Die Balanced Scorecard (BSC) ist ein Kennzahlensystem zur Unternehmensanalyse und eignet sich zum Controlling. Im Unterschied zu anderen Verfahren berücksichtigt sie auch immaterielle Werte. Was genau eine Balanced Scorecard ist, welches Ziel man mit ihr verfolgt und wie Sie sie in Ihrem Unternehmen anwenden, erfahren Sie im Folgenden.
Was ist eine Balanced Scorecard?
Laut die Balanced Scorecard ist laut Definition ein System, mit dem Unternehmen ihren Erfolg allgemein und in speziellen Bereichen sowie die resultierende Strategie abschätzen können.
Im Gegensatz zu den oft verwendeten finanzielle Perspektive zur Unternehmensbewertung, wie Eigenkapitalrentabilität, Cashflow oder Umsatzwachstum, berücksichtigt die BSC auch andere Werte des Unternehmens wie Kundenbindung und interne Prozesse.
Wer erstellt eine Balanced Scorecard?
Eine Balanced Scorecard erstellen üblicherweise Entscheidungstragende in einem Unternehmen beziehungsweise das Management mithilfe von Excel. Dabei wollen sie sich einen Überblick über die strategischen Ziele verschaffen, um die Strategieumsetzung im operativen Geschäft zu optimieren.
Anhand von Messgrößen, wie den finanziellen Kennzahlen sowie der internen Prozessperspektive und der Entwicklungsperspektive, erarbeiten sie anschließend konkrete Maßnahmen zur Erreichung der selbstgesteckten Ziele.
Das Konzept der Balanced Scorecard ist somit ein Managementinstrument zur Visualisierung von Zielen, Kennzahlen und Vorgaben. Sowohl das Management als auch die einzelnen Abteilungen wenden die Unternehmensstrategie und die Vision auf die jeweiligen Aufgabenbereiche an und entwickeln Maßnahmen, um Ziele konkret zu erreichen.
Was ist das Ziel der BSC?
Warum ist die Balanced Scorecard wichtig? Die BSC unterstützt Sie dabei, strategische Ziele zu erreichen. Zu diesem Zweck machen Sie diese Ziele sichtbar und definieren sie für die jeweiligen Abteilungen. Ebenso nehmen Sie Ihre unternehmerischen Ziele in den Blick und benennen diese eindeutig.
Somit wissen alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Betrieb jederzeit, welche Maßnahmen sie ergreifen müssen, um das jeweilige Ziel zu erreichen.
Bei der BSC nehmen Sie eine jeweils andere Perspektive ein – die einzelnen Ansichten beeinflussen sich jedoch gegenseitig. Indem Sie zum Beispiel die interne Prozessperspektive einnehmen und Ihre Betriebsprozesse optimieren, verbessern Sie in der Entwicklungsperspektive die Kompetenz Ihrer Belegschaft und erzielen eine höhere Effizienz. Bessere Entwicklungsperspektiven für Ihr Unternehmen sind essenziell, um sich am Markt behaupten und sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen.
Hinzu kommt, dass Sie mit einer Balanced Scorecard dafür sorgen, dass die Mitarbeitenden Ihre Unternehmensstrategie im operativen Geschäft verstehen und die Strategieumsetzung aktiv unterstützen. Zudem erreichen Sie durch eine Vernetzung der einzelnen Abteilungen eine verbesserte Kommunikation und stimmen die einzelnen Teams optimal aufeinander ab.
Entstehung der Balanced Scorecard
Der Vorteil an klassischen Kennzahlen ist, dass sie leicht zu erfassen sind. Der Wert eines Unternehmens misst sich aber nicht nur an seinen Kapitalreserven oder Umsatzzahlen.
Um in einer Unternehmensbewertung auch andere, nicht monetäre Reserven zu berücksichtigen, entwickelten die beiden amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Robert S. Kaplan und David P. Norton Anfang der 1990er-Jahre die Balanced Scorecard. Das Wort „balanced“ beschreibt dabei die ausgeglichene Betrachtung verschiedener Perspektiven eines Unternehmens in der Bewertung.
Die Balanced Scorecard ist allerdings kein reines Analyseinstrument. Kaplan und Norton entwickelten das Kennzahlensystem auch explizit mit dem Ziel, sie als Steuerinstrument für das Management einzusetzen. Aus diesem Grund ist die Balanced Scorecard deutlich komplizierter als die einfachen Formeln, die Sie zur Bestimmung von Kennzahlen verwenden.
Wie ist die Balanced Scorecard aufgebaut?
