Die Karrierenetzwerke LinkedIn und XING können nicht nur Katalysator für die eigene berufliche Zukunft sein, sondern bergen auch vielfältige Wertschöpfungspotenziale für Unternehmen, sei es zu Recruiting-Zwecken, für das eigene Branding oder zur Leadgenerierung.
Doch wo haben LinkedIn und XING aktuell ihre Stärken und Schwächen? Wir zeigen Ihnen, welches Netzwerk sich für welche Unternehmensziele am besten eignet.
Seit Jahren werben XING und LinkedIn in direkter Konkurrenz um die Gunst der Nutzerinnen und Nutzer im Raum Deutschland, Österreich und Schweiz. XING, das 2003 gegründete Netzwerk mit Sitz in Hamburg, konnte 2020 in Deutschland, Österreich und Schweiz insgesamt 19,5 Millionen Mitglieder verzeichnen. Damit bleibt XING in der DACH-Region der Platzhirsch unter den Business-Netzwerken.
Allerdings hat LinkedIn, das internationale Pendant aus dem Silicon Valley, in den letzten Jahren und Monaten ordentlich an Boden gewonnen. Ebenfalls 2003 gegründet, weist die Microsoft-Tochterfirma eine Mitgliederzahl von mittlerweile mehr als 16 Millionen Nutzern in der DACH-Region auf.
Fernab von Zukunftsprognosen bleibt aktuell festzuhalten: Ob Xing oder LinkedIn – beide Karriere-Netzwerke haben ihre Daseinsberechtigung und eignen sich aus Unternehmenssicht für verschiedene Zwecke unterschiedlich gut. In diesem Beitrag möchten wir Ihnen zeigen, welches Potenzial die Netzwerke in Sachen Recruiting, Branding sowie Leadgenerierung bieten und wo XING oder LinkedIn jeweils ihre Stärken und Schwächen haben.
Zwischen den Preisen der XING- und LinkedIn-Tarife liegt ein himmelweiter Unterschied. Die Basismitgliedschaften sind bei beiden kostenlos, aber so eingeschränkt, dass professionelles Arbeiten damit nur bedingt in Frage kommt. Eine Premium-Mitgliedschaft bietet bei beiden Portalen in vielerlei Hinsicht Vorteile, unter anderem bei der Rekrutierung neuer Fachkräfte.
Arbeitnehmende und Arbeitgeber zusammenbringen – das Recruiting bildet einen Kernbereich der beiden Business-Netzwerke. Doch wo haben Unternehmen bessere Chancen, talentierte Fachkräfte anzuwerben?
LinkedIn knackte schon 2017 die 500 Millionen-Mitglieder-Marke. Mittlerweile zählt die Plattform über 700 Millionen Mitglieder in 200 Ländern. Als internationales Business-Netzwerk zieht es entsprechend Unternehmen und Fachkräfte aus aller Welt auf die Plattform.
Besonders stark vertreten sind sind nach aktuellen Berichten die IT- und Marketing-Branche sowie das Personalwesen. Aber auch diverse andere Branchen sind hier vertreten: Vom Baugewerbe über Medien bis hin zum Rechtswesen ist auf LinkedIn nahezu alles vorzufinden.
LinkedIn deckt damit einen Großteil der Marktwirtschaft ab und liefert als digitale Jobbörse eine Antwort auf die Globalisierung. Besonders international agierenden Unternehmen bietet sich hier großes Potenzial, über Ländergrenzen hinweg schnell Kontakt zu künftigen Angestellten herzustellen.
Dazu gibt LinkedIn den Usern ein vielfältiges Angebot an Recruiting-Tools an die Hand. Die LinkedIn Karriereseiten (LinkedIn Career Pages) bieten als kostenpflichtige Erweiterungen eines Firmenprofils zahlreiche Möglichkeiten, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Auf einem solchen LinkedIn Profil lassen sich etwa Ansprechpartner vorstellen, die eigene Unternehmenskultur mit Bildern und Videos oder Stellenanzeigen einbetten.
Ebenfalls kostenpflichtig erhältlich sind die beiden Pakete „Recruiter“ und die kostengünstigere Variante „Recruiter Lite". Die Erweiterungen unterstützen bei der Personalauswahl, bieten unter anderem uneingeschränkte Profilbesuche, ermöglichen erweiterte Suchoptionen und ein automatisches Kandidaten-Tracking.
