Die Beziehung zwischen Mensch und Marke ist im Umbruch und Unternehmen brauchen neue Strategien. Einer der spannendsten Ansätze im modernen Marketing ist Emotional Branding. Lesen Sie hier, wie sich das von klassischen Ansätzen zum Markenaufbau unterscheidet und was dafür unersetzlich ist!

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Emotional Branding: Eine Definition

Beim Emotional Branding steht das Gefühl, das Kunden und Kundinnen mit der Marke verbinden, im Fokus. Es wird zum Maßstab, an dem sich alle Marketingmaßnahmen ausrichten. Grundlegende Prinzipien sind der Gewinn von Vertrauen durch Integrität und Authentizität und der Aufbau nachhaltiger Bindungen durch eine langfristige Orientierung, die auch den Verzicht auf kurzfristige Gewinne beinhalten kann.

Menschen und Marken: Die Vision von Marc Gobé für Emotional Branding

Der Bereich der Emotionen spielte schon in den frühesten Formen des Marketings eine wichtige Rolle, denn sie entscheiden zu großen Teilen, ob Informationen bei den Kundinnen und Kunden ankommen und „hängen bleiben“. 2001 stellte Branding-Spezialist Marc Gobé erstmals die emotionale Bindung zwischen Kundschaft und Marke in den Mittelpunkt. Seine Prämisse: Viele Menschen lieben ihre Marken, doch die Marken interessieren sich selten auf die gleiche Weise für die Menschen.

Darin erkannte Marc Gobé einen Konflikt, durch den Marken viel Potenzial für die Kundenbindung verlieren. Marken, die ihre Kundinnen und Kunden als Personen ansprechen, erreichen sie auf allen Ebenen und insbesondere auf der Gefühlsebene. So erzeugen sie eine wesentlich stärkere Kundenbindung und bauen eine stabil wachsende Stammkundschaft auf.

In zehn Geboten des Emotional Branding formuliert Marc Gobé Vorschläge, wie Unternehmen dafür klassische Markenbildungsstrategien weiterentwickeln können:

1. Vom Kunden zur Person

Moderne Marken müssen jeder Kundin und jedem Kunden als Individuum begegnen. Dazu gehören die persönliche Ansprache und ein genuines Interesse an den einzigartigen Bedürfnissen, Wünschen und Erwartungen. Diese Aufmerksamkeit prägt die gesamte Customer Journey: von der Werbung über den Kaufprozess bis zu Service und Retention.

Ein so hoher Grad an Personalisierung für einen großen Kundenstamm und über alle Teams und Abteilungen hinweg braucht die richtigen Werkzeuge und insbesondere eine zentrale Plattform für alle Kundendaten.

2. Vom Produkt zum Erlebnis

Emotionen sind weniger an Information als an Erfahrungen gebunden. Deshalb müssen Marken bestrebt sein, für ihre Kunden und Kundinnen sinnliche Erlebnisse zu schaffen. Im Mittelpunkt sollte bei Marketingmaßnahmen daher nicht das Produkt und seine Eigenschaften stehen, sondern die Art und Weise, wie es das Leben der Kundschaft bereichern kann.

3. Von Ehrlichkeit zu Vertrauen

Marc Gobé beschreibt Vertrauen als Schlüsselfaktor für nachhaltige Kundenbindung. Vertrauen entsteht durch Integrität und authentisches Auftreten: Reden und Handeln müssen zusammenfallen. Das so erworbene Vertrauen ist kostbar und leicht zu verspielen.

Wenn die Unternehmenspolitik in relevanten Punkten nicht mit dem kommunizierten Bild zusammenfällt, riskiert die Marke einen einschneidenden Imageschaden. So geben im Edelman Trust Barometer über 60 Prozent der Befragten an, dass sie Marken, die 2020 während der Corona-Krise ihren Gewinn über die Bedürfnisse der Menschen stellten, zukünftig nicht mehr vertrauen.

