Marketing und Psychologie hängen seit jeher eng zusammen und gerade im Internet wird diese Verbindung besonders deutlich. Denn gerade Suchmaschinen ermöglichen tiefe Einblicke in menschliches Verhalten. Hier äußern die Nutzer direkt ihre Probleme und Bedürfnisse, an denen sich passgenaue Marketingstrategien ausrichten lassen. Diese neun SEO-Tipps zeigen auf, wie Sie die psychologischen Verhaltensmuster von Nutzern im Internet nutzen können, um potenzielle Kunden noch zielgerichteter anzusprechen.
Warum psychologische Erkenntnisse für Marketing und SEO hilfreich sind
Keywordrecherche, Backlinks, CTAs – SEO mag auf den ersten Blick sehr technisch erscheinen, doch beschäftigt sie sich vor allem mit dem menschlichen Verhalten im Internet. Bei Google und Co. suchen Nutzer schließlich aktiv nach Lösungen für ihre individuellen Probleme und konsumieren anschließend die Inhalte, die ihnen am hilfreichsten erscheinen.
Kriterien wie Traffic, Verweildauer oder CTR liefern bereits wichtige Kennzahlen für das eigene Marketing. Für erfolgsversprechende Optimierungsmaßnahmen müssen Marketer allerdings verstehen, welche psychologischen Verhaltensmuster sich hinter den jeweiligen Nutzeraktionen verbergen. Mit grundlegenden Erkenntnissen aus der Psychologie und verschiedenen Studienergebnissen zum Nutzerverhalten im Internet lassen sich so wertvolle Rückschlüsse für das eigene Marketing gewinnen.
9 SEO-Tipps aus der Psychologie
Tipp 1: Die Suchanfragen spiegeln die Intentionen der Nutzer wider
Mithilfe von Suchmaschinen haben Menschen die Möglichkeit, anonym nach Lösungen für ihre Probleme zu suchen. Weil sie auf diese Weise nicht befürchten müssen, dass andere Menschen über sie urteilen, bringen sie ihre Bedürfnisse direkt und unverblümt zum Ausdruck.
Für Marketer liefern die Suchanfragen also direkte Rückschlüsse über die spezifischen Belange von potenziellen Kunden. Das Konzept der Buyer’s-Journey bietet ein hilfreiches theoretisches Konstrukt, um die Nutzer und ihre verwendeten Suchbegriffe unterschiedlichen Phasen der Entscheidungsfindung zuzuordnen. Darauf aufbauend lassen sich dann schließlich passgenaue Inhalte entwickeln.
Tipp 2: Nutzer suchen in ihrer Alltagssprache
Mit dem Google-Update „Hummingbird“ von 2013 versucht die Suchmaschine die Anfragen von Nutzern noch besser zu interpretieren. Denn Menschen drücken sich gewohnheitsmäßig vor Mehrarbeit und bemühen sich deshalb tendenziell eher nicht, ihre Suchmaschinen-Anfrage möglichst präzise zu formulieren. Sie fragen eher in ihrer natürlichen Alltagssprache. Das legen auch Google-Angaben nahe, laut denen bis 2020 etwa 50 % der Suchanfragen per Spracheingabe erfolgten.
Anstatt „Tankstelle München“ lautet die Anfrage häufiger „Wo ist die nächste Tankstelle in München?“ Im Zuge dessen werden für Marketer auch Longtail-Keywords interessant, die auf die detailliert formulierten Bedürfnisse der potenziellen Kunden abzielen und gleichzeitig einem geringerem Wettbewerb ausgesetzt sind.
Tipp 3: Menschen handeln eigennützig und teilen instinktiv
Bei Suchanfragen im Internet handeln Menschen eher eigennützig und interessieren sich tendenziell für Dinge, die ihnen im Sinne des Nutzen- und Belohnungs-Ansatzes aus der Medienwirkungsforschung einen direkten Nutzen bieten, zum Beispiel Produkte, Dienstleistungen oder Ratschläge für ihren Alltag. Deshalb ist jede Suchanfrage mit dem Wunsch nach persönlichem Fortschritt (wie Wissen) oder Bedürfnisbefriedigung (wie Unterhaltung) verbunden.
Bei den eigenen Inhalten sollte es Marketern also in erster Linie um die Bedürfnisse der potenziellen Kunden gehen. Blogartikel, E-Books oder Videos sollen Nutzern schließlich einen Mehrwert bieten, und nicht die Produkte oder Marke in den Vordergrund stellen.
Die New York Times Customer Insight Group fand in einer Umfrage heraus, dass Nutzer aus einem instinktiven Bedürfnis heraus besonders gerne Inhalte mit anderen teilen, die sie selbst als nützlich empfinden. Drei von vier Befragten gaben demnach an, dass das Teilen der halbe Spaß beim Finden von Informationen sei. Besonders gerne geteilt würden Inhalte,
- die sich auf einen bestimmten und für sie wichtigen Anlass beziehen (Petition, Gewinnspiel, wichtige News etc.),
- die einen gewissen Wert und Nutzen haben,
- die eine feste Haltung präsentieren,
- mit denen sich Menschen identifizieren können oder
- die unterhaltsam sind.