Wenn Sie die Vorteile der BSC für sich nutzen möchten, müssen Sie sich mit dem Balanced-Scorecard-Aufbau und dessen Inhalte auskennen.
In diesem Abschnitt lernen Sie daher die Früh- und Spätindikatoren kennen und betrachten die BSC aus der Finanz- und Kundinnen- bzw. Kundenperspektive. Außerdem erfahren Sie alles Wissenswerte zur internen Prozessqualität sowie zur Personalentwicklung. Mit diesem Wissen fällt es Ihnen leicht, die Balanced Scorecard zielführend für Ihre Zwecke einzusetzen.
Frühindikatoren
Unter den Balanced-Scorecard-Frühindikatoren versteht man alle Kennzahlen, die frühzeitig zukünftige Entwicklungen aufzeigen und die Effekte beziehungsweise Folgen einer Maßnahme veranschaulichen. Dank ihnen ist es möglich, rechtzeitig auf (Fehl-)Entwicklungen zu reagieren und ein Unternehmen in den gewünschten Bahnen zu halten.
Ein typisches Beispiel für einen Frühindikator sind Kundinnen- bzw. Kundenbeschwerden. Steigen diese an, ist mit einem Absinken der Kundenzufriedenheit und in der Folge mit einem Rückgang der Umsätze zu rechnen.
Spätindikatoren
Die Balanced-Scorecard-Spätindikatoren sind solche, die nicht unmittelbar, sondern mit Verzögerung auf Entwicklungen des Unternehmens hinweisen. Viele Unternehmen schätzen ihren Zustand vor allem anhand von Finanzindikatoren ein, zu denen etwa die Umsätze und die Rendite gehören.
Diese zeigen langfristig, ob sich ein Betrieb auf dem richtigen Weg befindet, erlauben aber quasi keine Aussagen über unmittelbare Aspekte wie die Effizienz der Betriebsprozesse oder das Engagement der Belegschaft.
Finanzperspektive
In der Finanzperspektive können Sie natürlich auch wichtige Kennzahlen wie den Cashflow definieren – das ist aber nicht erforderlich. Andernfalls sollten Sie diese Zielgrößen betrachten:
- Umsatz pro Vertriebsmitarbeiter beziehungsweise Vertriebsmitarbeiterin: Diese Kennzahl legt den Fokus auf die Effektivität der einzelnen Mitarbeitenden – nicht auf das Gesamtvolumen des Verkaufs.
- Kosten pro produzierte Einheit: Dieses Kriterium erhöht das Bewusstsein für die Kosten bei der Produktion, nicht aber beim Vertrieb.
Kundenperspektive
Kennzahlen der Kundenperspektive sind:
- Et Promoter Score: Damit können Sie die Zufriedenheit der Kundschaft und deren Beziehung zu Ihrem Unternehmen erhöhen.
- ARPU (Average Revenue per User): Der Fokus auf dieser KPI (Key Performance Indicator) erhöht die Kundenbindung.
Interne Prozessqualität
Dabei betrachten Sie:
- Produktionsdauer für eine Einheit: Hier lauten die Ziele, eine schnellere Produktion und damit höhere Produktionskapazität zu erreichen.
- Spezifische Produktqualität: Definieren Sie eine Eigenschaft Ihres Produkts, die Sie verbessern möchten, beispielsweise die Nutzerfreundlichkeit oder die Haltbarkeit.
Personalentwicklung
Achten Sie intern zudem auf Ihre Personalanliegen, dazu zählen:
- Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterzufriedenheit: Machen Sie Ihr Unternehmen bei den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen beliebter und verringern Sie das Abwerben von Schlüsselpersonal durch die Konkurrenz bzw. die Fluktuationsrate.
- Durchschnittliche Schulungskosten: Damit sorgen Sie für eine höhere Kompetenz der eigenen Belegschaft, allerdings auf Kosten von Arbeitszeit und Kapital.
Haben Sie Ihre eigene Balanced Scorecard mit Perspektiven und Kennzahlen entwickelt, müssen Sie zunächst sicherstellen, dass Sie gute Prozesse gefunden haben, um alle KPIs richtig zu messen. Das ist bei einigen Kennzahlen leichter als bei anderen – beispielsweise lässt sich der Umsatz pro Mitarbeiter beziehungsweise Mitarbeiterin im Vertrieb leichter messen als die Zufriedenheit.
Die Scorecard ist ein langfristiges Engagement. Ihre Werte zeigen Ihnen, ob Sie sich Ihren Zielen nähern oder sich von ihnen entfernen. Behalten Sie Ihre KPIs deshalb im Auge und entwickeln Sie kontinuierlich Strategien, um diese zu verbessern. Bedenken Sie: Die Scorecard weist Ihnen mit ihren Perspektiven nur den Weg – die individuellen Prozesse müssen Sie aber selbst umsetzen.