Mit einem Recruiter-Konto haben Unternehmen darüber hinaus Zugriff auf das gesamte Netzwerk. Der genaue Preis pro Monat für das Recruiter-Paket variiert je nach Unternehmen. Daher sollten Sie bei Interesse eine direkte Anfrage an LinkedIn stellen. Das Angebot Recruiter Lite hingegen können Sie schon ab 88,50 Euro im Monat im Jahresabo buchen.
Das Karrierenetzwerk XING hat sich schwerpunktmäßig auf die Länder Deutschland, Österreich und die Schweiz ausgerichtet. Damit ist die Mitarbeitersuche von Haus aus auf den deutschsprachigen Arbeitsmarkt eingegrenzt.
Nach eigenen Angaben kommen nahezu die Hälfte aller Mitglieder aus den Bereichen Dienstleistungen, IT, Handel, Medien und Industrie, darunter vorrangig Fachkräfte, die bereits Berufserfahrung mitbringen. Manager, Executives und Senior Executives machen den zweiten Löwenanteil aus, während Studenten, Praktikanten und Berufseinsteiger gemeinsam nur auf 7 Prozent kommen.
Für Employer, Freelancer, Arbeitsuchende und interessierte Fachkräfte, die sich austauschen möchten, gibt es hier reichlich Anlaufstellen und neue Impulse in insgesamt über 70.000 verschiedenen XING-Communities bzw. XING-Gruppen.
Zudem wartet XING mit einem eigenen Job-Portal auf, wo Stellen von Unternehmen ausgeschrieben und von Arbeitnehmern direkt auf der Plattform eingesehen und nach Positionsbezeichnung, Branche und Ort gefiltert werden können.
XINGs Pendant zur LinkedIn-Karriereseite ist das „Employer Branding Profil“. Hier können Unternehmen mit Bildern, Videos und Texten Einblicke in den Arbeitsalltag gewähren. Die Kosten für ein Branding-Profil variieren dabei je nach Produktumfang. Für ein Unternehmen mit bis zu 100 Angestellten kostet das Standardpaket 357,50 Euro pro Monat bei einer Laufzeit von 12 Monaten.
Sowohl bei einem Basis- als auch Employer Branding XING-Profil besteht eine Verbindung zur Arbeitgeber-Bewertungsplattform kununu. Damit haben die XING-Mitglieder direkten Zugang zu den Arbeitgeber-Bewertungen durch aktuelle und ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die durchschnittliche kununu-Bewertung eines Unternehmens wird angezeigt, sobald ein XING-Nutzer auf den Reiter „Unternehmen“ der Seitenleiste klickt.
Quelle: Screenshot XING-Unternehmenssuche
Zudem bietet auch XING analog zu LinkedIns Recruiting-Tools den kostenpflichtigen XING Talentmanager (XTM). Von exklusiven Informationen über potenzielle Angestellte (z. B. Gehaltsvorstellungen oder Umzugsbereitschaft) über Recruiter-Suchfilter (genannt „TalentRadar“) bis hin zu kostenlosen Webinaren und Tutorials – der XTM liefert vergleichbare Features zur amerikanischen Konkurrenz.
XING und LinkedIn haben in den letzten Jahren ein breites Portfolio an Recruiting-Tools ausgerollt, um Unternehmen bei der Suche nach Angestellten zu unterstützen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich als attraktive Arbeitgeber zu präsentieren. Recruiter können im deutschsprachigen Raum auf XING geeignete Fachkräfte für die genannten Branchen und freie Mitarbeitende für kurzfristige Projekte finden.
Deutsche Unternehmen, die sich auf internationalem Parkett bewegen, kommen allerdings um LinkedIn nicht herum. Insbesondere Recruiter, die auf der Suche nach Führungskräften sind, wissen die globalen Vernetzungsmöglichkeiten zu schätzen.
Neben der gezielten Suche nach Arbeitskräften stellen LinkedIn und XING gleichermaßen auch Publishing-Plattformen dar. Mit ihren Newsfeeds ähneln sie damit stark den sozialen Netzwerken Facebook, Twitter und Co. – doch wie erfolgsversprechend sind die Businessplattformen für Social-Media-Marketing?
Laut Jörg Bueroße, ehemaliger Redaktionsleiter bei LinkedIn, wandle sich das Business-Netzwerk aus dem Silicon Valley immer mehr zu einer Wissensplattform. Demnach würden die Mitglieder im DACH-Raum auf LinkedIn nicht nur ihre Karrierechancen auf dem Arbeitsmarkt ausloten, sondern kämen vermehrt wegen des wachsenden Informationsangebots des Netzwerks.