Tipp 4: Je vertrauenswürdiger, desto besser
Der Informatiker und Experte für Überzeugungstechniken B. J. Fogg geht davon aus, dass Nutzer sich in Bruchteilen einer Sekunde dazu entscheiden, ob sie eine Website für vertrauenswürdig halten oder nicht. Laut Fogg sei die Glaubwürdigkeit einer Internetseite vor allem abhängig von folgenden Faktoren:
- Die Website muss sowohl leicht bedienbar als auch nützlich sein (z. B. durch übersichtliche Struktur und schnelle Auffindbarkeit relevanter Inhalte)
- Nutzer müssen schnell die Richtigkeit der Angaben verifizieren können (z. B. durch Zitate, Referenzen, Quellenangaben)
- Nutzer müssen die Organisation hinter der Website erkennen (z. B. durch Teambilder)
- Nutzer müssen die Website als professionelles Angebot wahrnehmen (z. B. durch ein ansprechendes Layout, hochwertige Typografie und Bebilderung)
Tipp 5: Je länger, desto besser
Menschen besitzen im Internet tendenziell eine kurze Aufmerksamkeitsspanne. Deshalb „scannen“ sie Texte eher, als sie eingehend zu lesen. Das bedeutet allerdings nicht, dass kurze Artikel auch beliebter sind. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall: Laut Backlinko besteht ein Zusammenhang zwischen höherer Wortanzahl und höherem Ranking. Demnach umfassen die ersten Seiten hochplatzierter Suchergebnisse im Durchschnitt 1.890 Wörter.
Mehrere Studien kommen zu dem Schluss, dass längere Texte auf Nutzer qualitativ hochwertiger wirken als kürzere und dementsprechend häufiger geteilt werden. Brian Dean von Backlinko mutmaßt allerdings auch, dass Google den Inhalt von Seiten mit mehr Text besser erfassen könne. Sie sollten Themen also in jedem Fall möglichst tiefgehend behandeln, um eine bessere Sichtbarkeit zu erzielen und mehr Shares und Backlinks zu erhalten.
Tipp 6: Aufmerksamkeit durch Emotion
Mehreren Studien zufolge können durch spannende Geschichten viel mehr Gehirnregionen aktiviert werden, als nur die Bereiche zur Sprachverarbeitung bei der bloßen Aufzählung von Fakten. Forscher in Spanien haben 2006 herausgefunden, dass die Metapher „The singer had a velvet voice“ (zu Deutsch etwa: Der Sänger hatte eine samtene Stimme) beispielsweise die sensorischen Areale anspricht, wohingegen „The singer had a pleasing voice“ (zu Deutsch etwa: Der Sänger hatte eine angenehme Stimme) lediglich das Sprachzentrum erreicht. Gleiches gilt für die olfaktorischen Areale, die etwa bei den Wörtern „Kaffee“ oder „Parfüm“ mobilisiert werden.
Das Gehirn wird beim Lesen solcher lebensnahen Wörter und Metaphern also auf ähnliche Weise stimuliert, als wenn der Leser die jeweilige Erfahrung selbst machen würde – der Grund, weshalb Menschen sich seit jeher Geschichten erzählen, Bücher, Filme und Serien konsumieren. Nutzen Sie deshalb auch im Marketing Storytelling-Techniken und betten Sie Ihre Inhalte in spannende Geschichten ein. Das erleichtert die Informationsaufnahme und erhöht damit letztlich die Verweildauer von Nutzern auf der Seite.
Tipp 7: Je neuer, desto besser
Nutzer neigen dazu, eher Inhalten zu vertrauen, die aktuelle Informationen bieten. Auch hier steht der Eigennutz der Suchenden im Fokus. Das Erfolgserlebnis ist schließlich größer, wenn Nutzer eine aktuelle Studie von 2018 zu einem bestimmten Thema finden als eine Studie mit weniger relevanten Zahlen aus dem Jahre 2007.
Aktueller Inhalt ist schließlich auch ein gewichtiger Faktor für SEO, weshalb Marketer in ihrer Content-Strategie in jedem Fall regelmäßige Neuveröffentlichungen berücksichtigen sollten.
Tipp 8: Bilder erleichtern die Informationsvermittlung
Das menschliche Gehirn verarbeitet Bilder 60.000-mal schneller als Text. Mithilfe von Bildern können Informationen also schneller aufgenommen und verarbeitet werden. Nutzer tendieren deshalb auch häufiger dazu, auf solche visuellen Stimuli zu reagieren.
Verwenden Sie idealerweise professionelle Bilder. Inhalte mit hochwertigen Bildern (eindeutiges Motiv, klarer Fokus, richtige Belichtung und starke Farben) erhalten laut MarketingSherpa 121 % mehr Likes als semi-professionelle Fotos.
Tipp 9: Nutzer bevorzugen Artikel mit ungeraden Zahlen in der Überschrift
Laut einer Studie von Outbrain ist die CTR von Artikeln mit ungeraden Zahlen in der Überschrift 20 Prozent höher als bei geraden Zahlen. Angesichts der Masse an „Listicles“, die „10 Tipps für XY“ versprechen oder auf die „12 Gefahren von XY“ hinweisen, sticht die Überschrift „9 einfache Tipps für XY“ heraus. Derartige Beiträge sollten dementsprechend ungerade Zahlen in der Überschrift enthalten.
Die Nutzerperspektive ist für die SEO unerlässlich
Marketer müssen bei der Content-Erstellung stets die Kundenperspektive berücksichtigen. Für eine erfolgreiche Marketing-Strategie ist es nicht nur wichtig zu messen, wie sich Nutzer im Internet verhalten, sondern auch zu verstehen, warum sie bestimmte Aktionen ausführen.
Wenn Sie es schaffen, Ihren Content passgenau auf das Verhalten Ihrer potenziellen Kunden abzustimmen, zahlt sich dies letztendlich auch für Ihre SEO und damit Ihr Ranking aus.