sein oder Traumdeutung betreiben, um mit Archetypen zu arbeiten. Als Teil der menschlichen Psyche beeinflussen sie unsere tägliche Weltwahrnehmung und können sowohl auf Menschen als auch auf Unternehmen übertragen werden.
Die 12 Archetypen helfen den Marken, die zentralen Aspekte ihrer Unternehmen hervorzuheben sowie die emotionale Markenwahrnehmung zu stärken. Sie dienen als eine Art Leitfaden, um den Charakter der Marke zu entwickeln, sie zu positionieren und die Botschaft richtig an die Zielgruppe zu kommunizieren. Ob es ein bestimmter Archetyp oder eine Kombination aus mehreren ist - liegt ganz bei Ihnen.
Titelbild: Westend61 / iStock / Getty Images Plus