4. Von Qualität zu Präferenz

Qualität ist ebenso wie Ehrlichkeit ein Basismerkmal, das Kundinnen und Kunden selbstverständlich erwarten. Doch das Ziel beim Emotional Branding ist die Verknüpfung der Marke mit Emotionen, die Customer bewegen und begeistern.

Mit USPs, die sich als Begeisterungsmerkmale eignen, können Sie eine einzigartige Verbindung zu Ihren Kunden und Kundinnen herstellen. So erreichen Sie hohe Markentreue, Ihre Kundschaft entwickelt eine Präferenz für Ihre Produkte und zieht sie dem Angebot des Wettbewerbs zuverlässig vor.

5. Von Bekanntheit zu Begehren

Ein hoher Bekanntheitsgrad ist ein klassisches Ziel für den Markenaufbau. Doch für tiefe Kundenbindung greift dieses Ziel zu kurz. Emotional Branding soll erreichen, dass Kundinnen und Kunden Bedürfnisse und Wünsche eng mit der Marke und ihren Produkten verbinden. Dafür können Sie bestimmte Teile des Bedürfnisspektrums besetzen und regelmäßig ansprechen.

6. Von Identität zu Persönlichkeit

Klassisches Brand Building erzeugt eine einzigartige Markenidentität. Damit lassen sich individuelle Botschaften und Informationen senden. Doch eine Marke, die mit Kunden und Kundinnen überzeugend interagieren und in Beziehung treten will, braucht auch einen greifbaren Charakter und eine wirkungsvolle Ausstrahlung.

Charisma lässt sich auf die Dauer nicht vortäuschen. Echter Charakter setzt voraus, dass das Unternehmen die eigenen Werte nicht nur behauptet, sondern ehrlich anstrebt, sie auf jeder Ebene des eigenen Handelns umzusetzen.

7. Von der Funktion zum Fühlen

Produkte, die einfach nur funktionieren, erzeugen noch keine Begeisterung. Emotional Branding lebt von sinnlichen Eindrücken und Erlebnissen. Alle Kontakte und Interaktionen bis hin zu den Produkten und Leistungen müssen diese Ebene im Blick haben. Das UX-Design spielt dabei eine entscheidende Rolle.

8. Von Allgegenwart zur Präsenz

Hohe Sichtbarkeit ist ein zentrales Marketingziel. Doch für den Aufbau stabiler Bindungen ist wahllose Sichtbarkeit nicht erstrebenswert. Marken sollen ihrem Publikum nicht in jedem beliebigen Kontext begegnen, sondern dort, wo ein sinnvoller Zusammenhang besteht und ein intensiver Kontakt möglich ist. Das können auch überraschende und unerwartete Situationen sein, solange die Marke ihre Zielgruppe in ihrer Überraschung abholt und nicht nur irritiert.

9. Von Ansprache zum Dialog

Beziehung lebt weniger vom Reden als vom Zuhören. Beim Emotional Branding bedeutet Kundenkommunikation nicht, Botschaften zu platzieren, sondern ins Gespräch zu kommen. Diese Unterhaltung kann auf vielen Kanälen stattfinden: von Kommentaren und Anfragen auf Social Media bis zu Beratungen per E-Mail und klassischen Vertriebsgesprächen.

10. Vom Service zur Beziehung

Wenn Unternehmen eine dauerhafte Bindung aufbauen wollen, müssen sie die bewusst pflegen. Von einer Servicementalität auf Anfrage sollten Unternehmen zur aktiv gestalteten Beziehungsarbeit übergehen. Dafür erfüllen Sie nicht nur punktuell Bedürfnisse, um dadurch Ziele wie Verkauf, Umsatz und ein besseres Image zu erreichen.

Stattdessen begreifen Sie die Customer Journey als gemeinsam gestalteten Weg mit einem Partner bzw. einer Partnerin auf Augenhöhe. Aus dieser Haltung heraus können Marken nach vielfältigen Möglichkeiten suchen, wie sie diese Beziehung bereichern können.