Tatsächlich stellt LinkedIn immer mehr Kanäle für Unternehmen und Business-Influencer bereit, um Mitglieder mit nützlichen Inhalten zu versorgen und potenzielle Kundschaft von seinen Leistungen zu überzeugen:
Auch XING bietet Unternehmen ein vielfältiges Portfolio für die Veröffentlichung und Verbreitung von Inhalten:
Gruppen: Ambitionierten Marketern bieten Gruppen-Mitgliedschaften vielversprechende Berührungspunkte mit künftiger Kundschaft bzw. Mitarbeitenden. Wer in den richtigen Gruppen regelmäßig präsent ist, kann die eigene Reputation steigern und das Unternehmen ins Gespräch bringen.
Content-Partnerschaft mit XING-News: Ausgewählte Content-Partner können die XING News-Seiten nutzen, um die Feeds der Nutzerschaft als Publisher mit branchenspezifischen Inhalten zu füllen. Oft handelt es sich dabei um erfahrene Verleger und Journalisten, aber auch Branchen-Experten aus verschiedenen Bereichen können eine eigene News-Seite betreiben. Als Content-Partner können Sie dann sowohl eigene Beiträge veröffentlichen als auch andere Artikel weiterempfehlen. Folgt eine Nutzerin Ihrer News-Page, erscheinen Ihre erstellten oder geteilten Inhalte automatisch in dessen persönlichem Feed. So werden Sie für Ihre Follower eine wichtige Quelle für Branchen-News und unterstützen sie in ihrem Auf- und Ausbau von Fachwissen.
Erwähnung im XING-Newsletter: Mit einer Erwähnung in verschiedenen XING-Newslettern lässt sich ebenfalls die eigene Reichweite unter den Mitgliedern erhöhen. Voraussetzung hierfür sind Beiträge wie Blogartikel, die aus XING-Sicht eine branchenweite Relevanz bieten. Somit schaffen es nicht nur die Big Player in die Newsletter, sondern theoretisch hat jeder User die Chance. Die Voraussetzung ist aber immer, dass es einen klaren Mehrwert für die Leserschaft gibt. Sei es in Form von wertvollen Tipps oder Denkanstöße aus neuen Blickwinkeln. Sollten Sie diese Kriterien erfüllen und in einem Newsletter erwähnt werden, hat das einen enormen Reichweiten-Boost zur Folge.
Das kuratierte Informationsangebot für die Nutzerinnen und Nutzer auf XING ähnelt dem auf LinkedIn, wenngleich auf XING das Erstellen und Verbreiten von Beiträgen stärker kontrolliert wird und nicht jeder User zum Poster werden kann.
Dies kann für Unternehmen aber auch Vorteile bringen: Mit dem Partnerschaftsmodell schafft das Business-Netzwerk allerdings aus Unternehmenssicht gleichermaßen ein exklusives und reizvolles Publishing-Format, um sich als relevante Informationsquelle von der Konkurrenz abzuheben.
XING wählt Unternehmen oder einzelne „Insider“ als potenzielle News-Quelle aus, die dann exklusiv für das XING-Netzwerk über B2B-Themen berichten können. Entscheidend für eine Partnerschaft sind unter anderem die Anzahl der Follower und der Nutzen der Informationen für eine bestimmte Branche.
Hier werden die Unterschiede zwischen den Netzwerken am deutlichsten: LinkedIn bietet mit weit über einer halben Milliarde Mitglieder ein unschlagbares Reichweiten-Potenzial, um nicht nur gegenüber Arbeitnehmern auf sich aufmerksam zu machen, sondern auch neue Geschäftsbeziehungen zu initiieren und Kundschaft zu gewinnen.
Das Unternehmen XING kann hieran größentechnisch nicht annähernd anknüpfen, versucht diesen Nachteil allerdings geschickt durch eine gezieltere Aufarbeitung und Darbietung von Inhalten zu kompensieren (Stichwort: Curated Content).
Wer im DACH-Netzwerk in den auserlesenen Kreis an Publishern aufsteigen will, muss hochwertige Inhalte liefern. Newsletter-Erwähnungen und News-Seiten schaffen als exklusive Kanäle entsprechende Anreize – auch wenn das Einflussgebiet auf den deutschsprachigen Raum begrenzt ist.