Es gibt übrigens auch Software, die darauf spezialisiert ist, Balanced Scorecards zu erstellen. Beispiele sind die Lösungen von Spider Strategies oder SmartDraw.
Wie erstellt man eine Balanced Scorecard?
Das Besondere an der Balanced Scorecard ist, dass sie individuell auf ein Unternehmen zutrifft. Das liegt daran, dass sie unternehmensintern erstellt und anhand der individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Firma aufgebaut wird. Dies erfolgt in der Regel anhand der folgenden Schritte:
1. Bestimmung der Unternehmensstrategie
Für die Erstellung einer Balanced Scorecard ist es wichtig, die kurz-, mittel- und langfristigen Unternehmensziele zu kennen. Hierbei geht es darum, kurzfristige Maßnahmen zu ergreifen, um mittelfristig Zwischenziele zu erreichen und somit langfristig die großen Leitlinien der Unternehmensvision umzusetzen.
2. Bestimmung der Kennzahlen anhand konkreter Perspektiven
Nach der Bestimmung der Unternehmensstrategie legt das Unternehmen seine eigenen KPIs fest. Welche KPIs das sind, leitet es anhand seiner persönlichen Vision und Strategie für die Zukunft ab. Dabei können auch branchenspezifische Merkmale zum Einsatz kommen.
Bei der Erstellung Ihrer BSC ist es daher wichtig zu überlegen, wie Sie den Erfolg Ihres eigenen Unternehmens am besten messen. Die Kennzahlen auf Ihrer Scorecard sollten Sie anschließend zielgerichtet verbessern. Ein gängiger KPI im Vertrieb und Marketing ist zum Beispiel die Kundenbindung, die Sie über den Net Promoter Score erfassen.
Klassischerweise enthält die Balanced Scorecard vier Perspektiven. Neben der Finanzperspektive sind das die Kundenperspektive, die interne Prozessqualität (Prozessperspektive) sowie die fachliche und berufliche Entwicklung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (Entwicklungsperspektive oder auch Potenzialperspektive).
Im Einzelfall können diese Perspektiven aber auch anders ausfallen. Im Folgenden geben wir Beispiele für KPIs, die in Ihren Balanced-Scorecard-Perspektiven zum Einsatz kommen könnten. Zudem erläutern wir, wie der Fokus auf diese Kennzahlen die Entwicklung und Strategien Ihres Unternehmens beeinflussen kann.
3. Scorecard-Berichte einsetzen
Anhand von Berichten und KPI-Dashboards werden die zuvor definierten Kennzahlen regelmäßig geprüft. So sehen Sie in Echtzeit, ob Sie Ihre selbstgesetzten Ziele erreichen. Bei der Umsetzung dieses Punktes erweisen sich häufig Software-Lösungen als hilfreich.
4. Verantwortlichkeiten klar verteilen
Legen Sie konkret fest, wer für die Überwachung der einzelnen Kennzahlen sowie die Erstellung von Berichten verantwortlich ist. Nur dann erfolgt eine professionelle Überwachung, während die Verantwortung nicht zwischen den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen hin und her geschoben wird.
5. Umsetzung der einzelnen Maßnahmen
Ausgehend von den gesammelten Daten sollten Sie Maßnahmen entwickeln und umsetzen, mit denen sich Ihre Betriebsprozesse optimieren und die Kennzahlen verbessern lassen.
6. Kontrolle und Anpassung der Maßnahmen
Eine statische Balanced Scorecard ist unflexibel und führt nicht zu den gewünschten Ergebnissen. Nehmen Sie daher regelmäßig Anpassungen vor und ändern Sie die gewählten KPIs gegebenenfalls ab – oder verwenden Sie komplett neue Kennzahlen, wenn sich die Ausgangslage drastisch verändert hat.
7. Bericht erstatten
Informieren Sie alle zuständigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen über die mit der Balanced Scorecard gewonnenen Ergebnisse. So erzielen Sie ein tieferes Verständnis für die Betriebsprozesse und die Unternehmensstrategie. Auf diese Weise arbeitet die gesamte Belegschaft daran mit, die langfristigen Unternehmensziele zu erreichen.