Emotional Branding nutzt das Unbewusste

Für Emotionen sind unbewusste Inhalte entscheidend. Denn etwa 95 Prozent der Information werden unbewusst verarbeitet. Um Emotionen und Gefühle strategisch zu nutzen, müssen Sie also die Kommunikation der Marke auf unbewusster Ebene gestalten.

Die Wünsche und Bedürfnisse Ihrer Kunden und Kundinnen sind Ihre wichtigste Orientierung. Je nach Thema und Situation können Sie gezielt bestimmte Zustände für die Markenbildung nutzen und dazu emotional besetzte Themen ansprechen – ob Begeisterung, Liebe, Unsicherheit, Angst, Zugehörigkeit oder Vergänglichkeit.

In der Rhetorik wird zwischen drei Grundlagen für überzeugende Kommunikation unterschieden: Moral und Autorität verleihen Glaubwürdigkeit, Empathie löst Empfindungen aus und Logik und Nachvollziehbarkeit festigen das Vertrauen. Für erfolgreiches Emotional Branding müssen Sie diese drei Grundlagen in ein stabiles Gleichgewicht bringen.

Nutzen Sie dafür alle Ebenen der Gestaltung! Jedes Medium und jede Art von Inhalt können Ihnen dabei helfen, emotionale Information zu transportieren. Storytelling erschließt den emotionalen Gehalt von Sachinhalten und verbaler Information, während audiovisuelles Design mit Bildern, Farben und Musik emotionale Muster auslösen kann. Gutes UX-Design erzeugt dank Interaktionen, Prozessen und Abläufen sinnliche Erlebnisse.

Emotional Branding Beispiele

Viele Marken nutzen die Gefühlsebene erfolgreich für ihr Branding. Dabei nutzen sie oft unterschiedliche Markenstrategien und Methoden.

Apple

Marketingprofis nennen Apple trotz mancher Rückschläge immer wieder als Musterbeispiel für erfolgreichen Markenaufbau. Die sinnliche Wahrnehmung der Produkte und die ästhetischen Aspekte von Technologie sind ausschlaggebende Faktoren dieser Erfolgsgeschichte. Weitreichende strategische Entscheidungen sind die Vermarktung als Statussymbol und das Angebot einer geschlossenen Produktwelt mit einheitlicher User Experience.

ChariTea und LemonAid

Diese Marke trägt Fairness und Nachhaltigkeit schon im Namen. Einnahmen fließen laut ihrer About Me-Seite in Projekte für Wandel und ökonomische Unabhängigkeit und damit in die Unterstützung benachteiligter Gruppen in wirtschaftsschwachen Weltregionen. Ein zentrales Identitätsmerkmal, das direkt Empathie erzeugt, ist auch ein hervorragendes Beispiel für Emotional Branding.

Under Armour

Die Sportmarke nutzt den Fokus auf Leistung, Willensstärke, die Überwindung von Herausforderungen und den Stolz auf persönliche Erfolge, um Emotionen zu wecken. Diese Strategie machte den Underdog zum aussichtsreichen Verfolger von Nike und Adidas.

Allerdings ist Under Armour auch ein Beispiel, wie Emotional Branding misslingen kann: Nachdem Fehler die Glaubwürdigkeit beschädigten, musste sich das Unternehmen neu aufstellen und seine Ziele bescheidener stecken.

Fazit: Emotional Branding muss auf allen Ebenen stattfinden

Wer es schafft, Kundinnen und Kunden bei ihren Bedürfnissen, Wünschen und Gefühlen abzuholen, hat einen enormen Wettbewerbsvorteil. Die Voraussetzungen dafür sind authentisches Handeln und ehrliche Kommunikation, die von der Sachinformation über das Design bis zu Abläufen und Prozessen alle Ebenen umfasst. Orientieren Sie sich dafür an den zehn Prinzipien für emotionalen Markenaufbau.

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Titelbild: http://www.fotogestoeber.de / iStock / Getty Images Plus

Ursprünglich veröffentlicht am 22. Dezember 2021, aktualisiert am Januar 20 2023

Themen:

Branding