Neben einer Recruiting- und Branding-Plattform stellen Business-Netzwerke natürlicherweise auch lukrative Lead-Quellen dar. Insbesondere für den B2B-Bereich eröffnen sich hier große Chancen, um in Kontakt mit potenziellen Kundinnen, Kunden und Partnern zu kommen. Nirgendwo sonst im Netz ist die Dichte an B2B-Vertretern höher.
LinkedIn bietet verschiedene Werbemittel an, mit denen Sie Ihre Produkte und Dienstleistungen in Szene setzen können:
Sales Navigator: Über den Premium Account können Sie den „Sales Navigator Professional“ im Jahrestarif für 49,58 Euro im Monat (exklusive Umsatzsteuer) bzw. 594,96 Euro im gesamten Jahr nutzen. Neben 20 InMail-Nachrichten an Nicht-Kontakte bietet das Tool Marketern umfassende Funktionen wie eine uneingeschränkte Personensuche, 1.500 gespeicherte Leads und Benachrichtigungen bei Jobwechsel sowie Zugriff auf das erweiterte LinkedIn-Netzwerk und Lead-Empfehlungen durch LinkedIn.
Ads: LinkedIn bietet darüber hinaus verschiedene Anzeigenmodelle an, angefangen von Sponsored Posts sowie Ads (auch inklusive Leadformular) auf der Plattform selbst und Partner-Portalen bis hin zu bezahlten Direct Mails an Nicht-Kontakte.
Wie LinkedIn bietet auch XING ein Portfolio an bezahlten Werbeplätzen zur Leadgenerierung:
Ads: Um die eigenen Produkte und Dienstleistungen zu bewerben, können Unternehmen beispielsweise Anzeigen schalten, eigene Artikel für mehr Reichweite sponsern, E-Mail-Kampagnen aufsetzen oder durch Werbepartnerschaften Aufmerksamkeit generieren.
Gruppen: Für die Leadgenerierung eignet sich die Veröffentlichung von Inhalten in XING-Gruppen. Durch die thematische Eingrenzung der jeweiligen Gruppe wird das Targeting enorm verbessert.
XING ProBusiness: Mit dem XING-Tool kann die Kundenakquise messbar optimiert werden. Dabei können unter anderem Zielkunden mithilfe von umfangreichen Suchkriterien leichter gefunden werden.
In Sachen Leadgewinnung ist LinkedIn insgesamt breiter aufgestellt und erfolgsversprechender als XING. Dafür sprechen nicht zuletzt eine höhere Reichweite und niedrigere Anzeigenkosten. In den letzten Jahren haben aber beide Business-Netzwerke in Sachen Leadgenerierung ziemlich aufgerüstet: So bieten die praktischen Lead Ads von XING und LinkedIn die Möglichkeit, wertvolle Kontaktdaten direkt auf der Plattform zu generieren.
In beiden Fällen sind individualisierbare Kontaktformulare in die Ads integriert, durch die Sie schnell und effizient relevante Nutzerdaten erhalten.
Bei allen Überschneidungen kristallisierten sich über die Jahre hinweg viele Unterschiede zwischen den Netzwerken heraus. LinkedIn setzt vermehrt auf den professionellen Wissensaustausch. Dafür sprechen nicht nur der Slideshare-Kauf 2012 und die Übernahme der Online-Lernplattform Lynda.com, sondern auch die generelle Netzwerk-Kultur.
Nutzende kommen für interessante Beiträge und bleiben gegebenenfalls für ein vielversprechendes Jobangebot. Hier zahlt sich aus Unternehmenssicht eine nachhaltige Content-Strategie aus, mit der verschiedene Ziele erreicht werden können: vom Recruiting über das Branding bis hin zur Kundenakquise.
XING setzt ebenfalls vermehrt auf Content, filtert den Wissenstransfer allerdings über sorgsam gepflegte Inhalte. Unternehmen haben damit weniger Spielraum für eine eigene Content-Strategie zur Leadgenerierung und Steigerung ihrer Markenbekanntheit.
Anstatt zu stöbern, stehen hochwertige Branchen-News und vor allem eine pragmatische Suche nach Jobs und Fachkräften im Vordergrund – damit erinnert das Netzwerk eher an ein individualisierbares Fachmagazin mit unterschiedlichen Vernetzungsmöglichkeiten. Ob sich XING damit auf Dauer gegen den Global Player LinkedIn behaupten kann, bleibt abzuwarten.
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