Beispiel für eine Balanced Scorecard
Es ist wichtig, diese theoretischen Erkenntnisse in der Praxis anzuwenden. Im Folgenden lernen Sie daher konkrete Balanced-Scorecard-Beispiele kennen:
Nehmen wir an, Sie sind ein Hersteller oder eine Herstellerin von Büromöbeln. Bei der Erstellung Ihrer Balanced Scorecard nehmen Sie zunächst die Finanzperspektive ein. Hier legen Sie fest, dass Sie eine Umsatzsteigerung und den Erfolg der Maßnahmen an der entsprechenden Kennzahl „Umsatz“ festmachen wollen. Das Ziel ist eine 20-prozentige Umsatzsteigerung, die Sie über eine umfassende Rabattaktion erzielen möchten.
In einem zweiten Schritt betrachten Sie die Kundenperspektive: Hier besteht das Ziel darin, neue Kundschaft zu gewinnen. Die Kennzahl ist der Neukunden- bzw. Neukundinnenanteil und Sie nehmen sich eine Steigerung von 25 Prozent vor. Zu diesem Zweck bauen Sie Ihre Social-Media-Aktivitäten aus und werben für Ihre Rabattaktion.
Als Drittes konzentrieren Sie sich auf die interne Prozessperspektive. Sie möchten Ihre Umsätze steigern, indem Sie die Prozesskosten senken. Sie streben eine 25-prozentige Senkung an und nutzen als Kennzahl die Stückkosten der einzelnen Büromöbel. Um Ihr Ziel zu erreichen, setzen Sie bei dieser Perspektive auf digitale Lösungen und automatisieren Ihre Betriebsprozesse. Hierdurch beschleunigen Sie Arbeitsschritte und sparen Ressourcen ein.
Als Letztes nehmen Sie die Entwicklungsperspektive ein und überlegen sich, wie sich Ihr Betrieb als Ganzes und die Belegschaft im Speziellen weiterentwickeln können. Sie streben eine Verbesserung der Unternehmensabläufe an und orientieren sich hierbei an der Kennzahl „Ablaufinnovationen“. Sie geben vor, dass zehn Innovationen entwickelt und implementiert werden sollen. Um dieses Ziel zu erreichen, gründen Sie dafür eine „Taskforce“, in der Sie kompetente und erfahrene Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit der Entwicklung von Innovationen beauftragen.
Balanced Scorecard: Vorteile und Nachteile
Im Vergleich zu den klassischen KPIs ist die Verwendung einer Balanced Scorecard relativ aufwendig. Die erste Hürde liegt darin, eigene KPIs für die jeweiligen Perspektiven zu definieren – und das ist gar nicht so einfach. Eine schlecht gewählte Kennzahl sorgt womöglich für einen falschen Fokus und stürzt Ihr Unternehmen in Unkosten, ohne Vorteile zu generieren. Auch die Messung der KPIs kann mit zusätzlichen Kosten verbunden sein.
Die Vorteile der Scorecard stellen allerdings eine differenzierte und ausgeglichene Unternehmensbewertung dar. Bedenken Sie, dass eine Orientierung an den „klassischen“ Kennzahlen ebenso zu fehlgeleiteten Entscheidungen führen kann. Eine Balanced Scorecard hilft zudem dabei, die Unternehmensentwicklung zu fördern und an den eigenen Zielen und Strategien auszurichten.
Balanced Scorecard Vorteile |
Balanced Scorecard Nachteile |
differenzierte und ausgeglichene Unternehmensbewertung |
Anwendung ist recht aufwendig |
Förderung der Unternehmensentwicklung |
wird eine ungünstige Kennzahl gewählt, ergeben sich Schwierigkeiten |
Ausrichtung der Strategie an den eigenen Zielsetzungen |
Messung der Balanced Scorecard KPI ist teilweise teuer |
hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit bei den zu betrachtenden KPIs |
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nahezu alle Unternehmensbereiche (Finanzen, Zielgruppe; Belegschaft etc.) werden in der BSC berücksichtigt |
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Berücksichtigung von Früh- und Spätindikatoren sowie von immateriellen Werten |
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Gewinnung der Belegschaft für die große Unternehmensvision |
Fazit: Steigern Sie die Wirtschaftlichkeit Ihres Unternehmens mit der Balanced Scorecard
Die Balanced Scorecard ist ein hilfreiches Werkzeug, um die Effizienz und Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens einzuschätzen. Sie nimmt beim Balanced Scorecard Controlling unterschiedliche Betriebsfelder in den Blick und analysiert diese anhand konkreter, messbarer und klar nachvollziehbarer KPIs. Hierbei wird durch die BSC ein hoher Grad an Individualisierung erreicht, sodass die Ergebnisse perfekt auf die eigene Arbeitsweise und den eigenen Betrieb angewandt werden.
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